Wenn der Geist rasiert wird

Vom Konzert von erlesene oper e.V. im November 2023 „Der Untersberg“. Foto: Bertram Zehetbauer

Oper in Chiemgau

Mit der Inszenierung von „Der Rothmantel“, einer heiteren Oper von Paul Heyse und Georg Kremplsetzer, setzt Georg Hermansdorfer sein Anliegen mit seinem Verein erlesene oper e.v. fort. Er will unbekannte oder vergessene Opern wieder zum Leben erwecken.

Dieses Anliegen verfolgte er dreißig Jahre lang in Maxlrain und wirkt jetzt seit 2011 in Halfing im Chiemgau. Der studierte Musiklehrer und musikalische Leiter des Ensembles hat das gesamte Aufführungsmaterial nach Handschriften der Münchner Staatsbibliothek mit ca. 1800 Seiten aufbereitet und gedruckt.

Erlesene Oper, der Vereinsname sei Programm, sagt Georg Hermansdorfer, denn er bringe das auf die Bühne, was er erlesen habe. So also habe er den Bayerischen Komponisten Georg Kremplsetzer aus Vilsbiburg entdeckt, der eine einaktige Oper nach Wilhelm Busch vertont habe. Seine Operette „Der Vetter auf Besuch“ wurde am Münchener Hoftheater und später in Berlin aufgeführt.

erlesene Oper e.V.
Georg Hermansdorfer beim Konzert „Der Untersberg“. Foto: Bertram Zehetbauer.

Eine traurige Biografie habe er gehabt, denn nach erfolgreichem Start als Konzertmeister am Gärtnerplatztheater habe er diese Oper „Der Rothmantel“ komponiert und ihm sei eine große Zukunft als Komponist vorausgesagt worden, aber er starb bereits 44-jährig.

In der Künstlergesellschaft „Die Jung-Münchner“, in denen auch Wilhelm Busch und Paul Heyse verkehrten, wurde er wegen seiner heiteren, ausgelassenen Musikszenen sehr geschätzt. „Das war der Dreh- und Angelpunkt der Künstlerkreise in München“, erzählt Georg Hermannsdorfer.

Paul Heyse, der erste deutsche Literaturnobelpreisträger, ist mehr durch die nach ihm benannte Unterführung bekannt. Er war indes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren. Theodor Fontane und sein Dichterkollege Theodor Storm meinten sogar, dass die zweite Hälfte des Jahrhunderts einmal als „die Paul-Heyse-Epoche“ bezeichnet worden sei.

Dass Heyse auch Opernlibretti verfasste, die von Georg Kremplsetzer vertont und am Münchner Hoftheater aufgeführt wurden, ist dann wirklich nur noch Insidern bekannt.


Bei der Probe zu „Der Rothmantel“, in der Mitte Leiter Georg Hermansdorfer. Foto: erlesene oper e.V.

In „Der Rothmantel“ geht es um die Erlösung von einem Geist, dem Rothmantel, der auf einem Schloss wütet. Der junge Held Franz will ihn erlösen, um damit seine Angebetete Mela zu bekommen, denn ihm wird eine Menge Geld versprochen. „Er erkennt, dass er den Geist rasieren muss, um ihn zu erlösen“, erklärt Georg Hermansdorfer.

Das Werk wurde 1868 am Hoftheater München uraufgeführt, zeitgleich mit der Aufführung der großen Wagner-Opern. „Da Erlösung das zentrale Thema fast aller Musikdramen Wagners ist, dürfte „Der Rothmantel“ als Parodie auf ihn zu sehen sein“, meint der Musiker.

Die Musik sei sehr melodiös, wunderschön, spritzig und frech, sagt er. Zu seiner Zeit hätten die Münchner Krempelsetzers Ohrwürmer auf der Straße gepfiffen. Sie ist ähnlich der von Albert Lortzing, spätromantisch, meint der Dirigent. „Für uns war es eine Entdeckungsreise“, man erspiele sich in den Proben das Stück und alle seien begeistert. „Es gibt so tolle witzige Stücke, wie eingangs das Quartett von vier Ratschkathln.“

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Kayo Hashimoto, Andreas Agler in der Oper „Der Scheintote“ von Ferdinando Paër. Foto: Nicole Richter

Der Verein erlesene oper e.V. stehe aber nicht nur für die Aufführung unbekannter Opern, sondern auch dafür, jungen Kulturschaffenden eine Bühne zu geben. „Wir haben wieder einige Debütanten dabei“, informiert Georg Hermansdorfer, der für sein Engagement bereits zahlreiche Auszeichnungen erhielt.

So spielen zahlreiche Schüler und Studentinnen im Orchester oder auf der Bühne mit und haben die Gelegenheit, Oper aktiv zu erleben und mitzugestalten. Einige davon, die hier erste Bühnenerfahrungen sammelten, sind inzwischen Profis auf den großen Bühnen, wie etwa Bayreuth geworden. „Oder Rudi Maier-Kleeblatt hat sie für das Freie Landestheater abgeworben“, meint der Musiker. Aus dem Landkreis Miesbach aber sitzt die Geigerin und Regisseurin Steffi Baier im Orchester. Und Georg Hermansdorfer selbst spielt auch mal bei Andreas Kern im Tegernseer Volkstheater mit.

Vor einigen Wochen kam die erste CD von erlesene oper e.V. heraus. Die weltweit erste Einspielung von Daniel François Esprit Aubers Oper „La Part du diable“ wurde im Rosenheimer Ku’Ko von Toni Stigloher aufgenommen und vom schwedischen Label Sterling produziert.

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Flyer: Gerd Gruber

„Der Rothmantel“ wird am Freitag, 26.4. 2024 um 19.30 Uhr und Sonntag, 28.4.2024 um 16.00 Uhr im Marstall des Schlosses Pertenstein (Schloßstraße 4, 83301 Traunreut) aufgeführt.
Ebenso im Rahmen des Musiksommers zwischen Inn und Salzach: Samstag, 4.5.2024 um 19.30 Uhr und Sonntag, 5.5.2024 um 16.00 Uhr Ballhaus Rosenheim (Weinstraße 12, 83022 Rosenheim).
Es singen und spielen Solisten, Chor und Orchester des Vereins erlesene oper e.v. Halfing. Inszenierung und musikalische Leitung: Georg Hermansdorfer.
Vorverkauf: TicketZentrum Kroiss Rosenheim oder Tel. 08031 15001 sowie info@erlesene-oper.de oder Tel. 0157 30973255 oder alle Vorverkaufsstellen Scharf-Ticket Tel. 08652-2325 und www.ticketscharf.de

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