Der Schreibtischtäter
Alois Prinz. Foto: privat
Lesung in Holzkirchen
„Er war der große Verführer, aber es gab auch Menschen, die sich haben verführen lassen.“ So charakterisiert Alois Prinz Joseph Goebbels, über den er das Buch „Der Brandstifter“ geschrieben hat. Und noch heute haben Menschen Angst vor ihm.
Zum wiederholten Male war der Autor auf Einladung des Ökumenischen Gesprächskreises Holzkirchen in die Marktgemeinde gekommen. Mit seinen Biographien von zumeist sympathischen Personen, wie Hannah Arendt, Hermann Hesse, Apostel Paulus oder eben auch Ulrike Meinhof hat sich Alois Prinz einen guten Namen gemacht. Im Thomassaal sprach er, illustriert von zahlreichen Fotos über den Lebensweg eines Mannes, der noch heute polarisiert. Man solle ihn totschweigen, denn man könne von diesem Propagandagenie infiziert werden, sagen die einen. Als Inbegriff des Bösen, als Dämon, als Unmensch müsse man ihn darstellen, sagen andere.
Alois Prinz recherchierte umfassend, auch in bisher nicht frei gegebenen Dokumenten, wie Goebbels Tagebüchern und zeichnete das Leben eines von Ehrgeiz bestimmten Mannes nach. Eines Mannes, der glaubte, was er sagte und deshalb besonders gefährlich war. Eines Mannes, der Verbrechen vorbereitet und begangen hat als Schreibtischtäter, der aus der Ferne zündelte. Aber Prinz betonte auch, dass es leicht gewesen sei, die Massen zu verführen. Die Amerikaner hätten ihn ob seines Propagandatalentes bewundert und heute sei die Verführung durch Public relation gang und gäbe. Prinz erzählte mehr als er las und gestaltete damit einen sehr lebendigen Abend.
Goebbels wuchs als Sohn einfacher Eltern auf und wollte Schriftsteller werden. Seine Texte seien außerordentlich schwülstig, meinte Prinz, Erfolg hatte der junge Autor nicht, war immer wieder arbeitslos und wartete darauf, dass ihn jemand braucht. Letztlich bekam er eine Stelle bei einer NS-Zeitung und machte durch Hitlers Hilfe Karriere. Als sein ergebener Vasall, der Hitler anbetete, wurde er zunächst Gauleiter von Berlin und nach der Machtergreifung Minister für Propaganda.
Privat, so fand Prinz heraus, war Goebbels ein Frauenverführer, trotz seines Klumpfusses, heiratete aber dann Magda Quandt und hatte mit ihr sechs Kinder, was ihn nicht daran hinderte, weiterhin Affären zu haben. Seine Vorzeigefamilie vermarktete er mit Filmen und Fotos in der Öffentlichkeit. Und seine Familie nahm er 1945 mit in den Tod.
Joseph Goebbels war gebildet und konnte Menschen mitreißen. „Den bayerischen Blutsdeppen fühlte er sich weit überlegen“, konstatiert Prinz, obwohl der Nazi immer darunter gelitten hatte, dass er bei den großen Aufmärschen in München und insbesondere beim Putsch 1923 nicht dabei war. Hingegen aber führte seine legendäre Brandrede zur Reichskristallnacht. Hier wendete Goebbels seine Strategie an. Mit seinem Propagandatrick, der Volkszorn habe sich Bahn gebrochen, war er überaus erfolgreich. Bis zum Schluss des Dritten Reiches habe sich Goebbels im Gegensatz zu Hitler in die Öffentlichkeit begeben, sogar Opfer der Luftangriffe besucht.
Goebbels, der Brandstifter, der große Verführer, er wurde durch Alois Prinz transparent. Und sein Buch hat neben der sauberen Recherche und dem Informationsgehalt eine wesentliche Botschaft: Passt auf, dass ihr euch nicht verführen lasst. Zum Glück gibt es heute das Internet, so dass ihr euch informieren und nicht wie damals einseitig manipuliert werden könnt.