Der Weg der Steine in memoriam Klaus Koch
Das wichtigste Zeugnis der Vergangenheit: der Schalenstein aus der Bronzezeit. Foto: Frank Strathmann
Spurwechselweg in Valley
Der dritte Spurwechselweg im Rahmen der Initiative „anders wachsen“ war ein besonderer. Wir gingen den „Weg der Steine“ in Valley in memoriam Klaus Koch, der ihn kreierte und am 11. November 2020 starb.
Geplant war der „Weg der Steine“ bereits im Mai 2020, wegen Corona gingen wir ihn mit Klaus Koch in ganz kleinem Kreis.
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Jetzt begaben wir uns mit 20 Teilnehmenden, unter ihnen auch Witwe Lotte Koch und Sohn TOBEL in Erinnerung an den Hobbyhistoriker erneut auf den Weg und lernten alle Neues, Spannendes, Berührendes. Denn wie immer waren der theologische Referent am KBW Christof Langer und der evangelische Pfarrer Matthias Striebeck als Impulsgeber an den verschiedenen Stationen dabei.
Matthias Striebeck spricht über den Tod. Foto: Frank Strathmann
Startpunkt: Kirche St. Andreas in Hohendilching. Hier entdeckte Klaus Koch vier fremdartige Steine, die auf einen vorchristlichen Kultplatz hinweisen. An der Aussegnungskapelle gab Matthias Striebeck einen Impuls zum Thema „Tod“, indem er die Einzigartigkeit des Lebens betonte, aber auch nachwies, dass bereits im Alten Testament, die Rede davon ist, dass der Geist an die Himmelspforte klopfe.
Der Weg führt in Richtung Norden am Waldrand entlang, wo es frühe Besiedlungen durch die Bajuwaren gab, wie anhand der Existenz von Holzpfosten bewiesen werden konnte. Sie hatten bereits demokratische Grundsätze. TOBEL meinte, dies sei ein geistiges Zentrum der damaligen Zeit gewesen.
Hier gab es eine frühe Besiedlung durch die Bajuwaren. Foto: Frank Strathmann
Christof Langer hielt hier ein flammendes Plädoyer für die Demokratie, denn, so führte er aus, in Kirche, Schule und Wirtschaft herrschten heute noch hierarchische Zustände. „Und das lassen wir uns gefallen?“ fragte er. Insbesondere in der Kirche gebe es absolutistische Strukturen, und dabei solle die Kirche als Sinngeber wirken. Aber auch in der Schule lerne man nicht Demokratie, denn Lehrer wie Schüler hätten wenig Mitspracherecht. Er vermisse dies auch bei den Gewerkschaften, sie forderten heute ausschließlich Lohnerhöhungen. Und in den Kommunen müsse beispielsweise beim Wohnungsbau Demokratie in Form von genossenschaftlichem Bauen eingefordert werden.
Am Schalenstein. Foto: Frank Strathmann
Der Weg führt in den Wald, wo er durch Holzfällarbeiten erschwert wird, aber wir finden den wichtigsten Platz, den Klaus Koch entdeckt hat: einen Schalenstein aus der Bronzezeit mit napfenförmigen Vertiefungen. War er Opferstein oder Altar? Klaus Koch ermunterte uns, Fantasie walten zu lassen. Christof Langer nahm den Gedanken auf. Die Zukunft sei ungewiss und so müsse der Mensch, angelehnt an die Natur, wo dieses Prinzip erfolgreich laufe, experimentieren und auf Vielfalt setzen. Als Beispiel nannte er die Stadt Andernach, wo in den öffentlichen Anlagen statt Blumen Gemüse angepflanzt wird.
Christof Langer ruft zur Fantasie auf. Foto: Thomas Nowak
Besonderer Ort für Gemeinde Valley
TOBEL betonte, dass dieser Ort ein für die Gemeinde Valley besonderer Ort sei, ein Zeremonienort aus der Bronzezeit, den man aber nur mit Führer findet. Er verdiene es, als kunsthistorischer Ort gekennzeichnet zu werden. Und Lotte Koch ergänzte, dass hier einmal eine Ziege völlig ausgeflippt sei, vermutlich habe sie etwas im Untergrund gespürt.
