So erlebten Menschen das erste Pandemiejahr
Pressefoto des Jahres 2020 Bayern von Florian Bachmeier in der Präsentation von Dokurona: Ein an Corona erkrankter Mann, dessen Frau verstarb.
Präsentation von Dokurona in Holzkirchen
Am 13.03.2022 konnte das Projekt von „anders wachsen“ endlich präsentiert werden. Schon im ersten Pandemiejahr waren Kulturschaffende und Bürgerinnen und Bürger aus Nah und Fern dazu aufgerufen worden, mitzuteilen, was Corona mit ihnen macht. Über 80 Einsendungen unterschiedlicher Art gingen ein und wurden unter dem Titel „Dokurona“ ins Netz gestellt.
Mehrmals musste der Termin verschoben werden. Nun konnten sich Organisatorinnen, Mitwirkende und Interessierte im Holzkirchner FoolsTheater treffen und eine bunte Mischung von Einsendungen in Wort und Bild, Musik und Videoaufnahmen im Rahmen einer Sonntagsmatinee gemeinsam hören, betrachten, auf sich wirken lassen.
Lesetipp: Dokurona online
Monika Ziegler, 1.Vorsitzende von KulturVision, bedankte sich für die überwältigend hohe Anzahl an Einsendungen, für Solidarität und Gemeinschaft, die Mut machen in diesen Zeiten.
Zither-Manä. Foto: MZ
Der Zither-Manä, der Veranstaltungen des Vereins schon seit Jahren musikalisch umrahmt, war bei Dokurona natürlich auch mit einem Beitrag dabei. Heute spielte er zunächst sein Antikriegslied aus dem 1.Weltkrieg „Waltzing Mathilda“, das er aus aktuellem Anlass dem Kriegsverbrecher und Mörder Putin widmete. Bedrückend und anklagend war der Vortrag. Gänsehautfeeling.
Als Moderator konnte Landrat Olaf von Löwis of Menar gewonnen werden, der die verbindenden Worte sprach und die teilnehmenden Personen einführte.
Landrat Olaf von Löwis moderierte die Präsentation. Foto: MZ
Unterschiedliche Texte von zwei Damen, unterschiedliche Lebensbedingungen, unterschiedliche Gefühle, unterschiedliche Sichtweisen, aber mit Mitte 90 im gleichen Alter. Corona empfindet die eine als einschränkend, aber das Leben für sie wenig verändernd. Denn die Einsamkeit begleitet sie schon lange. Dankbar für kulturelle Angebote und das Leben im Seniorenheim ist die andere.
Zusammenhalt mit Abstand
Nach einem Musikvideo, das Landrat Olaf von Löwis klavierspielend mit dem Aufruf zum Zusammenhalt mit Abstand zeigte, kam mit Physiker und Patentanwalt Klaus Beckord ein Mann der Zahlen auf die Bühne. Sein Beitrag beschäftigte sich mit der Frage: Wie geht man mit Zahlen um? Wem vertraut man? Täglich neue Zahlen und keiner weiß woher.
Prost und Prosa Lyriker Volker Camehn. Foto: MZ
Lyriker Volker Camehn aus Otterfing war Verschwörungstheorien auf der Spur, setzte sich mit dem Jammern auf hohem Niveau auseinander und beleuchtete die Arbeit von Künstlern und Kunstschaffenden in Zeiten der Pandemie. Graffitikünstler Sandro Thomas erzählte in seinem Video vom 13.03.2020 und seinen Erlebnissen in Sachsen und der Grenzregion nach Polen. Hamsterkäufe allerorten. In Holzkirchen konnte er dann gemeinsam mit Jugendlichen seine „Kunst mit Abstand“ gestalten.
Michael Pelzer liest einen Text von Florian Bachmeier. Foto: MZ
Michael Pelzer las Passagen aus dem Tagebuch des Haushamer Fotografen Florian Bachmeier und die 21-jährige Alisa Nowak aus Holzkirchen beschrieb, was Covid 19 im April 2020 als Au-Pair-Mädchen in den USA mit ihr machte. Vier Wochen mit schlimmen Schmerzen gefangen in ihrem Zimmer, dann hilflos und verängstigt im Krankenhaus.
Aus „Quarantäne Blues“ von Jürgen Fiege und Peter Reuter
Aufmunternd wirkte das Video von Schauspieler und Musiker Ben Blaskovic aus Schliersee und fast schon fröhlich war der „Quarantäne Blues“ von Peter Reuter, den 2. Vorsitzende Becky Köhl vortrug. „Irgendwie fehlt ihr mir, na ja, nicht alle, aber doch die meisten.“
Die „Gedanken zum stillen Haus“ von Verena Wolf dokumentierten den Stillstand des Kulturbetriebs im Waitzinger Keller in Miesbach und ließen Kulturchefin Isabella Krobisch in stummer Verzweiflung „ratlos aus dem Fenster blicken“.
„Gedanken zum stillen Haus“. Foto: Max Kalup
Kein Text dazu, aber die Gefühle von Ingrid Huber, der Chefin des KULTUR im Oberbräu, dürften wohl ähnlich trist und trostlos gewesen sein angesichts der Dauerschließung ihres Hauses.
Andreas Kuhnlein „Stillstand 2020“. Foto: Screenshot
Da taten die folgenden Beiträge gut. Podcast und Video des Holzbildhauers Andreas Kuhnlein mit Auszügen aus seinem Corona-Tagebuch, seinen Arbeiten an Skulpturen und der Film „Stillstand 2020“.
Der evangelische Pfarrer Matthias Striebeck beschreibt in seinem Text „Die Reinkarnation der Venus von Willendorf“ die Sehnsucht nach Nähe in der Pandemie.
Isabella Winkler Kirchsee Tanz, Video von Andreas Blind. Foto: Screenshot
Und einen krönenden Abschluss findet dieser an Vielfalt reiche Vormittag mit dem Spitzenreiter aller Einsendungen zu Dokurona, dem Beitrag von Tanzpädagogin Isabella Winkler aus Holzkirchen mit dem wunderbar einfühlsamen „Kirchseetanz“.
Mit seinem „Glöckerltanz“ beschließt der Zither-Manä die Veranstaltung.
Landrat Olaf von Löwis und der Zither-Manä begleiteten die Präsentation von Dokurona. Foto: MZ
Monika Ziegler verweist auf die Ausstellung im Foyer des Kultur im Oberbräu mit Exponaten von Chris Rogl, Florian Bachmeier, Max Kalup, Jürgen Fiege, Sibylle Guttenberg, Monika Hennig, Waltraud Milazzo und den beiden Youngsters, der 10-jährigen Mona und der 13-jährigen Lisa Wagner.
Comics von Lisa und Mona Wagner.
Nach Ende der Präsentation blieben die Teilnehmenden und Gäste noch lange in der Ausstellung und im Kulturcafé beieinander und genossen die Gemeinschaft.
Michael Pelzer und Tochter Isabella Winkler. Foto: MZ
Markus Rüth interviewt Alisa Nowak. Foto: MZ