Die Wirksamkeit von Kunst
Martin Liebmann (Verein zur Verzögerung der Zeit) – Haben Sie heute schon NICHTS gemacht? Foto: Peter Kees
Festival in Ebersberg
Zum zweiten Mal wurde Ebersberg zu Arkadien, einem Platz der Muße mit temporären Kunstinterventionen im öffentlichen Raum und einer Plattform zum Nachdenken über Lösungsstrategien zu Problemen unserer Zeit. Auch Holzkirchen war bereits Arkadien.
Vor zwei Jahren luden wir Initiator und Organisator, S.E. den Botschafter von Arkadien, Peter Kees zur Abschlussveranstaltung von anders wachsen in die Marktgemeinde ein.
Lesetipp: Arkadien ist das Land des Mitgefühls
Vorausgegangen war das 1. Festival in Ebersberg, an dem KulturVision mit zwei Beiträgen beteiligt war. Jetzt richtete Peter Kees das 2. Festival aus. Bereits seit Mai war die Stadt Schauplatz subversiver Kunst. Sie war pandemiebedingt an mehreren öffentlichen Plätzen sichtbar und regte die Vorübergehenden zum Nachdenken und auch zum Lachen an.
„Es gab Zustimmung und auch Kritik“, erzählt Peter Kees, „aber Kunst ist frei von Politcal Correctness.“ Durch Unterstützung von Bürgermeister Uli Proske konnte am Ebersberger Rathaus zehn Wochen lang eine Fahne wehen, deren Botschaft ist, Nationalitäten und terroristische Ansprüche aufzuheben.
Monika Goetz (Berlin) – World Flag. Foto: Peter Kees
Zum Festival hatten sich weit über 100 Künstlerinnen und Künstler beworben. „Ein Teil wurde juriert, einige haben wir eingeladen“, sagt Peter Kees. Im Zentrum stand der Verein zur Verzögerung der Zeit als Partner des Festivals, der mit seinen Installationen für Heiterkeit, Irritationen und einer Anzeige führte.
Entschleunigungs-Parkplatz (Verein zur Verzögerung der Zeit). Foto: Peter Kees
Das Schild für den entschleunigten Parkplatz sei Amtsanmaßung und verbotene Werbung habe es von der Straßenverkehrsbehörde geheißen. „Das hat bundesweit für einen Niederschlag Presse gesorgt“, erzählt fröhlich Peter Kees.
Ein Antrag des Vereins zu einer Straßenumbenennung in Müßiggang habe es bis in den Stadtrat geschafft, sei aber mit acht zu drei Stimmen abgelehnt worden. Grund: Müßiggang habe etwas mit Taugenichtsen zu tun.
Elisabeth Ajtay (New York City) – Kehrtwende15 / 60. Foto: Peter Kees
Die Plakate indes „Fürchte das Bekannte“ und „Suche das Unbekannte“ konnten am Stadtrand von Ebersberg installiert werden, auch das Aufstellen von Altzeitcontainern und die Umbenennung der Bushaltestelle in Inhaltestelle wurde genehmigt „Das alles hat etwas bewirkt“, ist Peter Kees überzeugt, dem das Prinzip der Entschleunigung wichtig ist.
Verein zur Verzögerung der Zeit: Der Altzeitcontainer. Foto: Peter Kees
Neben den Installationen zur Verzögerung der Zeit überraschte das Festival mit zahlreichen anderen, teils anarchischen, teils provokanten, teils irritierenden künstlerischen Ideen. Alle dazu angetan, zu Reflektieren, zu Überdenken und zum Handeln anzuregen.
Peter Kees gehört zu den Künstlern, die es als Aufgabe der Kunst ansehen, in der Gesellschaft Wirksamkeit zu entfachen. Kunst sei keine Dekoration schreibt er im Vorwort des Katalogs.
Thomas Judisch (Dresden) – Ein Wintermärchen. Foto: Peter Kees
Ob Installationen zum Thema Mobilität oder Wohnen, Nationalität oder Krieg als Antipode zu Arkadien, die Künstlerinnen und Künstler fanden ausdrucksstarke Ideen für die Umsetzung. So auch zum Thema Ökologie die Eiszapfen an den Dachrinnen der Brennerei, die einen Bürger bewogen, besorgt im Rathaus anzurufen.
Den menschlichen Eintritt in die Natur wollen bemalte Pflanzen verdeutlichen. Die kapitalistische Wegwerfgesellschaft wird mit einem performativen Projekt bloßgestellt, bei dem gebaute Holzobjekte verbrannt werden.
Werkstattgespräche, ein arkadisches Radio aus Cornwall und eine Kooperation mit dem Metatheater Moosach ergänzten das reichhaltige Programm, das im Katalog zusammengefasst ist.
Voyager Quartet (Nico Christians, Violine I Maria Krebs, Violine I Andreas Höricht, Viola I Klaus Kämper, Violoncello). Foto: Peter Kees
„Meine Lieblingsgeschichte war das Streichquartett im Ebersberger Forst“, bekennt Peter Kees, selbst Musiker, „das hat noch keiner gemacht.“ Die Einbeziehung der Klänge der Natur sei etwas Besonderes gewesen.
Am Ende gab es noch eine Überraschung. Der von der Stadt Ebersberg gestiftete Kunstpreis, so entschieden mit Peter Kees die Juroren Frenzy Höhne aus Leipzig, Luci Ott vom Ebersberger Kunstverein, Hans Winkler aus Berlin und Tine Neumann aus Berlin, wurde nicht ausgelobt, sondern solidarisch an alle Beteiligten gerecht verteilt.
Peter Kees bei der Abschlussveranstaltung. Foto: Embassy of Arcadia
Das zweite Arkadienfestival, das mit einer bemerkenswerten Steigerung gegenüber dem ersten punkten konnte, entfaltete somit seine Wirksamkeit von Kunst in vielerlei Hinsicht. Kunst wurde auch von der Politik wahrgenommen, beteiligte das Publikum, gab Denkanstöße und wurde zum Vorbild für ein Zeugnis der Solidarität unter Künstlern.