Die blaue Couch
Monika Ziegler und der Zither Manä. Foto: Petra Kurbjuhn
Gespräch in Miesbach
Da war sie, die blaue Couch! Stand mitten auf der Bühne des Waitzinger Kellers. Monika Ziegler, Motor und Initiatorin des Vereins Kulturvision, glückte mit diesem Format wieder einmal eine gelungene Premiere im reichen Kulturleben des Landkreises. Mit Manfred Zick, dem legendären Zither Manä, hatte sie einen wohlbekannten, allseits geschätzten Künstler zu Gast.
Wie kam es zu diesem neuen Format?
Nach 10 Jahren Reithamer Gesprächen stand der Sinn nach etwas Neuem. Als Vorbild diente das Waldviertler Hoftheater mit seiner „blauen Couch“. Warum also dieses Konzept nicht nach Miesbach bringen und einen Künstler einladen, ihn nach seiner Herkunft, Prägung und seinen Visionen befragen?
Und mit dem Zither Manä konnte die Moderatorin gleich einen ihrer Favoriten für den Abend gewinnen.
„Beide ein Jahrgang, bald 70, dieselbe Geisteshaltung, derselbe Beruf, unterschiedliches Geschlecht, in unterschiedlichen Systemen aufgewachsen, beide Altachtundsechziger, eine Ostfrau und ein Westmann wollen über das Leben sprechen.“
Anfänge, erste Schritte, kritische Texte und Klamauk
Bevor es aber auf die „blaue Couch“ ging, begeisterte der Manä das Publikum mit Gstanzln aus seinem umfangreichen Programm.
Kennengelernt haben sich die beiden Anfang der 90er Jahre, als sie im Berufsbildungszentrum Miesbach als Lehrer arbeiteten. Sollte der Manä die Monika damals wirklich kaum wahrgenommen haben? Dennoch bestätigen beide, entstand eine jahrzehntelange Freundschaft und Verbundenheit.
Der Manä nach wie vor beim Zither-Rock auf dem Tisch. Foto: Petra Kurbjuhn
Am 6.1.1980 begann Manfred Zicks Karriere in der Kleinkunst in Wörnsmühl. Dort präsentierte er Chuck Berry Rhythmen, die er auf die Zither übertrug. „Die Landbevölkerung war begeistert. So etwas kannte man bisher nicht“, erzählt der Manä. Der Rundfunkmoderator Georg Kostya riet dem jungen Musiker, immer mit einem Landler zur Einstimmung zu beginnen. „Das mache ich bis heute.“ Den Zither-Rock von damals spielt er heute noch genauso aufreizend wie vor 37 Jahren, steht wieder auf Tisch und Stuhl, geht ganz in seiner Musik auf.
Auf Monika Zieglers Frage, wie er vom Jahr 1968 geprägt wurde, erzählte Manfred Zick aus seiner Studentenzeit, gewisser Aufmüpfigkeit, Besetzung von Hörsälen, dem Prager Frühling und dem jähen Erwachen. Monika Ziegler erklärt, dass das System der DDR „nicht dazu geeignet war, Widerstand zu leisten“, eine ständige Angst greifbar und nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt Staaten in Prag „der Traum vorbei“ war.
Der Künstler mit einem nachdenklichen Stück. Foto: Petra Kurbjuhn
Dem Künstler war es zu jeder Zeit wichtig, sich in kritischen Texten mit der Ungerechtigkeit in der Welt, der Ausbeutung oder dem Rechtsradikalismus auseinanderzusetzen. „Es dunkelt noch immer in Deutschland“ hat nichts von seiner Aktualität verloren, obwohl schon vor über 20 Jahren verfasst.
Ein bisschen Klamauk oder „blühender Blödsinn“, wie Manfred Zick es nennt, gehört auch zu seinem Programm. Uns lädt er ein bei dem Küchenlied „Ein Mädchen voller Güte“ beim Refrain mitzuwirken…
Die Zeit geht weiter und wir auf die 70 zu
Nach langer Zeit als Mathematiklehrer, als er Schülern die „Differentialrechnung mit politischer Überzeugung“ zu Gemüte führte oder schon mal „die Kurvendiskussion anhand von Marilyn Monroe“ erörterte, gibt es seit dem Ruhestand viel zu tun: ein Trio wurde gegründet gemeinsam mit Frank Schimann an der Gitarre und Ferdl Eichner (Mundharmonika), vor 4 Jahren eine CD aufgenommen „Coole Zeit“ und den Traum von der Arbeit mit einem Symphonieorchester hat Zick auch noch nicht aufgegeben.
Und so spielt er noch „Zeit für mehr Gefühl“, richtet einen Appell an die Menschlichkeit, an die Willkommenskultur.
Und weil beide im März ihren 70. Geburtstag feiern, darf sich Monika Ziegler ihr Lieblingsstück wünschen: „Shine on you crazy diamond“.
Zuletzt der Ausblick auf die Welt, auf das Leben und die politische Kultur.
Da wird der Manä pessimistisch, es wird ihm Angst und er wünscht sich einen“Ruck“, wie der frühere Bundespräsident Roman Herzog in seiner berühmten Rede. Er wünscht sich einen „Ruck für Europa, für unsere Gesellschaft und die Demokratie“. Und er hat eine „Botschaft an die Jugend, dass sie die Verkrustungen aufbrechen möge“. Da passt zum Schluss „Die Gedanken sind frei“ nach Hofmann von Fallersleben.