Erni Mangold: Lassen Sie mich in Ruhe
Schauspielerin Erni Mangold und Jornalistin Doris Priesching. Foto: Petra Kurbjuhn
Waldviertler Vollmondgespräche
Sie ist als Schauspielerin im Theater, Film und Fernsehen bekannt. Zu ihrem 90. Geburtstag erschien eine Neuauflage des Buches, das Doris Priesching aus ihren Erzählungen schrieb. Was diese Frau so faszinierend macht, erlebten die Zuschauer jetzt in Waidhofen/Thaya.
Wie ein junges Mädchen eilte die Schauspielerin die Treppe hinauf auf die Bühne. Rank und schlank, in hohen roten Absatzschuhen, das lange Haar hinten zusammen gebunden, lachend, präsent, widerborstig und aufmüpfig, so stand sie auf der Bühne und erzählte. Frank und frei, humorvoll, lebhaft, launig, aber auch kritsch und widerständlerisch.
Wer ihr Buch gelesen hat, kennt diesen Ton, der vor nichts halt macht, insbesondere nicht vor Männern, die Frauen als Freiwild betrachten oder vor Wichtigtuern und Machtbesessenen. Wer schon einmal mit ihr zu tun hatte, der weiß, dass sie nicht einfach ist. Da muss man sich schon gefallen lassen, am Telefon abgeschmettert zu werden mit: „Was wollen Sie? Wer sind Sie überhaupt? Lassen Sie mich in Ruhe.“ Lässt man sich von dem harschen Ton nicht abschrecken und gelingt es, die Schauspielerin einzuladen, dann erlebt man eine wunderbare Frau.
Erni Mangold und Michael Haneke in der Kulturbrücke Fratres. Foto: Petra Kurbjuhn
KulturVision e.V. gelang es, sie gemeinsam mit Oscar-Preisträger Michael Haneke 2013 zu dem Thementag „Liebe“ in die Kulturbrücke Fratres im Waldviertel einzuladen, wo sie das Publikum mit ihrer einnehmenden Art begeisterte. Jetzt also kam sie zur Waldviertler Akademie, die mit ihrem neuen Format der Vollmondgespräche Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft ermöglichen möchte.
Ihre Gesprächspartnerin war Doris Priesching, Journalistin vom Standard, Wien, die sich durch Absagen Erni Mangolds nicht entmutigen ließ und sie letztlich überzeugen konnte, ein Buch mit ihr zu machen. „Du warst nicht die Schlechteste“, lobte die Schauspielerin und erzählte, man sei sich über die Körperlichkeit näher gekommen. Die Journalistin nämlich habe ihre Spannkraft bewundert, woraufhin sie ihre Muskeln testen durfte.
Krafttraining mit 90
„Ich habe schöne Muskeln“, verkündete die Mangold, aber das seien nicht die Gene allein, dafür müsse man etwas tun. Nicht nur bewusst und qualitativ hochwertig essen, sondern auch Krafttrainig machen. Zweimal wöchentlich arbeite sie mit Hanteln, 30 kg, da müsse man schon streng zu sich sein, denn manchmal denke sie, das halte ich nicht aus.
Mit Kosmetik habe sie es nicht so, aber man müsse sich mögen, sagte die 90-Jährige, auf den Körper schauen, nicht zu viel arbeiten. Jetzt allerdings möge sie sich nicht, habe sich zu viele Termine aufgehalst, aber das werde besser, am 12. Dezember habe sie die letzte Theatervorstellung in Wien, Film und Fernsehen allerdings werde sie weiter machen. Gerade mache sie zwei Filme, einen mit Josef Hader und einen über einen Nazi in Oberösterreich, der dort unbehelligt gelebt habe. „Und das Land Oberösterreich fördert diesen Film nicht“, verkündete sie.
Erni Mangold. Foto: Petra Kurbjuhn
Auf ihre geistige Fitness angesprochen, erklärte die Mangold, dass sie neugierig sei, gern mit Menschen spreche, nicht in der Vergangenheit wühle, gern lese und Sport und Nachrichten im Fernsehen sehe. Das Texte lernen erledige sie über Bilder, nur bei Gedankensprüngen müsse sie auswendig lernen oder halt improvisieren, was den jeweiligen Partnern Probleme bereite.
Zum Thema Partner erzählte sie von zwei Produktionen, bei denen sie mit sehr jungen Männern Sexszenen zu spielen hat. Im Film „Der letzte Tanz“ sind das sehr feine und berührende Bilder. Zur großen Erheiterung des Publikums zeigte sie unter Körpereinsatz wie sie sich bei dem aktuellen Film „Der 101-Jährige, der seine Rechnung nicht bezahlte“ gegen die Anweisung des Regisseurs in einer erotischen Szene wehrte und ihre Version durchsetzte.
Die Mangold mit vollem Körpereinsatz. Foto: Petra Kurbjuhn
Erni Mangold war auch Professorin in Wien und erzählte, dass es die Schauspieler heute viel schwerer hätten als früher, aber ein kollegialerer und angenehmerer Ton herrsche. Ihre liebsten Rollen seien die gewesen, wo sie sich alles habe erlauben dürfen und überhaupt sei sie die berühmteste Schauspielerin, denn ihr Name stehe im Duden.
Und wer mehr über sie wissen wolle, ihre berühmten Freunde und Kollegen, der solle halt das Buch lesen. Wenn sie sich mal von der Schauspielerei verabschieden werde, dann werde es ihr dennoch nicht langweilig, denn sie könne viel mit sich anfangen, zumal sie ihr Leben im Waldviertel sehr liebe.
Am Ende des Gespräches ließ sich die Schauspielerin, die den Abend stehend verbracht hatte, in einen Sessel fallen, streckte die Füße in den roten High Heels weit hoch und strahlte. Den Wein nehme sie gern an, „lieber als Blumen!“