„Ente, Tod und Tulpe“ – für den Fall der Fälle
Heiki Ikkola und Martina Couturier. Foto: Markus Liebereut
Theater in Holzkirchen
Wie ist das, wenn der Tod langsam lebendig wird und das Leben sich dem Ende nähert? Es ist hinreißend und tief berührend, es ist komisch und es lässt still werden, wenn es so dargeboten wird wie von Martina Couturier und Heiki Ikkola.
„Ente, Tod und Tulpe“ heißt das Kinderbuch von Wolf Erlbruch, das unter der Regie von Jörg Lehmann als Schauspiel für Jung und Alt, mehrfach preisgekrönt, jetzt Station im Foolstheater im KULTUR im Oberbräu machte und das Publikum zum Lachen brachte und gleichzeitig zutiefst bewegte.
Im Grunde genommen weiß der Zuschauer von der ersten Minute an, dass es um Leben und Sterben geht, denn der Tod als Handpuppe erscheint als erstes, begleitet von der Tulpe, das Symbol für Vergänglichkeit einerseits und von Liebe andererseits. Und auf der anderen Seite der Bühne erscheint als Zeichen des Lebens die Ente. Heiki Ikkola verschmilzt nachgerade mit seiner Handpuppe, er ist das blühende Leben, ärgert sich über den nervenden Wecker, aber wenn sie wach ist, die Ente, dann sprüht sie vor Lebensfreude.
Im Hintergrund, zunächst stocksteif und mit dem Rücken zum Publikum, Martina Couturier, der weibliche Tod, immer dabei immer präsent. „Schön, dass du mich endlich bemerkst“, sagt die Tödin, denn sie sei immer in der Nähe, für den Fall der Fälle, denn für den Unfall sorge das Leben. Welch tief philosophischer Satz.
Die Ente trocknet dem Tod die Füße ab. Foto: Monika Ziegler
Und dann beginnt die Bekanntschaft der beiden, wobei es die Ente schafft, dem Tod das Leben näher zu bringen. Sie tauchen miteinander im Teich, allerdings ein bisschen zu lang, denn der Tod hat schon blaue Lippen und muss vom Leben, der Ente also, gewärmt werden. Eigentlich ist er ganz nett, meint sie, wenn man nicht wüsste, wer er ist. Aber liebevoll trocknet sie ihn ab und wärmt ihn.
Freude, auf der Welt zu sein
So ein Angebot hatte der Tod noch nie und er oder sie genießt es sichtlich. Martina Couturier schaut anfangs schon ein bisschen zum Fürchten aus in ihrer weißen Maske, den karierten kühlen Kleidern und der Badekappe, aber zunehmend lässt sie sich von der Lebensfreude der Ente anstecken. Heiki Ikkola kugelt über die Bühne, er symbolisiert in allen Bewegungen der quicklebendigen Ente, wieviel Freude es ist, auf der Welt zu sein.
Untermalt wird die Begegnung der beiden Welten durch die Musik von Marie Elsa Drelon. Immer wiederkehrende Melodien, verrückte Geräusche produziert die Musikerin und wird von der Ente auch in das Spiel mit einbezogen. Das Spiel, was ist es eigentlich? Theater? Puppenspiel? Pantomime? Tanz? Akrobatik? Alles zusammen und dazu eine Menge Tiefgang, eine Menge Philosophie, die sich nur in kurzen Fragen äußert.
Ein letztes Spiel
Werde ich als Ente, wenn ich gestorben bin, ein Engel oder werde ich in der Hölle gebraten? Was kommt hinter dem Horizont? Ein neuer Tag. Ein geschickter Regieeinfall ist die Diashow. Es heißt ja, dass am Ende des Lebens der ganze Film noch einmal abläuft. Also zeigt die Ente Dias, von der Geburt an, über die Reise ans Meer oder nach Paris. Und überall ist der Tod mit auf den Bildern. Für den Fall der Fälle.
Und dann kommt ein letztes Spiel. Die Ente verliert immer wieder und muss singen. Heiki Ikkola darf noch einmal ganz groß aufdrehen. „When I am sixty-four“, „A hard days night“, aber dann schon ruhiger mit „Yesterday“. Das Lebens neigt sich, der Ente wird kalt. Was dann kommt, entzieht sich der Beschreibung, der Worte. Das muss man gesehen, erlebt, gefühlt haben und danach wissen: Der Tod ist zärtlich.
Ein großartiges Stück, von den beiden Schauspielern Martina Couturier und Heiki Ikkola kraftvoll, schlicht und überzeugend dargestellt.