Der Zorn der Wölfe

Neuer Film im Kino

Atemberaubend – das ist, obwohl plakativ, das Prädikat, das auf den Film „Der letzte Wolf“ zutrifft. Jean-Jacques Annaud hat einen Film mit faszinierenden Tierbeobachtungen und tiefer Weisheit mongolischer Nomaden gedreht.

Das 2004 erschienene Buch „Der Zorn der Wölfe“ von Lü Jiamin ist die Grundlage des Films, es soll in China nach der Mao-Bibel das am meisten verkaufte Buch sein. Es geht um zwei chinesische Studenten, die in den sechziger Jahren in die Mongolei entsandt werden. Ihr Ziel: die Unterrichtung der Nomaden. Ganz im Gegenteil aber lernen sie von ihnen, wie der Mensch im Einklang mit der Natur lebt. Insbesondere Chen lernt von der von tiefer Einsicht geprägten Haltung des Ältesten. Ist wirklich der Wolf der Böse, weil er Schafe anfällt oder ist es auch die Gazelle, die die Steppe leer frisst?

Er erfährt von der beeindruckenden Fähigkeit des Rudels, die Gazellen gerade so weit zu dezimieren, dass alles im Gleichgewicht bleibt. Eine sehr packende Szene am Anfang zeigt den Studenten, wie er in ein Wolfsrudel gerät und sich durch das Scheppern seiner Steigbügel befreien kann. Und dann erlebt er mit, wie das Rudel die Gazellen in den Schneesee treibt, wo sie wie in einer Tiefkühltruhe konserviert werden.

Für alle genug

Auch die Nomaden bedienen sich hier, aber gerade nur so, dass den Wölfen genügend übrig bleibt. Doch unter der Leitung eines Parteifunktionärs wird der gesamte Vorrat der Wölfe geplündert. Dies entfacht den Zorn der Wölfe.

Als der Parteibefehl zur Ausrottung der Wölfe ergeht, rettet Chen einen kleinen Welpen und zieht ihn heimlich auf. Das misfällt dem Ältesten der Nomaden. Ein Wolf dürfe nicht als Sklave gehalten werden, er müsse frei aufwachsen. Er vertritt die Weisheit des Tengri, eine Art Naturgott, der die Welt im Gleichgewicht hält.

Tengri etwas zurückgeben

So ist es für die Nomaden völlig normal, Tengri etwas zurückzugeben. Beispielsweise bringen sie ihre Toten in einem offenen Karren an einen Hügel, irgendwo rutscht der Leichnam herunter. Er habe sich seinen Platz gesucht, heißt es. So wird er auch nicht beerdigt, sondern darf hier in den natürlichen Kreislauf der Natur zurückkehren.

Chen ist von dieser Haltung tief beeindruckt, aber seinen Welpen behält er dennoch. Als der Zorn der Wölfe ausbricht, kommt es zu dramatischen, blutigen Szenen, die in ihrer Bildgewalt den Zuschauer nicht kalt lassen, die authentisch wirken und im Gehirn hängenbleiben.

Großartige Landschaftsbilder

„Der letzte Wolf“ lebt von seinen großartigen Landschaftsbildern, von den beeindruckenden Tierdressuren und der Botschaft. Jedoch ist er aber kein Heile-Welt-Aussteiger-Melodram, denn er zeigt auch die Segnungen der Zivilisation, zum Beispiel als ein Kind erkrankt und durch Penicillin geheilt werden kann. Es ist ein bewegender Film, der den Umgang des Menschen mit der Natur in den Fokus rückt.

Ich frage am Ende zwei Kinder, wie sie den Film empfunden haben. Ronja (10) sagt: „Ich fand am schönsten, wenn die Wölfe auf den Felsen standen und heulten.“ Kyrill (7) ergänzt: „Und mir hat gefallen, wenn sie über die Steppe rannten und das Fell sich bewegt.“ Und dann sagt er sehr ernst: „Ich habe keine einzige Träne heraus gelassen.“

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