Die Trauer willkommen heißen
Übungsraum im Domicilium Weyarn. Foto: Karin Sommer
Symposium im Domicilium Weyarn
„Lebendige Trauer – Wege aus Sprachlosigkeit und Starre“ war der Titel des 17. Symposiums der Domicilium Akademie in Weyarn. Es wurde ein sehr intimer Tag – denn Sterben ist ein gesellschaftlich wichtiges Thema, aber auch ein sehr persönliches.
Den Beginn macht ein Gongschlag und die darauffolgende Stille. Sebastian Snela, erster Vorsitzender der Stiftung Domicilium begrüßt die vielen Gäste, die aus unterschiedlichen Gegenden Deutschlands und Österreich an die Domicilium Akademie gekommen sind, um sich dem herausfordernden Thema Trauer zu stellen. Gemeinsam mit seiner Vertreterin Susanne Ambros wird er durch den bewegten Tag führen.
Sebastian Snela und Susanne Ambros begrüßen die Teilnehmer. Foto: Karin Sommer
Nach einer sehr persönlichen Einführung von Bürgermeister Leonhard Wöhr beginnt auch schon der erste Vortrag, der gleich unter die Haut geht. Renate Blank, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Trauerbegleiterin spricht über den Umgang mit Lebenskrisen.
Trauer trifft uns alle
Neben ihrer fundierten Ausbildung bringt die Vortragende auch ihre Offenheit mit. Sie erzählt über ihre persönlichen Schicksalsschläge und verheimlicht auch ihre stark verringerte Lebenserwartung durch eine schwere Krankheit nicht.
Trauer treffe uns alle, stellt sie klar. Wir machen unzählige Krisen im Laufe unseres Lebens durch, seien uns aber oft nicht bewusst, dass wir sie gemeistert haben und stärker aus ihnen hervorgegangen sind.
Mitten durch den Schmerz
Es ist das erste, aber nicht das letzte Mal an diesem Tag, das die Trauer gewürdigt, sie willkommen geheißen wird. Sie sei ein gesundes, angeborenes Reaktionsmuster auf Verlusterlebnisse und brauche emotionalen und körperlichen Ausdruck. Es gäbe keinen Weg um den Schmerz herum, nur mitten durch ihn durch, meint die Trauerbegleiterin und überzeugt nicht nur durch ihre Worte, sondern ihre persönliche Ausstrahlung das Publikum.
„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, das etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, gleich wie es ausgeht.“ Vaclav Havel
Kerzen als Hoffnungsträger Bild: Pixabay
Nach gemeinsamem Singen mit einigen Teilnehmern der palliativ-spirituellen Fortbildung, die das Domicilium schon eine Woche lang beherbergt hat, nimmt eine weitere mutige Frau das Mikrofon in die Hand.
Kein Tag ohne Nacht
Isabell Schupp, Trauerbegleiterin, Schauspielerin und MBSR-Lehrerin, hat ihrem Vortrag den Titel „Loslassen – nein danke“ gegeben und schnell wird klar, dass auch sie ihre persönliche Verabredung mit der Trauer durchlebt hat. In ihrem Buch „Die Nacht bringt dir den Tag zurück“ teilt sie ihre Erfahrungen mit der Krebserkrankung und dem nach intensiven Jahren eingetretenen Tod ihrer sechzehnjährigen Tochter.
Sie liest Passagen aus dem Buch und erklärt wie hilfreich ihr Achtsamkeitstraining in den Jahren war, in denen sie ihre Tochter begleitete und auch besonders danach, als die Trauer boden- und endlos schien. Schrittweise lernte auch sie, wie heilsam es ist, den Schmerz anzunehmen. „Man kann nicht zu viel oder zu lange trauern“ meint sie, „nur zu kurz und zu wenig.“ In ihrem Institut „Blauer Falter“ bietet sie Seminare für Trauernde, die wieder Zuversicht gewinnen möchten.
Nach den berührenden Vorträgen gibt es erst einmal ein vegetarisches Mittagessen und dann entscheiden sich die Teilnehmer für eine von drei Arbeitsgruppen.
Vertiefung in Arbeitsgruppen
Isabella Schupp leitet die Arbeitsgruppe, in der mit dem Praktizieren von Achtsamkeitsübungen dem Wohlbefinden ein großes Stück näher gerückt wird. Christian Eder, zertifizierter Lehrer für Lu Jong, führt in die Übungen des tibetischen Yogas ein, die das Ziel haben, Körper und Geist zu stärken.
Die dritte Gruppe wird vom Neurologen Stefan Lorenzl geleitet, dem medizinischen Leiters der Domicilium Akademie. „Entscheidungen am Lebensende“ ist ihr Arbeitstitel. In der abschließenden Podiumsdiskussion wird aufgezeigt, dass es beim Sterben indes auch um sehr praktische Dinge geht. Wie beispielsweise um eine Vorsorgevollmacht, die neben der Patientenverfügung für alle Menschen wichtig sei, denen daran liegt, dass der von ihnen gewählte Mensch Entscheidungen treffen darf, wenn sie es nicht mehr können.
Der Trauer mit Achtsamkeit begegnen. Foto: Pixabay
Ein anregender, aufwühlender und gleichzeitig beruhigender Tag geht mit neuen Einsichten, Erkenntnissen und Erlebnissen zu Ende. Es ging um Trauer, auch viel um das Sterben. Und damit letztendlich auch ganz intensiv um das Leben. Um ein Leben bis zum Schluss.