Kippen der Wahrnehmung
Fotoausstellung in Holzkirchen
Eine andere Sicht auf die Wirklichkeit vermittelt der Fotograf Günter Unbescheid mit seiner Ausstellung „metamorphosis“ in der Galerie Steingarber. Dazu verwendet er drei unterschiedliche Techniken mit verblüffender Wirkung.
Mit Mehrfachbelichtungen hat der Fotokünstler schaurig-schöne Hochausfassaden in Singapur noch beklemmender dargestellt als in Wirklichkeit. Hier scheint es, dass der Mensch in den Wirrnissen verschwindet, dass er geschluckt wird von der Betonmasse, dass Individualität sich in der Masse auflöst. Er zeigt aber auch mit dieser Technik überraschende Momente, etwa wenn er die Kamera so verzieht, dass in exakt demselben Abstand drei Belichtungen übereinander, nur leicht verkippt, liegen, wie bei der BMW-Welt.
Verschiebung der Wahrnehmung
Auch in der Natur hat Günter Unbescheid mit Mehrfachbelichtungen gearbeitet. Der Effekt ist überraschend. Einmal ist der Wald dunkel und bedrohlich, einmal wirkt er mit Nebel duftig, flirrend, leicht und das Restlaub auf den Bäumen ist auch noch heller als man es gewohnt ist. Wiederum eine Verschiebung der Wahrnehmung, die Wirklichkeit ist anders als sie sich in den Fotos darstellt.
Maskenhafte Physiognomien
Ganz andere, märchenhafte und fantastische Effekte erzielt der Fotograf aus der Jachenau, wenn er Aufnahmen symmetrisch doppelt. Steinformationen oder Erdhaufen dienen ihm als Motiv. Allein durch die Symmetrie erscheinen plötzlich maskenhafte Physiognomien, dämonisch oder auch ganz friedlich wie beim Bild der „Motte“.
Manchmal erkennt man die Gesichter nur ganz klein, manchmal springen sie den Betrachter direkt an, wie bei „Darth Wader“. Zuweilen, so verrät Günter Unbescheid, würde er schon beim Fotografieren spüren, dass durch eine Dopplung spannende grafische Effekte herauskommen, manchmal allerdings sei er selbst vom Ergebnis überrascht.
Andere Wirklichkeit
So hat er insbesondere von Steinwelten in einem Canyon, von Salzausschwitzungen im Fels und mit Hilfe des besonders intensiven reflektierten Lichtes und anschließender Dopplung Fotos erzeugt, die den Betrachter in eine andere Wirklichkeit führen als er selber in der Lage ist wahrzunehmen.
Aber nicht nur die Natur liefert ihm geeignete Motive, auch die Architektur. So hat er die Osloer Oper gedoppelt und die geschwungenen Formen des Hauses zu einem Foto verarbeitet, das kaum noch etwas mit dem normalen Blick auf das Gebäude zu tun hat.
Realität und Fiktion
Das Kippen der Wahrnehmung, die Möglichkeit des Betrachters, wie bei einem Vexierbild zwischen Realität und Fiktion hin – und her zu switchen und dabei völlig neue Seherlebnisse zu haben, das fasziniert den Fotografen, der studierter Religionswissenschaftler und Indologe ist und sich intensiv mit östlicher Weisheitslehre befasst.
In seiner dritten Technik arbeitet Günter Unbescheid mit Pin holes und extrem langen Belichtungszeiten von bis zu einer Woche. Die Ergebnisse sind rechts an der Wand zu sehen. Auch diese Arbeiten sind nicht nur ästhetisch schön, entrückt und verblüffend, sie führen den Besucher wie alle Aufnahmen auch zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema Wahrnehmung, Wirklichkeit, Täuschung.