Federnelken und unverschämte Wirtshausmusik
Federnelken zu Gast in der WeyHalla: Markus Gruetzner, Vroni Gast, Alfons Hefter, Pitzo B. Foto: Andreas Vogt
Doppelkonzert in Weyarn
Zwei Musikgruppen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, spielten ein großartiges Doppelkonzert in Weyarn in der WeyHalla. Doch Federnelken und die Unverschämte Wirtshausmusik haben einen gemeinsamen Nenner: starke Musik und unverblümte Sprache.
Girgl Ertl, der legendäre Hausherr der WeyHalla, die für künstlerische Vielfalt und urgemütliche Atmosphäre bekannt ist, war an diesem Abend etwas aufgeregt. Die erste Veranstaltung nach dem Sommer, die Kellnerin noch im Urlaub, beschloss Girgl Ertl, den Abend mit Unterstützung von Freunden zu bestreiten. Improvisationsgabe ist wohl ein Teil seines Erfolgsgeheimnisses und war die gefragte Qualität des Abends. Waren doch Otto Göttler und Geli Huber mit ihrer Unverschämten Wirtshausmusik als erster Programmpunkt geplant, waren aber irgendwo am Weg hängengeblieben.
Federnelken geben „Vollgas“
Kurz entschlossen änderten Federnelken den Programmablauf und füllten die gut besuchte WeyHalla mit ihrem Sound. Welche Musikrichtung sie spielen, können sie selbst nicht genau sagen. Irgendwo zwischen Funk, Blues, Rock liegt die Richtung der vier Musiker, die in dieser Formation seit dem Oktober 2018 zusammenarbeiten. Lieder und Texte schreiben sie selbst und erarbeiten sie gemeinsam. Ihr Sound ist durchdringend, direkt, tief und echt. Keiner der vier Musiker tritt zurück, spielt nur die Begleitung. Alle vier geben „Vollgas“ und das die ganze Zeit.
Unverblümt und mutig: Alfons Hefter und Vroni Gast. Foto: Andreas Vogt
Sängerin Vroni Gast singt mit durchdringender Stimme und ebenso direktem Blick über den Lauf der Zeit, an dem sich nichts ändern lässt, über die Anfänge, die immer leichter sind als das, was danach kommt und über Marianne Koch. Mit unverblümter Sprache, mit dem Mut derer, die nicht Jedermanns Liebling sein müssen, knallen Töne und Worte durch die Luft. Pitzo B und Markus Gruetzner verlangen ihren Instrumenten alles ab und Schlagzeuger Alfons Hefter rezitiert eines der Lieder, die er geschrieben hat. Ein berührendes, das sich vor dem Grab eines Freundes abspielt und wofür er seine Sonnenbrille aufsetzt, damit er nicht ganz so im Rampenlicht steht.
Lesetipp: Trouble Boys in der WeyHalla
Des Scheenste im Leb’n
Eine besonders erfrischende Zeile findet sich in einem Liebeslied. Kurz nach der Romantik – „wenn du mit Kürbiskernöl in die Suppe ‚ich liebe dich‘ schreibst“, kommt der Refrain: „Is Scheenste im Leb’n is, wenn der FC Bayern verliert.“ Provokant, witzig und irgendwie unverschämt und somit ganz auf der Linie der mittlerweile eingetroffenen zweiten Band des Abends, der „Unverschämten Wirtshausmusik“.
Bühnenprofis Geli Huber und Otto Göttler. Foto: Andreas Vogt
Eine komplett andere Musikrichtung ist der erste Eindruck – Harfe und steirische Harmonika, zweistimmiger Gesang, traditionelles, bayerisches Musikkabarett. Doch die Gemeinsamkeiten kommen schnell ans Licht. Nicht nur, dass sich Otto Göttler und Geli Huber ebenso freuen, wenn der FC Bayern verliert, nehmen sie sich genau wie die Federnelken kein Blatt vor den Mund. Manager der Autokonzerne kommen genauso schlecht weg wie Leute, die glauben, alles haben zu müssen und diejenigen, die eine fünfminütige WhatsApp-Pause in eine Existenzkrise stürzt.
Keiner ist unnütz
Aber was wären wir Menschen ohne unsere Schwächen? Schon Otto Göttlers Großmutter wusste, „dass keiner unnütz ist, sogar der Schlimmste kann noch als schlechtes Beispiel dienen“. Und so vergessen die beiden sozialkritischen Musikanten auch die Liebe nicht. Für die brauchen sie allerdings keine Worte, überlassen die Überbringung der Botschaft der Harfe und ihrer wunderbaren Ergänzung, der Konzertina, die auch den unromantischsten Zuhörer weich werden lässt.
Der Charme der Konzertina:
Und so wurde aus einem Abend, der mit viel Improvisation startete und mit viel Können und Enthusiasmus weiterging, ein sehr gelungener. Jetzt wartet die WeyHalla mit ihrer unverwechselbaren Atmosphäre auf die lange Reihe von Künstlern und Kunstbegeisterten, die im Herbst ihre vier Wände mit Leben füllen werden.