Gegenüber fand Klaus Koch den „Thron“. Naheliegend, dass wir hier das Thema „Macht“ besprechen. Matthias Striebeck zitierte Blaise Pascal mit „der Mensch hat das Starke zum Gerechten erklärt“. Und tatsächlich scheine der Mensch so zu „ticken“, denn er erinnere sich immer an die Starken, nicht aber an die Opfer, sogar Waffen tragen die Namen ihrer Erfinder und Hersteller: Colt, Winchester, Molotov, Kalaschnikov.
Matthias Striebeck über „Macht“. Foto: Thomas Nowak
Von Reprobus zu Christophorus
Mit der schönen Legende von dem Riesen Reprobus, der dadurch, dass er Jesus durch den Fluss getragen hatte, zu Christophorus wurde, schloss er seine Gedanken zur Macht: „Er hatte sein Lebensziel erreicht. Er hatte dem Stärksten gedient: Der uns und die Sünden der Welt trägt.“
Weg der Steine hinauf nach Kleinhöhenkirchen
Jetzt geht der Weg hinunter ins Mangfalltal über die Brücke, wo die Mangfall ihre Richtung ändert und hinauf in Richtung Kleinhöhenkirchen. Hier entdeckte Klaus Koch eine Siedlung der Kelten, die von einem 300 Meter langen Wall umgeben war. Die Gemeinschaft der Kelten, die später von Römern und Germanen verdrängt wurde, inspirierte Christof Langer zu seinen Gedanken zum Gemeinsinn. Er warb für die Idee des Freiwilligendienstes ebenso wie für Friedensforschung, Gemeinwohlökonomie und solidarische Landwirtschaft. Hingegen gab er seiner Bestürzung Ausdruck, dass ständig über Aufrüstung gesprochen werde anstatt über Abrüstung.
Blick auf Kleinhöhenkirchen. Foto: Petra Kurbjuhn
Geht man jetzt weiter, öffnet sich ein traumhafter Blick über die Alpenkette, das Victoriabankerl hier war der Lieblingsplatz von Klaus Koch. Wir gehen zur Kirche Maria Heimsuchung und lassen uns von Christof Langer anhand einer Figurengruppe von Ignaz Günther Zuversicht spenden. Anhand von Beispielen zeigte er, dass der Mensch gut ist und sich für die Zukunft einsetzt. Mehrere Teilnehmende erzählten, dass sie beim Klimastreik in München dabei waren. Trotz allem an die Zukunft glauben, mit dieser Gewissheit wurde der Spurwechselweg für eine ausgiebige Jause und inhaltsschweren Gesprächen in der Mangfalltalalm bei Marianne unterbrochen.
In der Mangfalltalalm. Foto: Thomas Nowak
Weg der Steine endet an Skulptur-Lichtung
Danach ging es hinunter an die Mangfall und zur Skulpturen Lichtung. Matthias Striebeck berührte die Menschen zutiefst mit einem Brief von Dietrich Bonhoeffer, nachdem er Gedanken über Kunst und insbesondere das „Unverfügte“ in der Kunst äußerte. Diese Worte wollen wir für alle Menschen, die einen Verlust erlitten haben, in ganzer Länge zitieren:
„Zunächst: es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines lieben Menschen ersetzen kann, und man soll das auch gar nicht versuchen; man muß es einfach aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie gar nicht aus, sondern er hält sie vielmehr gerade unausgefüllt, und hilft uns dadurch, unsere echte Gemeinschaft miteinander – wenn auch unter Schmerzen – zu bewahren. Ferner: Je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht mehr wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“
(Brief an Renate und Eberhard Bethge, Gefängnis Berlin-Tegel an Heiligabend 1943)
Skulptur von TOBEL. Foto: Frank Strathmann
Still gingen die Teilnehmenden durch die Skulpturen Lichtung, ein bewegender Spurwechselweg.