Fools Jugentheater: Unterwegs
Die Jugendlichen fechten wie die Profis. Foto: Monika Ziegler
Jugendtheater in Holzkirchen
In den vergangenen Jahren präsentierte das Fools Jugendtheater unter der Leitung von Cathrin Paul anspruchsvolle Theaterproduktionen. In diesem Jahr warteten sie mit einzelnen Szenen auf. Kann das funktionieren? Und wie es das kann. Der Zuschauer erhält tiefe Einblicke in die jugendliche Welt.
Da gehen 11 Jugendliche kreuz und quer über die Bühne des Foolstheaters und sprechen Satzfetzen: „Unterwegs in Raum und Zeit“, „Wir wissen nicht wohin“ und dann bedarf es der Sprache nicht mehr, wenn sie pantomimisch zeigen, wie sich heute Menschen begegnen. Freundlich, remplig, gedankenlos, auf das Handy starrend, aneinander vorbei.
Eine längere Szene an einer nicht auf grün schalten wollender Ampel bringt gleich mehrere Aspekte des Lebens zusammen, das um Nichtigkeiten streitende, aneinander vorbei redende Ehepaar, Obrigkeitsgehorsam ebenso wie Gegen den Strom schwimmen und zwei Touristen, die gar nicht wissen, wo sie sind.
An der Ampel. Foto: Monika Ziegler
Eine zweite Geschichte an der Ampel schließt an Loriot an: „Ich lasse mir von einer Ampel nicht vorschreiben, wann ich zu gehen habe“, sagt die Frau und plädiert dafür, nicht nur nach dem Prinzip des entweder-oder zu leben, das sei das Prinzip der blökenden Schafe, sondern alle Möglichkeiten dazwischen auch auszuloten
Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler haben Texte aus der Literatur mit eigenen Wortschöpfungen verknüpft, sie reihen Szenen, Dialoge und Monologe in einer von Regisseurin Cathrin Paul stimmig arrangierten Dramaturgie aneinander. Sie sprechen das aus, was ihnen am Herzen liegt, was sie bewegt, womit sie sich auseinandersetzen.
Vom Fremdsein
Sie geißeln das Navideutsch ebenso, wie das uniforme Mitschwimmen, das Sich-an-die-Fersen-von-jemandem-heften ohne eigenes Ziel. Und sie sprechen das Fremdsein an. Dazu gibt es ja ein unschlagbares Vorbild. Und so bauen sie den Valentinschen Text vom Fremden in der Fremde nahtlos in ihr Unterwegssein ein.
Da ist die berührende Geschichte vom Flüchtling, der kein Flüchtling ist, denn wer würde sein Land und seine Familie freiwillig verlassen, nein, er wurde fortgeweht vom Sturm in seinem Land. Und hier, wo er nicht willkommen sei, sterbe er den langsamen Tod anstelle des schnellen in der Heimat.
„John Maynard“ von Theodor Fontane. Foto: Monika Ziegler
Als szenische Lesung auf einem Schiff über den Eriesee spielen sie Fontanes „John Maynard“ und die Parabel von Heinrich Böll kommt auch zu Ehren. Die Parabel, in der der Tourist den Fischer fragt, warum er nicht öfter aufs Meer hinausfahre, dann könne er viel Geld verdienen und sich öfter Urlaub gönnen. Aber genug das tue er ja, sagt der Fischer. Klares Bekenntnis der Jugendlichen gegen das „Immer mehr, immer besser“ unserer Leistungsgesellschaft.
Was aber nicht heißt, dass sie faulenzen wollen, denn ebenso bekennen sie sich dazu, eine neue Welt zu suchen, stark wollen sie sein, Helden wollen sie sein und niemals aufgeben. Aber Spaß wollen sie auch haben.
Liegen bitte nicht reservieren. Foto: Monika Ziegler
Und so machen sie sich über das „Liegen reservieren“ und all-inklusive-Urlaub mit „von allem zu viel“ lustig, sie karikieren den Fahrkartenautomaten und Beziehungsprobleme. Sie fechten wie die Profis und dann laufen sie wieder. Sind unterwegs, wohin? Um diese 11 Jugendlichen muss man sich keine Sorgen machen, sie gehen ihren Weg, reflektieren die Welt und setzen diese Reflexion in Handlung um.
Die 11 Jugendlichen Anna Kamin, Christl Bielmeier, Elisabeth Pittermann, Emilie Gayde, Ilijas Ibrahimovic, Inka Wolf, Julia Quaderer, Kati Blind, Korbinian Langl, Laura Quaderer und Odile Waegner spielen unter der einfühlsamen Regie von Cathrin Paul selbstbewusst und zeigen ihre individuellen Kompetenzen. Manche sind eher quirlig, andere melancholisch, sie gehen aufeinander ein und so fuktioniert ihr Zusammenspiel hervorragend. Applaus!
Beim Schlussapplaus. Foto: Monika Ziegler
Hier gehts zum Artikel der Theatervorstellung aus dem letzten Jahr: