Moderne tschechische Kunst erstmalig in Deutschland
Vlastimil Slabý, Tomáš Pergler, Teodor Buzu, Annett Browarzik und Bürgermeisterin Ingrid Pongratz (v.l.). Foto: Isabella Krobisch
Ausstellung in Miesbach
Der Termin war Zufall, hätte aber besser nicht gewählt werden können. Am 8. Mai jährte sich zum 73. Male das Ende des 2. Weltkrieges. Und am 8. Mai wurde ein völkerverbindendes Kulturprojekt im Waitzinger Keller im Miesbach eröffnet. Es umfasst Tschechien, Österreich und Bayern.
Möglich wurde es durch die Zusammenarbeit des Kulturamtes Miesbach und dem Verein KulturVision. Dieser unterhält seit langem enge Beziehungen zur Kulturbrücke Fratres in Niederösterreich. Anliegen dieser Initiative ist es, eine kulturelle Brücke zwischen Österreich und Tschechien zu bauen. Maßgebend dafür ist auch der Verein „Together“, der seit 15 Jahren alljährlich ein Symposium internationaler Künstler im niederösterreichischen Waldviertel abhält. Künstlerischer Leiter ist der Maler Teodor Buzu aus Tábor, gebürtiger Moldawier.
Gemeinsames Ausstellungskonzept von et cetera…
Mitglieder von KulturVision e.V. besuchten regelmäßig die Finissagen des Symposiums und lernten dabei auch den Fotokünstler Vlastimil Slabý und den Bildhauer Tomáš Pergler kennen. Als sich die drei Künstler jetzt zur Gruppe et cetera… zusammenschlossen und ein gemeinsames Ausstellungskonzept erarbeiteten, entstand die Idee, sie nach Miesbach einzuladen. Gemeinsam mit Isabella Krobisch, ehemaliger Vorsitzender von KulturVision e.V. und jetziger Leiterin des Waitzinger Kellers, konnte das Vorhaben jetzt umgesetzt werden.
et cetera…: Teodor Buzu, Tomáš Pergler und Vlastimil Slabý (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Bürgermeisterin Ingrid Pongratz war von der Präsentation der drei tschechischen Künstler sehr angetan und freute sich über die länderübergreifende kulturelle Zusammenarbeit. Auch Annett Browarzik, kommissarische Leiterin des Tschechischen Zentrums München, gab ihrer Freude Ausdruck, dass hier in Miesbach erstmalig in Deutschland die Künstlergruppe et cetera.. ausstellen konnte. Das Tschechische Zentrum entspricht etwa dem Goetheinstitut und setzt sich dafür ein, dass die moderne Kunstszene Tschechiens im Ausland präsentiert wird.
Vlastimil Slabý: Stillleben. Foto: Petra Kurbjuhn
Betritt man die Ostseite des Kulturzentrums, wird man im Treppenhaus von den Schwarz-Weiß-Fotografien von Vlastimil Slabý empfangen. Dem Absolventen der Prager Fotoschule ist die Harmonie von Licht und Schatten wichtig. Er sagt: „Wir bewegen uns in einem Raum, wo sich Dunkelheit und Helligkeit abwechseln.“ Das sei die Grundlage der Fotografie. Wenn sich nun Dunkel und Hell vermischen, dann entstehe Harmonie, ebenso wie bei der Begegnung von Menschen. Seine Stillleben tragen die Bezeichnung zu Recht, es sind stille harmonische Fotokunstwerke von Alltagsgegenständen, die bei den zahlreichen Besuchern großes Interesse hervorriefen.
Teodor Buzu: Traum. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch Teodur Buzus Werke fanden großen Anklang. Seine feine Seidenmalerei bezeichnete Ingrid Pongratz als weich und die Empfindung weit öffnend. „Wir sind hierhergekommen, um die Energie des Ostens zu zeigen“, sagte der Künstler aus Tábor, der im moldawischen Charkow die Kunstakademie absolvierte. Die bildende Kunst benötige keine Übersetzung und so könnten die Sehnsüchte und Träume ihrer Künstlergruppe direkt nach bayern transportiert werden.
Energie aus Bayern nach Tschechien
Im Gegenzug würden sie wie Bienen den Nektar sammeln, die Energie der Menschen und der Umgebung hier in Bayern aufsammeln und daraus daheim in Tschechien wieder neue Werke schaffen. So reist ein Stückchen Bayern gen Osten und ist die Grundlage für neue tschechische Kunst.
Tomáš Pergler: Das große Bier. Foto: Petra Kurbjuhn
Tomáš Pergler ist Absolvent der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag. Der Bildhauer hat Holzskulpturen sehr unterschiedlicher Themen mit nach Miesbach gebracht. Er verarbeitet dichtes Holz, wie Bergahorn, Akazie, Eiche, Platane und bearbeitet sie mit Beil und Meißel. Oft sind seine Werke voll von sarkastischem Humor. Aber er hat auch dem Reformator Jan Hus, der vor 600 Jahren in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, ein Denkmal gesetzt. Dem Thema, das Bayern und Tschechien verbindet, dem Bier, widmete er seine Arbeit „Großes Bier“, darin leuchten zwei Lampen, gelb für die Gerste und grün für den Hopfen.
Werke fanden Absatz
Zur großen Freude der drei Gäste aus Tschechien wurden bereits zur Vernissage Werke verkauft, so erwarb die Stadt Miesbach eine Skulptur von Tomáš Pergler und ein Bild von Teodor Buzu, Fotografien von Vlastimil Slaby gingen an Kunstfreunde.
Der Akkordeonist Marko Sevarlic. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Vernissage geriet zu intensiven Kulturbegegnungen, da im Vorfeld die 29. Ausgabe der Zeitung KulturBegegnungen präsentiert wurde und somit Künstler unterschiedlichen Genres zusammentrafen. Wesentlich zum Gelingen trug der serbische Akkordeonist Marko Sevarlic bei, der ganz meisterhaft die südöstliche Mentalität, den Wechsel von Melancholie und Lebensfreude musikalisch transportierte. Auch hier fanden neue Begegnungen zwischen Musikern statt.