Jazz zum Genießen
Echoes of Swing: Colin T.Dawson, Chris Hopkins, Bernd Lhotzky, Oliver Mewes (v.l.). Foto: Sascha Kletzsch
Konzert in Holzkirchen
Sie nennen sich „Echoes of Swing“ und feiern ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum in der exakt selben Besetzung. Das außergewöhnliche Jazzquartett verwöhnte seine Zuhörer mit einer Reise durch die Zeit, in der es sogar ein Stück von Franz Schubert zum Besten gab. Auch wenn es diesem vielleicht nicht gefallen würde.
Bernd Lhotzky (Piano) war das erste Mal in den 90er Jahren für ein Konzert nach Holzkirchen gekommen. Das Klavier, das ihm zur Verfügung gestellt worden war, hatte keine Pedale und wurde auf vier Bierkisten gehievt, ganz so, als ob es das Normalste der Welt wäre. Bernd Lhotzky spielte das Konzert damals trotzdem. Die Bedingungen hätten sich hier sehr verbessert, schmunzelte er zu Beginn des Konzertes im KULTUR im Oberbräu.
Bernd Lhotzky unterhielt mit Anekdoten das Publikum Foto: Andreas Vogt
Das Motto für das Konzert im Jubiläumsjahr der Band war das Reisen. An unzähligen Orten waren die vier Musiker im Laufe der Jahre gewesen und auch die zwei gemeinsamen Jahrzehnte und die damit verbundene musikalische Entwicklung waren bestimmt eine Reise für sich.
Vom Orientexpress nach Italien
Der musikalische Streifzug an diesem Abend begann im Orient Express, gab den schnellen Rhythmus für den restlichen Abend vor und machte Lust, sich den vier Vollblutmusikern auf ihrer Reise anzuschließen. Für diese hatten sie die Stücke mit Sorgfalt ausgewählt. Es gab wenige populäre Songs wie zum Beispiel das Lied „Volare“, das aber nichts mit der herkömmlichen Version zu tun hat, sondern jazzig, groovig an die Zeiten des Höhepunktes des Swing Tanzes in den USA erinnert.
Schnelligkeit und Poesie
Wenn sich auch die meisten dargebotenen Stücke im atemberaubenden schnellen Rhythmus bewegten, der grandios von Oliver Mewes am Schlagzeug unterlegt wurde, kamen auch die poetischen, langsamen, nicht zu kurz. Sanft fügte sich das Schlagzeug in die Melodie ein, ganz so, als ob es Noten spielen würde.
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Echoes of Swing in Höchstform Bernd Lhotzky, Oliver Mewes und Colin T.Dawson. Foto: Andreas Vogt
Colin T. Dawson (Trompete und Vocals) erinnerte sich ebenfalls an vergangene Momente in Holzkirchen. Seinen letzten Auftritt im Oberbräu bestritt er mit nur einem gesunden Arm. Mit dem linken, in Gips fixiert, konnte er keinen Dämpfer benutzen. Diesmal war er in Hochform und wechselte sich mit Chris Hopkins (Saxofon) in grandiosen Soli ab, erklomm mit seinem Instrument schwindelte Höhen und verzauberte mit weicher Gesangstimme in gefühlvollen Songs.
Von Schubert ist nichts zu befürchten
Besonders interessant gestalten die Musiker Werke klassischer Komponisten. Die Bearbeitung des Liedes „Wohin“ aus dem Liederzyklus „die schöne Müllerin“ von Franz Schubert hätte diesem wohl nicht gefallen, glaubt Bernd Lhotzky, aber von ihm sei ja nichts zu befürchten.
Hören Sie mal rein: „Azzurro“ – von Echoes of Swing
Deshalb genoss das Publikum das ungewöhnliche Arrangement von Schuberts Werk genauso wie das von Sebastian Bach, der auch kaum wiederzuerkennen war. Um dann wieder einen historischen Sprung zu tätigen, um ins zwanzigste Jahrhundert zu gelangen. 1902 schrieb Scott Joplin „The Ragtime dance“ und wäre bestimmt begeistert von der Version des ungewöhnlichen Quartetts.
Der Wille zur Exzellenz
Egal ob Schubert, Bach, Duke Ellington oder Eigenkompositionen, in allen dargebrachten Stücken spiegelt sich die langjährige Begeisterung für den Jazz und der unbändige Wille zur Exzellenz, der die vier Musiker eint.
Echoes of Swing am Ende nach der zweiten, fulminanten Zugabe Foto: Karin Sommer
Colin T. Dawson stammt aus dem Norden Englands. „Ganz oben, aber nicht Schottland“, wie er insistiert. Seit vielen Jahren lebt er in München. Am Tag des „Brexit-Referendums“ beantragte er die deutsche Staatsbürgerschaft. „The old country“ ist das Lied, das er daraufhin komponiert hat. Schön, dass er jetzt deutscher Staatsbürger ist. Somit steht weiteren Gastspielen im Landkreis nichts im Wege – auf Klavieren mit Pedalen, mit zwei gesunden Armen und immer gleicher, weil großartiger Besetzung. Zum Weiterhören zu Hause gibt es die neu erschienene CD „Travelin“.
CD-Cover: Travelin´; Kunstwerk: RobertGober. Foto: ACT