„Der Weihnachtshase“ von Judith Seibert
Das Tanztheater „Der Weihnachtshase“ für die ganze Familie. Foto: Selina Benda
Tanztheater
Schon die Jüngsten an die Kultur heranführen, damit diese Teil ihres Lebens wird und sie hoffentlich bis in ihr Erwachsenenleben begleitet – das wünschen sich die Kulturschaffenden. Eine die es immer wieder schafft, mit ihren Inszenierungen direkt in die Herzen der kleinen Theatergäste zu tanzen, ist Judith Seibert. Jüngst zeigte sie im Kulturzentrum Waitzinger Keller Miesbach „Der Weihnachtshase“ und begeisterte damit ihr Publikum.
Es ist eine Geschichte, die so herrlich ehrlich daherkommt, dass man schon vorab schmunzeln muss. Denn in Judith Seiberts Tanztheater für die ganze Familie „Der Weihnachtshase“ passiert es: der Weihnachtsmann wird krank und das kurz vor Heiligabend. Eine Katastrophe, denn plötzlich steht das gesamte Gelingen des Weihnachtsfestes für alle Kinder auf dem Spiel.
Die Kleinsten im Saal
Doch beginnen wir am Anfang. Es ist schön zu sehen, wenn sich die Sitzreihen des großen Saals im Waitzinger Keller mit einem derart jungen Publikum füllen. „Wann geht´s los?“ schallt es hin und wieder durch die Luft, alle sind schon wahnsinnig gespannt.
Das Tanztheater von Judith Seibert beginnt. Foto: SB
Dann öffnet sich der Vorhang und gibt den Blick auf ein reduziertes, aber nicht weniger liebevoll gestaltetes Bühnenbild frei. Ein paar weiße Tannenbäume, der große leuchtende Mond und ein paar Geschenke. Sie lassen genug Raum, um die vier professionellen Tänzer, die als Schneeflocken die Bühne einnehmen, strahlen zu lassen.
Der Weihnachtsmann (Jochen Vogel) und seine Köchin (Sandra Mühlbauer). Foto: SB
Eine wohlklingende Stimme – von Bühnenbildner, Grafiker und Erzähler Christian Schmid – erklingt und erzählt mit wenigen Worten die Geschichte die sich im Winterwunderland ereignete. Denn dort war der tüchtige Weihnachtsmann (Jochen Vogel) stets bemüht, alle Geschenke bis zum Weihnachtsfest fertig zu haben.
In seinem Arbeitseifer bemerkt er nicht, dass seine Köchin (Sandra Mühlbauer) ihn etwas mehr zu mögen scheint. Durch Judith Seiberts zauberhafte Choreographien schaffen es die Tänzer, die Geschichte mit Anmut und Witz so darzustellen, dass die Kleinsten juchzen und die Großen staunen dürfen.
Weihnachten in Gefahr
Verschiedenste Tanzstile – von klassischem Ballett, über Jazzdance bis zum Tango – und Musikgenres bringen Abwechslung in die Szenen. Da steppt das fleißige Rentier (Sabrina Neumann) schonmal vor lauter Übermut über die Bühne, denn es sieht sich in der Not als bester Helfer. Denn kurz vor Heilig Abend wird der Weihnachtsmann plötzlich krank und das Fest ist in Gefahr.
Der Weihnachtsmann wird krank. Foto: SB
Doch das Rentier versteppt sich wortwörtlich in seinem Feuereifer und die Köchin und der Weihnachtsmann überlegen, wer denn nun aushelfen könnte. Besonders sind auch die gereimten Erzählsequenzen, welche die Zuschauer so manches Mal zum Lachen bringen. Sowohl der Coca Cola-Weihnachtsmann als auch das Christkind sind nicht geeignet für die Aufgabe und Spiderman und Wonderwoman „machen Urlaub auf Hawaii und sind außerdem auch bald drei“.
