Die Fledermaus

Flott und fulminant: die neue Fledermaus

Das Ensemble des FLTB in „Die Fledermaus“. Foto: MH

Operettenpremiere in Miesbach

Einen Volltreffer landete das Freie Landestheater Bayern mit seiner Neuinszenierung der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß im Kulturzentrum Waitzinger Keller in Miesbach. Hier passte einfach alles. Gesangs- und Orchesterleistungen unter der bewährten Leitung von Rudolf Maier-Kleeblatt sowie Regie und Bühnenbild rissen das zahlreich erschienene Publikum zu wahren Beifallsstürmen hin.

Geschäftsführer und stellvertretender Intendant des FLTB Andreas Haas begrüßte vor fast ausverkauftem Haus Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider als Ehrengäste des Nachmittags. Gleichzeitig gab er seiner Freude Ausdruck, dass die Premiere nach pandemiebedingter Verschiebung nun endlich stattfinden konnte.

Flott und fulminant

Die Ouvertüre, die schon im Vorfeld zahlreiche musikalische Höhepunkte der Operette zusammenfasst und die Zuhörerschaft glänzend auf die Geschehnisse einstimmt, präsentiert sich flott und fulminant. Rudolf Maier-Kleeblatts kluges, intensives Dirigat lässt das Orchester einen vollen Wohlklang verströmen, der während der gesamten Vorstellung scheinbar mühelos aufrechterhalten wird.

Neben der Orchesterleistung tragen auch das farbenprächtige Bühnenbild und die stimmigen Kostüme von Anne Hebbeker sowie Ulrich Proschkas heiter-fröhliche Personenregie zum Publikumserfolg bei. Die Inszenierung macht den Menschen einfach Spaß. Man sieht es an wippenden Bewegungen, hört es am Raunen und spontanem Gelächter und spürt die Freude in den entspannten Gesichtern der Zuhörenden.

Leidenschaft, Liebe und Lügen

Eine große Bandbreite von Gefühlen und menschlichen Verhaltensweisen sind in dieser populären Operette exemplarisch dargestellt. Johann Strauß malt in seinem 1874 in Wien uraufgeführten Werk ein zeitgemäßes, die Zeiten überdauerndes Sittenbild. Hier ist alles vorhanden, was das Leben so bietet. Leidenschaft, Liebe, Lügen, Intrigen, menschliche Schwächen und Champagnerseligkeit lassen das Stück mit seinen eingängigen Texten, zeitlosen Wahrheiten und mitreißenden Kompositionen nicht nur zu Silvester und im Fasching zu einem Dauerbrenner werden.


Stephan Lin als Alfred und Kurt Schober als Gabriel von Eisenstein. Foto: MH

Dem Freien Landestheater Bayern gelingt in seiner Neuinszenierung genau dieser Spagat nahezu perfekt. Bayerisch-wienerische Texte und witzige Pointen mit örtlichem und zeitlichem Bezug werden gewürzt mit großer Spielfreude und urkomödiantischen Passagen, die das Publikum mit Szenenapplaus goutiert. Die bekannten, pfiffigen Melodien, die von den Sängerinnen und Sängern lustvoll und mit hohem Können gestaltet werden, sind natürliche Garanten für den Erfolg der Premiere.

Die Rache der Fledermaus

Und so schreitet sie fort, die Rache der Fledermaus alias Dr. Falke, der sich für einen früheren Streich seines Freundes Gabriel von Eisenstein bei diesem revanchieren will. Kurt Schober singt den Eisenstein mit gleichbleibend guter Phrasierung und klaren, einschmeichelnden Höhen seiner Tenorstimme. Dabei gestaltet er seine Rolle mit eindrücklichem Schauspiel und großer Spielfreude.

Bereitwillig folgt er dem Rat seines Freundes Dr. Falke, der ihn einlädt, sich beim Fest des Prinzen Orlofsky zu amüsieren und wirft sich sogleich in Schale. Andreas Fimm glänzt als Fledermaus und besticht sowohl sängerisch als auch darstellerisch. Die Rolle des Intriganten scheint ihm auf den Leib geschneidert.


Stephan Lin als Alfred und Rosalinde (Katharina Burkhart). Foto: MH

Rosalinde von Eisenstein, von Katharina Burkhart mit hellem Sopran und vortrefflicher Bühnenpräsenz in rosa Kleid interpretiert, lässt ihren Gemahl gern in seinen mehrtägigen Gefängnisaufenthalt ziehen, den Eisenstein wegen Beleidigung antreten muss. Schließlich gibt sie auch dem Kammermädchen Adele frei, das von Andrea Jörg mit strahlendem Sopran gesungen und lindgrün mit Staubwedel ausgestattet ins Bild gesetzt wird.

Denn Rosalinde hat ja noch etwas vor an diesem Abend. Sie will ihren Jugendfreund, den Gesangslehrer Alfred, empfangen. Stephan Lin erscheint im beigefarbenen Mantel, feurig und schwarzgelockt und betört seine Angebetete sogleich schmetternd und schmachtend mit seinen Arien. Als aber der Gefängnisdirektor Frank auf den Plan tritt, um Eisenstein abzuholen, bleibt Alfred aus Rücksicht auf Rosalinde nichts anderes übrig, als deren Ehemann zu geben und sich ins Gefängnis abführen zu lassen.

