Der Geschichtenerzähler Denis Bald
Kleinschwaig. Repro: Petra Kurbjuhn
Fotoausstellung in Holzkirchen
„Schwarze Linien – black strokes“ nennt der Fotograf seine Ausstellung, die gestern Nachmittag im Foyer des Kultur im Oberbräu eröffnet wurde. Die Frage, die sich bei seinen Bildern auftut ist, wer hat die schwarzen Linien gemacht, das Licht, weil es Schatten produziert oder der Künstler selbst?
Wie weit darf ich eingreifen? Diese Frage treibt Denis Bald um. Wir dürfen schon vor der Eröffnung mit ihm reden und erfahren, dass es immer wieder die Linie ist, die ihn in seinen Arbeiten interessiert, die Linie und die Komposition. In mehreren Fotografien hat er ordentlich dazu gezeichnet, wie in „Kleinschwaig“.
Der Fotokünstler Denis Bald.
Das Foto entstand in Zusammenhang mit den Valleyer Kulturtagen. Hier fand er die Protagonistin Mila, die das Ortsschild umklammert hält und er selbst zeichnete Linien hinzu. Zudem bemalte er sie und komponierte sie insgesamt fünf Mal in ein anderes Bild, wo sie sich mit Bäumen Begegnungen liefert. Dieses Foto führt schon hin zum anderen wesentlichen Fokus von Denis Bald: Er will Geschichten erzählen.
Beredtes Beispiel ist das schlichte Foto einer Treppe. Der Fotokünstler fand sie in einer alten Villa in Nürnberg und interessierte sich für deren Geschichte. Einst gehörte das Haus jüdischen Industriellen, dann Nazis, und nach dem Krieg wieder Industriellen. „Wer hatte die Hände an dem Geländer?“ fragt sich Denis Bald.
Goldener Wald und Flaschensammler
Und schon ist er wieder bei der Linie. Letztlich wolle er mit dieser Idee der Linie nur eine Geschichte noch besser erzählen, sagt er. So wie in dem Foto, das er von einer Unterführung der A8 machte. Von oben fällt gekreuzt das Licht herein und an der Wand fallen dunkle Linien auf. Schatten? Schmutz? Gewollt hingezeichnet?
Das Besondere an Denis Balds Fotografien ist, dass er die Geschichten nicht zu Ende erzählt, sondern nur andeutet. Der Betrachter darf sich seine eigenen Assoziationen machen, darf die Geschichten weiter erzählen. Er darf in dem goldenen Wald spazieren gehen,darf die Flaschensammler in den U-Bahn-Stationen begleiten und er darf sich fragen wohin der Mann geht, der zwischen zwei Zügen entlang marschiert.
New York City. Repro: Petra Kurbjuhn
Immer wieder darf der Betrachter auch Denis Bald nach New York begleiten, mein special place, wie der Fotokünstler betont. Faszinierend das Bild vom orthodoxen Juden, der mit seinem Sohn am Straßenrand steht, auch der Bub schon mit der Schläfenlocke. Daneben Fotos von Hochhäusern, Werbung, ein Telefon.
Im Kontrast zu dieser geschäftigen Welt hat Denis Bald eine Reihe von sehr ruhigen Fotografien ausgestellt. Auffallend das Bild vom Strand, in dem winzig klein eine Frau in roter Jacke mit einem Hund erkennbar ist. Oder das Foto von den Kuhköpfen, in dem plötzlich auch ein Schwanz auftaucht.
Neben den Geschichten, die der Wahljachenauer erzählt, interessiert ihn auch die Technik. Da er viel mit Grafik- und Webdesignern arbeitet, die weitestgehend flächig arbeiten, wollte er eine Verbindung von der Fotografie, die ja auch in die Tiefe geht, schaffen und fand diesen Übergang in der Linie, die die Komposition in der Fotografie bestimmt. „In der Auflösung der Linie findet man die Fläche“, sagt er. Und so verbindet er auch mit dem Untertitel seiner Ausstellung die Fotografie und die Grafik: „Fotograf-(ik)“.