„Die Kamera schaut auf den Grund“
Fotograf Michael Fackelmann. Foto: Petra Kurbjuhn
Fotoausstellung in Bad Tölz
Sichtbar machen, was das menschliche Auge nicht sehen kann oder was das menschliche Gehirn verfälscht, das ist das Anliegen des Fotografen Michael Fackelmann. „Die Welle“ nennt er seine Präsentation im Kunstraum „öHa“ in Bad Tölz, die noch bis zum 13. November zu sehen ist.
Spektakulär, so muten die Fotografien an, die der in München und Bad Tölz lebende Fotokünstler zum ersten Mal zeigt. Dazu hat er viele Tage und Nächte am Eisbach in München zugebracht und Surfer beobachtet. Mit Stativ oder auf der Brückenbrüstung platziert fotografiert er mit langen Belichtungszeiten und einer Technik, die er verständlicherweise nicht verraten will, die Bewegungen des Wassers und der Surfer.
Wichtig ist ihm dabei immer, soviel verrät er, dass die Umgebung, das Ufer nicht ins Bild kommen, sondern nur die reine Bewegung zu sehen ist. Dabei hat er so lange mit intensiver Freude an der Kamera experimentiert, bis ihm die außergewöhnlichen Bilder gelangen.
Michael Fackelmann: Die Welle. Repro: Petra Kurbjuhn
Michael Fackelmann ist einer der renommiertesten Fotografen Deutschlands, hat für alle großen Zeitungen gearbeitet, die Prominenten dieser Welt von Anouk Aimée bis Bernhard Wicki abgelichtet, Drehbücher und Hörspiele verfasst, Fotobücher herausgegeben, Regie geführt und vieles mehr. Immer hat er in erster Linie die Fotografie dazu benutzt, um abzubilden, was da ist, zu dokumentieren.
Jetzt aber reizt den aus Hamburg stammenden Fotograf das paradoxe Vorgehen, nämlich das zu zeigen, was das menschliche Auge nicht sehen kann. Gegen den Trend arbeite er, sagt er und lächelt. Vielmehr wolle er einen subjektiven Ansatz in die Fotografie bringen. Dabei entstehen seine expressiven, vor Lebendigkeit nachgerade sprühenden Aufnahmen. Augenblicke sind es, die er dem Betrachter präsentiert, reine und naturalistische Bilder, so wie es uns nicht vergönnt ist, die Welt zu sehen.
Michael Fackelmann und Christian Stadelbacher. Foto: Petra Kurbjuhn
Galerist Christian Stadelbacher kommentiert: „Was der Mensch sieht, ist eine vereinfachte Darstellung der Welt, aber das Gehirn, so sagt die moderne Hirnforschung, ergänzt dieses Bild.“ So erweitern die Bilder Fackelmanns in doppeltem Sinne unsere Wahrnehmung: Sie lassen das weg, was das menschliche Gehirn dazumacht und sie zeigen das, was das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann. „Die Kamera schaut auf den Grund“, sagt Fackelmann.
Die dabei entstandenen Bilder zeigen den Ritt auf der Welle, den Surfer verschwommen, nebulös, man ahnt, auf welches Wagnis er sich einlässt. Manchmal kann man nur das rote Brett als Schatten wahrnehmen, manchmal sprüht die Gischt über alles hinweg. Und dann wieder sind es Bilder ohne Mensch, nur Wasser. Michael Fackelmann dreht ein Bild um und sagt: „Jetzt sieht es aus wie Himmel.“
Michael Fackelmann: Die Welle. Repro: Petra Kurbjuhn
Besonders faszinieren die Fotografien, in denen sich das Licht einer Straßenlaterne im Wasser spiegelt. In dieser Intensität würde das Auge die Farben niemals wahrnehmen, die Kamera ist ihm weit voraus und der Fotograf liefert dem Betrachter eine Sicht, die einer Erweiterung des Bewusstseins gleicht. Michael Fackelmann plant nun mit seinen einzigartigen Bildern ein weiteres Fotobuch.
Zusätzlich zu den 12 meist analog gefertigten Fotografien hat der Fotokünstler ein dreiminütiges Video über den Eisbach gedreht, was er in Endlosschleife zeigt.