Die Partie des Gefängnisdirektors füllt Philipp Gaiser in der gesamten Aufführung sängerisch und mit komödiantischem Talent bravourös aus. „Trinke, Liebchen, trinke schnell“ singen Alfred, Rosalinde und Frank sich gefühlvoll zuprostend im Finale des 1. Akts.

„Ich lade gern mir Gäste ein“

Ein wahres Feuerwerk an bekannten, zum Mitsingen und Mitswingen animierenden Melodien beschert der 2. Akt der Fledermaus. Im Gartensaal des jungen russischen Prinzen Orlofsky, großartig interpretiert von der Mezzosopranistin Carolin Ritter, verspricht Dr. Falke, dass es heute Abend noch viel zu lachen gäbe. Eisenstein tritt als Marquis Renard auf, Adele wird als junge Künstlerin Olga vorgestellt.


Rosalinde und Orlofsky (Carolin Ritter). Foto: MH

Gefängnisdirektor Franke wird als Chevalier Chagrin in die Gesellschaft eingeführt und selbst die als ungarische Gräfin verkleidete Rosalinde erscheint. Niemand ist hier der, der er zu sein vorgibt. Ob „Ich lade gern mir Gäste ein“ von Orlofsky eingangs augenzwinkernd gesungen oder Adeles „Mein Herr Marquis“, stets setzen sich die Sängerpersönlichkeiten famos in Szene.

Der glänzend aufgelegte Chor des Freien Landestheaters Bayern trägt sein Übriges zum Gelingen der Vorstellung bei. Wortwitz und Wortspiele kommen beim Publikum mit großer Heiterkeit an. Schließlich ist die französische Sprache ja auch wirklich schwer und bedarf genauester Betrachtung.


Rosalinde, Adele (Andrea Jörg) und Eisenstein. Foto: MH

Höhepunkte sind das berühmte Uhren-Duett zwischen Rosalinde und Gabriel von Eisenstein und der Chorwalzer „Brüderlein und Schwesterlein“. Champagnerlaune und Frohsinn sind angesagt, als Eisenstein vor allen Gästen preisgibt, wie er vor Jahren Dr. Falke blamierte, als er ihn in seinem Fledermauskostüm lächerlich machte. Aber wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Mit Frosch im Gefängnis

Am nächsten Morgen muss sich der Zellenschließer Frosch im Gefängnis noch mehrmals mit seinem Sliwowitz „desinfizieren“. Dank Corona weiß inzwischen jeder, wie wichtig Händewaschen und Desinfektion sind und so kann sich der schwer betrunkene Frosch kaum mehr auf den Beinen halten. Der Tölzer Schauspieler und Sänger Markus Eberhard würzt die Sprechrolle mit Pointen aus der Pandemie und Situationskomik mit örtlichem Bezug.

Die Fledermaus
Philipp Gaiser als Frank und Markus Eberhardt als Frosch. Foto: MH

Gefängnisdirektor Frank hat bei Prinz Orlofskys Party auch zu tief ins Glas geschaut und schafft es kaum, sich die Zigarre anzuzünden, bevor er sich mit der Zeitung zudeckt und wegschlummert. Frosch kommentiert trocken: „Der Herr Direktor hat seinen Kopf verlorn. Er stöhnt unter dem Druck der Presse.“ Nun geht es Schlag auf Schlag. Alle Protagonisten kommen nacheinander im Gefängnis an und finden sich wieder.


Adele und Ida (Verena Eckertz). Foto: MH

Adele erscheint mit ihrer Schwester Ida, dargestellt von Verena Eckertz und gibt sich als Kammermädchen zu erkennen. Eisenstein will seinen Gefängnisaufenthalt antreten, erfährt aber, dass er schon da sei. Wie das? Alfred ist der Doppelgänger. Schnell verwandelt sich Eisenstein in Dr. Blind. Gekonnt nimmt er Pierre Herrmann in Gestalt des stotternden Advokaten Kleidung und Perücke ab.

Die Fledermaus
Beim Schlussapplaus. Foto: MH

Rosalinde hält ihrem Ehemann die Uhr unter die Nase, die sie auf dem Fest unbemerkt eingesteckt hat. Zu guter Letzt treffen Prinz Orlofsky und Dr. Falke ein und lösen die Verwirrung auf. Die Intrige hat vorbildlich funktioniert und alle singen im Finale „Oh, Fledermaus, oh Fledermaus.“ Anhaltender Beifall und Standing Ovations des begeisterten Publikums für eine gelungene Premiere.

Nächste Premiere des FLTB: 3.12., 20 Uhr „Hallelujah“ von Peter Loew im KULTUR im Oberbräu

Zum Weiterlesen: „Land des Lächelns“ – glanzvoll inszeniert

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