Das Rentier (Sabrina Neumann) würde gerne helfen, doch ist zu ungeschickt. Foto: SB
Am Ende bleibt nur noch eine Option – der Osterhase (Anjuska Velarde Ramos) hat nämlich Zeit und ist bereit, die Geschenke bis zum Weihnachtsmorgen zu verteilen. Dienstbeflissen tanzt der Hase durch das Winterwunderland und ist dank seiner Eile schon einige Zeit vorher fertig.
Der Weihnachtshase (Anjuska Velarde Ramos) solls richten. Foto: SB
„Darauf einen Hasensekt“, heißt es in der Geschichte und der angeschickerte, nun Weihnachtshase, ist mit sich und seiner Arbeit im Reinen. Doch als der Weihnachtsmann an Heilig Abend nach dem Rechten sehen will, erblickt er voller Schrecken durch sein großes Fernglas, dass der Hase das gemacht hat, was er am Besten kann: er hat die Geschenke alle versteckt.
Etwas geht schief und alle sind verärgert über den Weihnachtshasen. Foto: SB
Der Weihnachtshase fällt in Ungnade und bleibt traurig zurück, doch dann dreht sich die Geschichte. Denn was der Weihnachtsmann dann erblickt, lässt ihn Staunen. Mangels der Geschenke erfreuen sich die Menschen aneinander, schenken sich Worte, Zeit, Umarmungen, Glückseligkeit und Liebe und das ist bekanntlich so viel mehr Wert, als alle Dinge dieser Welt.
Am Ende siegt die Liebe. Foto: SB
Dem Hasen wird verziehen und auch der Weihnachtsmann entdeckt plötzlich, was wirklich wichtig ist im Leben und sieht seine Köchin so wie sie ihn. „Plötzlich tauchten die Geschenke auf, doch die Liebe war noch lange nicht aufgebraucht“, hieß es am Ende.
Judith Seibert traut sich
Mit „Der Weihnachtshase“ haben es Judith Seibert und die professionellen Tänzer geschafft, auch die kleinsten Gäste im Publikum eine Stunde lang auf ihren Stühlen zu fesseln und nahmen alle mit tollen Tänzen und Hebefiguren, verschiedensten Musikrichtungen und einer zauberhaften Geschichte mit in die Welt des Tanztheaters. Eine runde Inszenierung mit wundervollen Kostümen (Susanne Stehle), welche seit Winter 2020 im Kopf der Choreografin schlummerte.
Schon lange schlummerte die Idee für „Der Weihnachtshase“ in der Choreografin. Foto: SB
„Ich bin stolz wie Bolle, weil wir es einfach gemacht haben. Ich habe alles selbst finanziert und trotz des wenigen Geldes und der vielen Arbeit wollten alle mitmachen und haben alle ihr Eigenes mit reingebracht“, schreibt Judith Seibert auf ihrem Instagramkanal. Vier Wochen im Sommer und eine Woche intensiv vor der Erstaufführung im Waitzinger Keller hätten die insgesamt sechs Darsteller und Darstellerinnen in zwei Besetzungen geprobt und die zusätzliche Choreografin Cornelia Stein für das steppende Rentier sowie alle anderen Beteiligten an dem Stück gearbeitet.
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Im kommenden Jahr ist Judith Seibert wieder im Kulturzentrum Waitzinger Keller zu Gast: am 5. März mit ihrem Tanztheater über gesellschaftliche Konventionen aus dem Blickwinkel der jungen Generation „Benimmmichnicht!“ sowie am 21. Januar mit dem beliebten Kinderworkshop „Ich mach Theater!“ mit Aufführung.
Judith Seibert (l.) und Christian Schmid (r.) auf der Bühne. Foto: SB
Darin können Kinder von sechs bis zwölf Jahren einmal in die Arbeit eines Schauspielers und im Theater hinter die Kulissen blicken. Zwei Profitänzerinnen erarbeiten dabei mit den Kindern einen Tag lang ein Stück über Freundschaft und bringen dieses gemeinsam auf die Bühne.