Die Kultur im Jahr 2020 und Ausblick auf 2021
Ttelblatt der 34. Ausgabe der KulturBegegnungen.
Jahresrückblick zu Silvester
Es war desaströs, die Kultur im Jahr 2020. Wir wollen uns im Jahresrückblick daran erinnern, was uns entgangen ist, was es trotzdem an kreativen Ideen gab und wir wollen in die Zukunft schauen. Um die Kultur im Landkreis zu unterstützen, lädt KulturVision zu einer Solikulturspende ein und wünscht für das Neue Jahr Zuversicht, Gesundheit und Kreativität.
Das Jahr begann mit einem Knaller: 40 Jahre Zither-Manä. Was 1980 im Gasthof Nägele in Wornsmöhl geboren wurde, nämlich der Zither-Rock, erklang am 6. Januar 2020 in der Schulaula Waakirchen zum großen Jubliäum mit Gästen und der Manä so frisch und lebendig wie eh und je. Ein Knaller hätte auch das Jubiläumsjahr des KULTUR im Oberbräu werden sollen, wäre da nicht dieses Virus dazwischengekommen.
Die Pandemie erwischte KulturVision eiskalt am 5. März am Nachmittag. Für abends war „Dialog im Gewölbe“ des Waitzinger Kellers Miesbach mit der Schauspielerin Stephanie von Poser, bekannt unter anderem aus der TV-Serie „Die Bergretter“, geplant. Die Mitteilung des Gesundheitsamtes, dass der Veranstalter zu garantieren habe, dass kein Infizierter Zutritt hat, führte zur Absage der Veranstaltung im Rahmen von „anders wachsen“.
Absagen prägten die Kultur im Jahr 2020
Das war bedauerlich. Folgenschwer aber war die Absage der Kunstauktion am 6. März, die die für April geplanten Offenen Ateliertage feierlich eröffnen sollte. KulturVision hatte gemeinsam mit kommunalen Kulturvertretern des Runden Tisches diese Präsentation regionalen künstlerischen Schaffens mit 113 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern geplant. Ein hochwertiger Katalog war erschienen, die Auktion sollte einen Teil der Kosten begleichen.
Katalog der Offenen Ateliertage. Foto: Ines Wagner
Eine Woche darauf traf sich eine Jury, um die Auswahl von Kunstwerken für eine Ausstellung bei der Regierung von Oberbayern in München zu treffen. Der Verein Kultursprung hatte die Planung und Organisation dieser wichtigen Schau übernommen. Die Auswahl fand statt, die Schau musste abgesagt werden.
Kultur stand still
Und dann kam der harte Lockdown am 15. März, der alle Kulturveranstalter und Kulturschaffende, sowie Veranstaltungstechniker gleichermaßen traf. Die großen Kulturhäuser KULTUR im Oberbräu in Holzkirchen und Waitzinger Keller Miesbach ebenso wie kleinere Häuser, wie Tannerhof Bayrischzell oder WeyHalla in Weyarn, die Kinos, die Kulturvereine, alles stand still. In Schockstarre.
Gähnende Leere im Sall des Waitzinger Kellers Miesbach. Foto: Max Kalup
Die Kultur ging online. Igor Levit machte es vor, andere folgten. Im Landkreis Miesbach schlossen sich KulturValley, Kulturwerkstatt im Oberland und KulturVision zusammen und initiierten die Virtuelle Kulturbühne. Jeden Sonntag um 11 Uhr, der Termin, der vorher für analoge „anders wachsen“-Veranstaltungen reserviert war, gab es die Sonntagsmatinee online.
Kultur digital
Vom 5. April bis zum 26. Juli erfreute sich das Format wöchentlich großen Zuspruchs. Es gab Musik, Theater, Tanz, Fotografie und sogar bildende Kunst, denn zahlreiche Künstlerinnen und Künstler luden nunmehr digital in ihre Ateliers ein. Durch den plötzlichen Tod von Rolf Brandthaus konnte die Initiative im Herbst nicht fortgeführt werden.
Cathrin Paul und Bernd Schmidt in „Petterson und Findus“ vom Freien Landestheater-Foolensemble. Foto: Manfred Lehner
Auch das KULTUR im Oberbräu brachte Livestreams und Carmen Obermüller vom „Kino am Tegernsee“ organisierte ein Autokino. Andererseits musste das Freie Landestheater Bayern seine Großproduktionen verschieben und das Internationale Musikfest Kreuth musste abgesagt werden. Wir versuchten, mit unserer täglichen Berichterstattung die Stimmung einzufangen. Wir erzählten vom verzweifelten Brief von Dramaturgin Sabine Schreiber an Minister Sibler ebenso wie vom kreativ produzierten Video der Folk-Band Mountain Lake Vista oder der CD „Home“ von Ben Blaskovic. Wir berichteten über die Konzerte, die Andrea Wehrmann in der Apostelkirche Miesbach präsentierte und von den ersten kleinen Live-Formaten im Juni, beispielsweise Andreas Haas mit seinem Musiktheater für Kinder.
Nele von Mengershausen und Cornelia Heinzel-Lichtwark bei der Sommerausstellung im Atelier am Schliersee. Foto: MZ
Es gab wieder Ausstellungen, so Pepsch Gottscheber im Olaf-Gulbransson-Museum aber auch das aus Eigeninitiative entstandene Projekt „Kunst mit Abstand“ in Holzkirchen oder die Sommerausstellung im Atelier am Schliersee und die Präsentation von Werner Härtl, dem Kuhmistmaler.
Dokurona
Mit Ausnahme der „Vor-Ort-Gespräche“ sagten wir auch die „anders wachsen“-Veranstaltungen ab und produzierten stattdessen eine Imagebroschüre zur Initiative. Darüber hinaus initiierten wir mit Unterstützung der Raiffeisenbank Holzkirchen-Otterfing das Kunstprojekt „Dokurona“, bei dem 80 Teilnehmende darstellten, was die Krise mit ihnen gemacht hat. So Lisa Mayerhofer mit ihrer Installation „ALB-Träume“ im Waitzinger Park.
Lisa Mayerhofer mit ihrer temporären Installation „ALB-Träume“ im Waitzinger Park. Foto: Max Kalup
Mit Buch- und CD-Rezensionen, Berichten über den Kulturherbst auf der Klosterwiese in Miesbach, Kunst am Archehof Otterfing, Reisetipps und vielem anderen konnte das Onlinemagazin im Sommer gefüllt werden. Das Museum Tegernseer Tal rückte dann im Herbst die Literatur in den Fokus einer Ausstellung. In Holzkirchen und Miesbach wurde des Schlierseer Malers Peter Loew mit einer Doppelausstellung gedacht.
Ein Neustart der Kultur fand im Oktober statt. Andreas Kern überraschte mit einer coronagerechten Komödie im Tegernseer Volkstheater.
„anders wachsen“ kooperiert mit Wissenschaftstagen Tegernsee
Sowohl das Podium junger Musiker im Barocksaal Tegernsee als auch musica sacra tegernsee mit der Cäcilienmesse in Bad Wiessee, die Ausstellung „Hibatzld“ in Gut Kaltenbrunn, Pianist Freddy Kempf mit Beethoven-Sonaten im Kulturhaus Holzkirchen, der Chor „Dissonanzen“ in St. Josef Holzkirchen und weitere Kulturveranstaltungen zeugten von der Freude an Live-Begegnungen. Aber mit der Fotoschau von Hans-Günther Kaufmann im Waitzinger Keller Miesbach ging das kurze Aufleben der Kultur wieder zu Ende. Auch „anders wachsen“ musste nach zwei Live-Veranstaltungen ins Digitale wechseln. Eine Premiere war die erste gemeinsame Veranstaltung mit den Wissenschaftstagen Tegernsee im November mit „Corona in den Medien“.
Zur Ausstellung „Hibatzld“ in Gut Kaltenbrunn. Foto: Petra Kurbjuhn
Trotz Corona brachten wir im Mai und November die KulturBegegnungen heraus, zum einen, um der Kultur im Landkreis trotz allem ein Podium zu geben und auch um, wie der Titel der 34. Ausgabe lautet, „Zuversicht“ zu vermitteln. Dies ist indes schwierig, denn viele Kulturschaffende kämpfen um das Überleben und es gab eine Reihe von Initiativen, um aufmerksam zu machen, dass die Kulturszene von der Politik vergessen wurde, auch darüber berichteten wir. Es geht um monetäre und es geht um ideelle Anerkennung. Kultur ist eben nicht nur Freizeitvergnügen, sondern Kunst und Kultur sind überlebensnotwendig, heilend und stärkend für die Widerstandsfähigkeit, die wir in der Pandemie dringend brauchen.
Weihnachtskulturspende wird zur Solikulturspende
Deshalb riefen wir zur Weihnachtskulturspende auf. Das eingegangene Geld wollen wir im kommenden Jahr für Kulturprojekte verwenden und bitten deshalb Kulturschaffende, uns ihre kreativen Ideen einzureichen. Jetzt, am Silvestertag, erinnern wir unsere Leserinnen und Leser, dass ab 1. Januar der Solidaritätsbeitrag entfällt. Wie wäre es, dieses gesparte Geld in eine Solikulturspende einzubringen? Und auch das gesparte Geld für Eintrittskarten könnte so solidarisch für die gebeutelte Kulturszene gespendet werden.
Und wie es weitergeht im Jahr 2021? Keiner weiß, wann wieder ein normaler Kulturbetrieb starten kann. Zwar war gestern in der Presse zu lesen, dass der Kulturbetrieb langsam wieder startet, dass insbesondere Museen und Galerien bald wieder öffnen sollen und auch ein Neustart für Kinos erhofft wird, Termine wurden aber nicht genannt. Kreative Ideen und Pläne für alternatives Kulturleben aber gibt es. Ob Konzerte in Kirchen, Theater auf Hinterhöfen, wie es Jochen Strodthoff in München praktizierte oder Ausstellungen im Freien. Kulturschaffende sind von Haus aus kreativ, aber zur Umsetzung braucht es neben Ideenreichtum und Energie auch Geld.