Echo einer musikalischen Weltreise
Echoes of Swing: Oliver Mewes, Bernd Lhotzky, Colin T. Dawson, Chis Hopkins (v.l.). Foto: Sascha Kletzsch
CD-Empfehlung der Redaktion
Wenn das kein Grund zum Feiern ist: „Echoes of Swing“ haben heuer ihr 20-jähriges Jubiläum – und gehen mit einer neuen CD auf Reisen: Travelin´. Harlem Stride – der Jazz der frühen 20er und 30er mit Quereinflüssen aus allen Richtungen und Inspirationen von Konzertreisen weltweit.
Wenn man wie Bernd Lhotzky (Piano) mit Colin T. Dawson (Trompete), Chris Hopkins (Alt-Saxofon) und Oliver Mewes (Schlagzeug) seit zwanzig Jahren in unveränderter Zusammensetzung gemeinsam Musik macht, stimmt die Chemie, stimmen die Interessen, beflügelt das Zusammenspiel. „Durch den intensiven Austausch entwickeln wir uns gemeinsam“, so Bernd Lhotzky „vor allem, weil alle seit ihrer Kindheit bereits intensiv in dieser Musik waren.“
Erstaunliche Swing Karrieren bereits in der Kindheit
Das ist wirklich bemerkenswert: Bernd Lhotzky spielte bereits mit neun Jahren den Maple Leaf Rag von Scott Joplin beim Musikwettbewerb Pianohaus Lang.
Chris Hopkins stieg frühzeitig tief in den Jazz ein. Neben Saxofon spielt er auch Klavier mit Lhotzky im Duo, ursprünglich lernte er Cembalo. Colin T. Dawson hatte das irre Privileg, schon als Zwölfjähriger in New Orleans in die echte Musik einzutauchen. „Er hatte Zugang aus erster Hand, wo wir anderen nur die Platten hörten“, beschreibt Lhotzky bewundernd, wie Dawson in New Orleans bei den Altvätern des Jazz Unterricht nahm und mitspielte. Der Vater von Oliver Mewes war Schlagzeuger: „Im Musikstil war Mewes uns anderen um zwanzig Jahre voraus, aber er hat angebissen auf die alte Form des Jazz“.
Foto: Colin T. Dawson, Chis Hopkins, Bernd Lhotzky, Oliver Mewes. (v.l.). Foto: Sascha Kletzsch
Ihre Musik will nicht Avantgarde sein, sondern Freude an den Neubearbeitungen des alten, swingenden Jazzstils vermitteln, aus immer neuen musikalischen Perspektiven. Echoes of Swing entführen auf eine Reise zurück in den klassischen Jazz der 20er bis 50er Jahre, um ihn in die Gegenwart zu holen und für die Zukunft zu gestalten.
Mit der Jubiläumstour wird die 20-jährige gemeinsame Reise zu den weltweiten Clubs und Festivals gefeiert. Hinter jedem Stück steckt eine Geschichte, die musikalisch mitreißt, wie gleich zu Beginn der „Orient Express“, der als orientalischer Boogie anrollt. Bernd Lhotzkys „Wrack der guten Hoffnung“ lädt zu einer Piratenfahrt ein und beim „Fiji Hula Bula“ kommt tropische Urlaubsstimmung auf. Dabei haben sie auf den Fiji Inseln beinahe ihren Schlagzeuger verloren, als eine Kokosnuss unmittelbar neben ihm zu Boden krachte.
Musikalischer Welttrip voller Geschichten
Es stecken viele Geschichten und Querverweise drin in dieser persönlichen Retrospektive, die vor allem eines soll: Den Zuhörern Spaß machen. So führt mit „Gan Hyem“ ein rasant swingender Ausflug in Colin Dawsons englische Heimat und Coleman Howkins „Disorder At The Border“ lässt den Brexit glatt vergessen. Mal sind die vier „En Auto“ unterwegs, mal per „Cabin In The Sky“ mit dem Flieger. Und geflogen sind sie viel in den vergangenen zwanzig Jahren. So verwundert auch nicht Bernd Lhotzkys im Harlem Stride swingendes „Volare“. Das Letzte Stück mit dem Titel „Wohin?“ legt schon einmal die Sehnsucht voraus – in die nächste Dekade.
CD-Cover: Travelin´; Kunstwerk: RobertGober. Foto: ACT
Die Kompositionen und Arrangements sind Gemeinschaftswerke. „Weil so viele unterschiedlichen Quellen angezapft werden, kann es auch auseinanderbrechen“, meint Bernd Lhotzky, „aber das besondere ist, dass es passt.“ Die unzähligen Querverweise auf die Epochen und Stile des Jazz und andere Einflüsse kann nur ein eingeweihtes Ohr heraushören. „Aber, was den Wirkungsgrad betrifft“, lacht Bernd Lhotzky, „drüber brauchen wir gar nicht nachdenken.“ Ihr liebstes Publikum ist nicht das Fachpublikum, sondern ein unvoreingenommenes, dem die Musik einfach gefällt. „Letztendes machen wir es vor allem aus Spaß“, sagt Bernd Lhotzky, „es ist keine politische Musik, sie soll keine ernsthafte Rolle erfüllen, sondern unterhalten. Aber es steckt wahnsinnige Mühe darin und deshalb ist sie wahrhaftig“.
Wer sich einlässt auf diese Weltreise durch den swingenden Jazz, wird feststellen: Reisen bildet. Denn dieses Quartett hat Stil, Eleganz, Finesse, Improvisationstalent und Humor in den zwanzig Jahren ihrer musikalischen Reise zur Perfektion gebracht.