Zwei Leben zwischen Glamour und Demut
Christine Kaufmann und Tony Curtis im Hotel Bachmair am See. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Ausstellung in Rottach-Egern
Fotograf Hans-Günther Kaufmann zeigt unter dem Titel „AURA – Legenden leben länger“ Bilder seiner verstorbenen Schwester, der Schauspielerin Christine Kaufmann. Mit dem zukünftigen Ehemann Tony Curtis weilte sie auch am Tegernsee. Glamour und Heimatliebe sind die starken Kontraste der Ausstellung, die noch bis zum 31. August läuft.
Zwei Geschwister, die sich lieben und doch unterschiedlicher kaum sein können. Was wäre gewesen, wenn… die Umstände andere waren? Fotograf Hans-Günther Kaufmann richtet einen zärtlichen Blick auf das Leben seiner Schwester Christine, die in Deutschland in früher Kindheit schon als erfolgreicher Kinderstar vor der Kamera stand. Als Teenager spielte sie in Italien mit Marcello Mastroianni und Jean-Paul Belmondo. Als sechzehnjährige drehte sie bereits in den USA mit Kirk Douglas und Tony Curtis. Durch den Film mit ersterem erhielt sie einen Golden Globe. In den zweiten verliebte sie sich.
Blick in die Ausstellung von Hans-Günther Kaufmann: Christine kurz vor der Niederkunft (li.) und Tony Curtis als nervöser werdender Vater während der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes (re.) Foto: IW
Achtzehnjährig beginnt Christines Ehe mit dem 35-jährigen Curtis. Fünf Jahre später „zerplatzte der Traum von Amerika“, wie der Bruder es heute nennt. Er war oftmals dabei, nur ein Jahr älter und doch gewissermaßen Beschützer.
Märchenhafte Karrieren in der Kindheit
Eine normale Kindheit hatten beide Geschwister nicht. Während Christine am Filmset heranwuchs, lebte der Bruder mit der französischen Großmutter in Frankreich, mit sechzehn war er bereits allein in Rom, studierte Fotografie und hatte erste Erfolge mit Titelbildern auf internationalen Magazinen. Beider Karrieren liefen wie im Märchen. Waren sie glücklich?
Die Geschwister Hans-Günther und Christine Kaufman in den 70er Jahren. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Während der erfolgreiche Fotograf mit knapp dreißig in eine Sinnkrise geriet und sich von der Werbe- und Schönheitsfotografie abwandte hin zu spiritueller Fotografie, lebte Christine ihre Rolle in der Glamourwelt bis zum Schluss.
Zwischen Inszenierung und inwendigem Glück
„Wie glücklich war sie?“, hinterfragt der Bruder. Wieviel Kraft mag es sie gekostet haben, die vergängliche Schönheit zu bewahren und immer diejenige zu sein, die andere in ihr sehen wollten?
Christine als Waldfee. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Die behutsamen und außergewöhnlichen Fotografien, die derzeit im Hotel Bachmair am See ausgestellt sind, zeigen das Bild einer wunderschönen, sinnlichen jungen Frau. Mal ist sie glücklich und ganz sie selbst, viel häufiger aber inszeniert sie sich.
Fan-Alben legen Zeitzeugnis ab
Kirsten, einem begeisterten Fan Christine Kaufmanns, ist es zu verdanken, dass Alben erhalten geblieben sind mit unzähligen Fotografien, Zeitungsausschnitten und handgeschriebenen Postkarten des Filmstars. Trotz des Erfolgs blieb Christine unprätentiös und schrieb den Fans regelmäßig zurück. Auch diese Zeitzeugnisse sind im Bachmair am See zu sehen. Sie waren für Hans-Günther Kaufmann noch ein Grund mehr, diese Ausstellung zu gestalten, nachdem seine Schwester im vergangenen Jahr 72-jährig plötzlich verstarb.
Eine der eindrucksvollen Landschaften, in die der Betrachter eintauchen kann. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Mit den Bildern Christines kontrastieren die Landschaftsaufnahmen des Miesbacher Fotografen. Sie sprechen die Sprache einer großen Demut vor den Wundern der Natur und einer Dankbarkeit, Teil dieses großen Ganzen zu sein. Früher, als erfolgreicher Webefotograf, war er stets „wie ein Jäger auf der Jagd nach dem richtigen Moment“ gewesen. Auf dem Berg Athos in Griechenland erfolgte eine „Umkehr“ im Gespräch mit einem Mönch. „Wie malst du deine Ikonen?“, fragte Kaufmann. Und der Mönch antwortete: „Es malt, ich bin nur das Medium“ und gab ihm den Rat mit: „Lass das Bild dich rufen, jage es nicht.“
Christine Kaufmann mit Ernst Fuchs, Mitbegründer des fantastischen Realismus. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Den Bildern der wunderschönen Christine hängt das Bild einer über neunzigjährigen Nonne gegenüber, die ihrem zerfurchten Gesicht vollkommen glücklich und zufrieden aussieht. Man spürt, der Bruder hätte seiner Schwester diese Art Altern gewünscht, in Zufriedenheit und dankbarer Gelassenheit.
Glück liegt nicht im Konsum sondern in jedem selbst
Ein Element der Ausstellung berührt die Besucher auf besondere Weise: Es ist ein etwa 5-minütiger Film von Hans-Günther Kaufmann, der im Umkreis von nur 5 Kilometern rund um Irschenberg aufgenommen wurde und aus animierter Fotografie und gefilmten Szenen besteht: „Genius Loco – die Magie des Ortes.“ Der Film ist eine Hymne an die Natur, an „Bruder Baum“, an die Jahreszeiten. Er zeigt, dass der Mensch nur ein winziger Teil dieser großartigen Schöpfung ist und ihr in Glück und Demut begegnen kann.
Mit den Augen der Seele
In dieser instabilen Zeit, sagt Hans-Günther Kaufmann, in der die Grenzen des Wachstums erreicht sind, sollten wir uns auf andere Werte besinnen. Das Glück läge nicht im Konsum, in Glanz und Glamour sondern in jedem selbst. Der Film entstand im Rahmen der Reihe „Mit den Augen der Seele“, die der Fotograf und Regisseur seit Jahren für den BR dreht.
Jedes einzelne Stück der Ausstellung steht sinnbildlich für die Zeit und die Vergänglichkeit. Für ein Innehalten, um genauer hinzusehen und den einzelnen kostbaren Augenblick zu genießen. Insbesondere in unserer heutigen schnelllebigen Zeit sei das so wichtig, ist die Botschaft Hans-Günther Kaufmanns. Und seine Schwester Christine trägt er im Herzen.