Die Kultur in den Zeiten des Coronavirus
Der Festsaal im KULTUR im Oberbräu bleibt leer. Foto: KULTUR im Oberbräu
Sonntagskolumne
Sämtliche Kulturveranstaltungen im Landkreis Miesbach sind aufgrund des Coronavirus bis Ostern abgesagt. Das bedeutet Verluste für alle Beteiligten. Wie gehen die Kulturhäuser damit um? Was bedeutet es für Veranstalter wie das Freie Landestheater Bayern oder einen kleinen Betrieb wie die WeyHalla?
Als am 5. März die Hiobsbotschaft vom Gesundheitsamt eintraf, reagierten wir von KulturVision sofort. Wir sagten den „Dialog im Gewölbe“ mit Stefanie von Poser am selben Abend und die Kunstauktion zur Finanzierung des Katalogs für die Offenen Ateliertage am kommenden Abend ab. Die geforderte Garantie, dass kein Infizierter Zutritt erhält, konnten wir nicht geben. Ein herber Verlust. Auch die Fastenpredigten, auf die wir uns sehr gefreut hatten, fielen dem Coronavirus zum Opfer.
Lesetipp: Solidarität und Gemeinschaft der Künstler
Mittlerweile sind alle Veranstaltungen abgesagt. Ich frage Ingrid Huber, Chefin des KULTUR im Oberbräu Holzkirchen, nach ihrer Motivation. Sie hatte schnell reagiert und selbst die große Veranstaltung zum 10. Geburtstag des Hauses abgesagt, so schwer es fiel.
„Wir haben eine moralische Verantwortung“, sagt sie.
Geschäftsführerin des KULTUR im Oberbräu Holzkirchen Ingrid Huber. Foto: Manfred Lehner
Wenn sich das Virus ausbreite und das Gesundheitssystem überfordert würde, das wolle und könne sie nicht verantworten. „Es ist unsere Pflicht, dass die Ansteckungskette unterbrochen wird.“ Auch wenn sie in Großkaufhäusern Menschenmassen schniefend und hustend begegne, die wohl noch nicht für die Gefahr sensibilisiert seien, sie wolle ein Zeichen setzen.
Einbußen für freischaffende Künstler und Techniker
Sie habe sich immer mit Bürgermeister Olaf von Löwis besprochen, der voll hinter ihren Entscheidungen stehe, sagt Ingrid Huber. Vorerst und bis zum 11. April sind im Holzkirchner Kulturhaus alle Termine abgesagt. „Alle Künstler reagieren verständnisvoll“, ist die Kulturchefin froh. Allerdings sei es natürlich für freischaffende Künstler ebenso wie für Techniker schwer, diese Einbußen zu verkraften.
Man werde die Lage beobachten und danach neu entscheiden. Als nächster Termin ist die Premiere des Komödchens am 12. April auf dem Programm. Das Kulturmagazin des Hauses indes werde trotz nicht stattfindender Veranstaltungen erscheinen.
Dekan Josef Imminger: Holzkirchner Fuhrwesen. Foto: Archiv Gemeinde Holzkirchen
Auch die nächste Ausstellung im Kulturcafé ist abgesagt, stattdessen wird die Ausstellung mit den Bildern von Dekan Josef Imminger verlängert und um historische Bilder der freiwilligen Feuerwehr ergänzt, die im Sommer ihr Jubiläum feiert.
Die Kasse ist dienstags von 16 bis 18 Uhr und mittwochs von 10 bis 12 Uhr und das Kulturbüro in der Säggasse täglich von 10 bis 16 Uhr besetzt.
Isabella Krobisch, Leiterin vom Waitzinger Keller – Kulturzentrum Miesbach. Foto: KN
Isabella Krobisch, Leiterin des Waitzinger Kellers – Kulturzentrum Miesbach, handelte entsprechend der Entscheidungen des Kulturausschusses der Stadt Miesbach und sagte zunächst keine Veranstaltungen in ihrem Haus ab. Dabei dreht es sich zunächst um die Theaterwochen des Freien Landestheaters Bayern. Dafür ist Intendant Rudolf Maier-Kleeblatt Veranstalter.
Der Intendant und künstlerische Leiter des Freien Landestheaters Bayern Rudolf Maier-Kleeblatt. Foto: Isabella Krobisch
Am Samstag, 14. März, sollte das Musical „Anatevka“, eine Veranstaltung mit knapp 100 Mitwirkenden, Premiere haben. Die Proben liefen auf Hochtouren. „Wir haben bis zur Generalprobe gearbeitet, das Stück steht“, sagt Rudolf Maier-Kleeblatt. Dann kam am Donnerstag Nachmittag die Absage. „Wir haben die Terminlage sondiert“, informiert der FLTB-Intendant und es gebe Ersatztermine, wenn alle Mitwirkenden zusagen. „Wir holen jeden Termin nach.“
Die anderen Aufführungen allerdings der Theaterwoche fallen zunächst in Miesbach aus. „Drei Männer im Schnee“ werden um ein Jahr verschoben, „Momo“ findet nur in Holzkirchen statt.
Trotz Coronavirus ist Bühne nicht in Gefahr
„Das Ensemble war in Tiefststimmung“, teilt Rudolf Maier-Kleeblatt mit. Er habe aber mit dem Justitiar vom Landratsamt ein gutes Ergebnis aushandeln können, so dass die Bühne nicht in Gefahr sei. „Mein zweites Anliegen aber ist es, dass die freiberuflich tätigen Künstler keine Einbußen haben.“ Das sei auch der Grund gewesen, weshalb er bis zuletzt gezögert habe, die Veranstaltungen abzusagen.
So habe er sich besonders darüber gefreut, dass aus dem Publikum Zeichen der Solidarität gekommen seien. „Einige Zuschauer wollen das Geld für ihre gekauften Karten nicht zurückhaben.“
Er wünsche sich, dass die Politik klare Vorgaben mache, damit „wir die Auswirkungen auf unseren Verein verantwortungsvoll vertreten können“.
WeyHalla-Wirt Girgl Ertl zum Fest des Erscheinens der 30. Ausgabe der KulturBegegnungen, eingerahmt von Landrat Wolfgang Rzehak und Altbürgermeister Michael Pelzer. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch Girgl Ertl, Wirt der WeyHalla, trifft die Absage von Veranstaltungen hart. Er hatte bis zum Wochenende gehofft, den Betrieb aufrecht erhalten zu können. „Wir waren störrisch und wollten die Sache nicht ernst nehmen“, sagt er, aber dann habe sich die Gefahr verdichtet. „Ich kann nicht so tun, als ob mich das nichts angeht.“
Er fühle sich für seine Gäste und Angestellten verantwortlich. „Wir wollen keine Virenschleuder aufbauen.“ In seiner bekannt heiteren und zuversichtlichen Art sieht Girgl Ertl trotz finanzieller Einbußen auch das Positive: „Das ist Entschleunigung und ich kann mit dem Bau der Überdachung des Biergartens anfangen.“