Digitaler Fußabdruck und seine Reduzierung
Susanne Grohs-von Reichenbach referierte mit einem Nikolaus. Foto: Screenshot/Becky Köhl
Zoom-Vortrag
Welcher ökologische Fußabdruck steckt hinter der Digitalisierung? Diese Frage beantwortete Susanne Grohs-von Reichenbach in ihrem Online-Vortrag im Rahmen der Sonntagsmatinee von „anders wachsen“. Sie hatte nicht nur theoretisches und praktisches Rüstzeug dabei, sondern passend zum Tag einen Nikolaus.
Die letzte „anders wachsen“-Veranstaltung im Jahr 2020 musste entsprechend der gegenwärtigen Lage als Zoom-Konferenz stattfinden. Die beiden Kooperationspartner der Initiative Wolfgang Foit vom Katholischen Bildungswerk im Landkreis Miesbach und ich selbst von KulturVision hatten zum Thema „Think digital green“ oder „digitaler Fußabdruck und seine Reduzierung“ eingeladen, einem Thema, das in Coronazeiten massiv an Bedeutung gewinnt.
Digitalisierung verursacht beträchtlichen CO2-Ausstoß
Susanne Grohs-von Reichenbach ist zertifizierte Digital Business Innovator, gemeinsam mit dem Journalisten und Autor Enrico Gemsa hat sie die Webseite gestaltet und setzt sich engagiert dafür ein, wie Digitalisierung umweltgerecht gestaltet werden kann. Dies erläuterte sie in sechs Schritten, deren Inhalte sie den Nikolaustaschen entnahm. Die Referentin betonte, dass Digitalisierung wichtig und hilfreich sei, den Alltag zu gestalten, in Verbindung zu sein, zu lernen, aber der Nutzer möge sich auch bewusst sein, dass dadurch ein beträchtlicher CO2-Ausstoß verbunden sei.
Der digitale Fußabdruck von digital aktiven Bürgern beträgt pro Kopf 850 kg CO2 pro Jahr. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, ist das Limit zwei Tonnen pro Jahr, wir seien aber derzeit bei 10 bis 11 Tonnen. Sie wolle die Aufmerksamkeit darauf lenken, was die Digitalisierung dazu beitrage.
Handynutzung überprüfen. Foto: Screenshot/Becky Köhl
Erster Schritt ist das Handy, das keineswegs nur ein Telefon, sondern mit Apps, Speicher, Software eine Plattform darstellt. Herstellung, Betrieb und Entsorgung sollten umweltgerecht, sprich mit wenig CO2-Ausstoß verbunden sein. Der Nutzer sollte sich fragen, welche Dienste er wirklich braucht und auch einmal auf Flugmodus umschalten, wenn er nicht online sein muss.
Mailverkehr nachhaltig gestalten
In der zweiten Tasche steckte ein Brief. Susanne Grohs-von Reichenbach, die das Publikum immer wieder in ihren Vortrag einband, fragte, wie viele E-Mails wohl pro Tag verschickt würden. Es sind 300 Milliarden, und dabei sehr viele unnötige. Jede Mail benötige zur Übertragung Strom und verursache also CO2. „Datensparsamkeit ist das Thema“, betonte die Referentin und empfahl weniger Anhänge zu verschicken, generell Mails zu sparen, alles Ungenutzte in den Mailordnern zu löschen, auch den Papierkorb, und einen Spamfilter einzubauen.
Die Suchmaschinen fand die Expertin in der dritten Tasche. Pro Minute gebe es viel Millionen Suchanfragen, die mit CO2-Ausstoß verbunden sind. Wie dies nachhaltiger gestaltet werden kann? Suchanfragen mit Operatoren versehen, um schnell zum Ziel zu kommen, nach alternativen Suchmaschinen, wie etwa Ecosia Ausschau halten und auch einmal statt zu googeln einen Menschen zu fragen oder zu telefonieren.
Suchanfragen nachhaltig gestalten. Foto: Screenshot/Becky Köhl
Das Konsumentenverhalten habe sich in den letzten Jahren sehr verändert, sagte Susanne Grohs-von Reichenbach. Das Internet habe neue Räume eröffnet und Autonomie vermittelt. „Aber wir brauchen Alternativen zur Digitalisierung ohne Reflexion.“ Digital und nachhaltig, das geht! So ist die Webseite getitelt. Die Referentin erklärte anhand der von Enrico Gemsa gebauten Seite, wie nachhaltig eine Webseite gestaltet werden kann. Dies sei ein bisher noch relativ unerschlossenes Thema. Man möge die Bilder und Grafiken kleinformatig halten und auch nur wenige Bilder verwenden. „Sind Bildergalerien und Videos nötig?“ fragte sie und empfahl Standardschriften mit kleinem Datenvolumen zu verwenden. Vorsicht sei auch bei Content Management Systemen geboten. Zudem empfahl sie einen dunklen Hintergrund.
Bei allem aber solle der Mensch im Mittelpunkt stehen. Dieser Satz des Webdesigners Niklas Jordan sei auch für sie maßgeblich.
Webseite „Think digital green“. Foto: Screenshot/Becky Köhl
In der Diskussion zeigte sich, dass diese Empfehlungen für die Teilnehmenden überraschend sind. Wolfgang Foit konstatierte, dass es also wohl ein Missverständnis sei, dass Professionalität mit einem Overflow an Informationen eihergehe. Durch Reduktion auf das Wesentliche steigere man also die Funktionalität. Diese Feststellung werde man im Team aufgreifen und forschen, was Professionalität ausmache, um das Anwenderanliegen mit den richtigen Tools umzusetzen, freute sich Susanne Grohs-von Reichenbach.
In der fünften Tasche fand sie einen Schokoladenikolaus und meinte, den werde sie beim Streamen vernaschen. 60 Prozent des Datenvolumens entfielen auf die Streamingdienste. Sie seien wichtig, insbesondere jetzt für Bildung und Homeschooling und auch Unterhaltung, aber wie könne man hier nachhaltig unterwegs sein? Indem man einen möglichst kleinen Bildschirm und WLAN benutze, einen schwarzen Hintergrund und geringere Auflösung wähle. Letzteres werde leider nicht von allen Herstellern angeboten.
Auch der Nikolaus trägt „Think digital green“. Foto: Screenshot/Becky Köhl
Zum Schluss empfahl die Referentin einen Tag „digital wilderness“, also einen Tag, an dem man komplett offline ist. Damit könne der digitale Fußabdruck massiv reduziert werden.
Lesetipp: Dann treffen wir uns eben digital, KulturBegegnungen, Nr.33, Seite 3