Von Menschen und Pferden
Begegnung zwischen Mensch und Tier – Der Film „Las hermanas de Rocinante“ von Alexandra Kaufmann. Foto: EVOLUTION FILM
Filmpremiere auf dem Dok.fest in München
Don Quijotes Pferd Rocinante erlangte Weltruhm. Was wurde jedoch aus seinen Nachfahren während der Wirtschaftskrise, die Spanien vor ein paar Jahren traf? Mit „Las hermanas de Rocinante“ gelang der Regisseurin Alexandra Kaufmann eine beachtenswerte Filmnovelle, die in München Weltpremiere feierte.
Eine schwarz-weiß-Fotografie machte die junge Miesbacher Regisseurin Alexandra Kaufmann auf das Schicksal der Pferde in der Wirtschaftskrise 2012 in Irland aufmerksam. Viele von ihnen wurden geschlachtet oder ausgesetzt, weil sich ihre Besitzer die Erhaltung der Tiere nicht mehr leisten konnten. Alexandra Kaufmann reiste nach Irland und versuchte dort zwei Jahre lang einen Zugang zu diesem Thema zu finden, der es ihr ermöglichen würde, einen Film darüber zu drehen. Nachdem ihr das nicht gelungen war, zog es sie nach Spanien, denn auch dort bot sich dieselbe Situation.
Ein Filmprojekt über sieben Jahre
An der Costa Blanca fand die Regisseurin die Möglichkeit, den Menschen auf einer Pferdeauffangstation zu folgen, ihr Tun zu beobachten, sie ein Stück weit auf ihrem Weg zu begleiten. Sieben Jahre dauerte das Projekt insgesamt, immer wieder reiste Alexandra Kaufmann nach Spanien.
Für das 34. DOK.fest in München wurde der Film nun ausgewählt und zur Premiere waren sogar die Protagonistinnen angereist.
Seit zehn Jahren führt die Engländerin Lois (48) die Pferdeauffangstation APAC in der Küstenstadt Denia, weil sie es nicht übers Herz bringt, den Tieren beim Verhungern zuzusehen. Sie kämpft monatlich um finanzielle Mittel und packt ein Problem an, vor dem viele andere den Blick abwenden würden. Unterstützung bekommt sie von ihrer Familie und den beiden Mädchen Paula und Xana, die in der Nähe des Hofes wohnen.
Filmen mit Behutsamkeit
„Die Menschen haben die Geschichte geschrieben“ meint Regisseurin Alexandra Kaufmann. Kunstvoll fängt sie diese Geschichte auf und beleuchtet sie mit Behutsamkeit. Stets nähert sie sich mit Respekt und kommt gerade dadurch hautnah an die Protagonistinnen heran. „Las hermanas de Rocinante“ ist ein leiser Film, auf den sich der Zuschauer einlassen muss. Langsam entwickelt sich die Geschichte, Stück für Stück wird das Dargestellte greifbar gemacht.
Das Schöne darstellen ohne zu beschönigen. Foto: EVOLUTION FILM
Das Elend der Tiere geht nahe und wird nicht beschönigt, aber auch nicht ausgeschlachtet. Es trifft auf die ruhige Lois, die pragmatisch einen Tag nach dem anderen lebt. Sich nicht durch Schläge des Lebens entmutigen lässt und fest verwurzelt ist mit dem Ort, an dem sie lebt und ihrer täglichen Arbeit nachgeht. Alexandra Kaufmann zeigt eine Frau, die hilft, ohne sich aufzugeben, die nährt und dadurch genährt wird.
Schützende Hände
Ebenso empfindsam nähert sich die Regisseurin den heranwachsenden Mädchen. Lässt den Zuschauer teilhaben an intimen Momenten, gibt Einblick in Hoffnungen, Träume und Schwierigkeiten und hält trotzdem immer ihre schützende Hand über sie, führt sie nicht vor, sondern führt ihr Publikum leise an die Welt der jungen Menschen heran.
Immer wieder Sonnenstrahlen, die durch Mähnen scheinen, Gesichter weich machen und die Schönheit der handelnden Lebewesen beleuchten. Ein durch und durch sinnlicher Film, in dem nahezu immer jemand gestreichelt wird.
Ein Film, der eine große Leinwand und volle Aufmerksamkeit braucht, aber es gibt auch eine einfacher zu verdauende Version. Während „Las hermanas de Rocinante“ in Originalversion auf Spanisch mit englischen Untertiteln läuft, gibt es „Die Pferderetterin – Spaniens vergessene Tragödie“ auf Deutsch und wird im Fernsehen gezeigt.
Kampf gegen Windmühlen. Foto: EVOLUTION FILM
Sowie ihre Protagonistinnen niemals aufgegeben haben, hat es auch Alexandra Kaufmann nie getan. Trotz erzwungenen Drehpausen fand sie immer wieder Fördermittel und mit Sonja Kilbertus eine Produzentin, die hinter dem Projekt stand. Trotz des Kampfes gegen Windmühlen werden weiterhin Pferde vom einsamen Tod gerettet und Filme gedreht, die gesehen werden müssen. „Las hermanas de Rocinante“ ist einer von ihnen. Ein ganz besonderer.