Die Zukunft zweier Völker
Jerusalem. Foto: Fritz Mastnak
Vortrag im Foolstheater in Holzkirchen
Zu einer brisanten Matinee luden die „Frauen in Schwarz“ ins Foolskino nach Holzkirchen ein. Den israelisch-palästinensischen Konflikt verständlich zu machen, war das Anliegen von Gastrednerin Judith Bernstein. Ein hochsensibles Thema, gerade in Deutschland.
Die „Frauen in Schwarz“ gibt es bereits seit dem Jahre 1988. 20 Jahre nachdem Israel im Sechstagekrieg die Westbank, Gaza und Ostjerusalem besetzt hatte, gab es den ersten Palästinenseraufstand. Einen Monat später fand sich eine Gruppe palästinensischer und israelischer Frauen an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt in Jerusalem ein. Sie waren schwarz gekleidet und trugen Schilder in Form von schwarzen Händen, die das Ende der Besatzung forderten. Innerhalb weniger Wochen breitete sich diese friedliche Mahnwache innerhalb Israels aus.
Frauen in Schwarz jenseits von Israel
Auch außerhalb der Landesgrenzen nahmen Frauen diese schlichte Form des Protests auf und erklärten so ihre Solidarität. Sogar in Bayern findet man sie bis heute. Eine von ist Gertrud Zeckau, die eine Person zum Vortrag lud, die seit vielen Jahren für die Lösung des israelisch-palästinenischen Konfliktes eintritt.
Judith Bernstein und Gertrud Zeckau im Foolstheater. Foto: Karin Sommer
Judith Bernstein lebt seit 1976 als freie Publizistin in München. Geboren wurde sie in Jerusalem als Tochter deutsch-jüdischer Eltern. Diese waren in den dreißiger Jahren nach Israel gekommen, weil kein anderes Land sie aufnehmen wollte. Die Großeltern waren in Deutschland geblieben und in Auschwitz ermordet worden.
Von der Renaissance der Religion
Judith Bernstein erzählt von einer Kindheit, in der es keinen Hass auf Palästinenser gab. Für eine Zeit waren sie einfach nicht im Bewusstsein der Israelis vorhanden gewesen. Das änderte sich nach dem „Sechs Tage Krieg“ und wurde verschärft durch die „Renaissance der Religion“ in der israelischen Gesellschaft, meint Judith Bernstein. Mit ihr wäre der Wunsch geboren worden, die heiligen Stätten zu besitzen. Siedler wären zu Handlanger der Politik geworden, mit Darlehen für Bauvorhaben in den besetzten Gebieten geködert.
Gewaltspirale schraubt sich
Die Spirale begann. Drangsalierte Palästinenser, die zur Gewalt griffen. Israelis, die die Sicherheitsmaßnahmen verstärkten. Palästinenser, die sich wehrten.
Nach Judith Bernstein versucht die israelische Politik, den Palästinensern sukzessive den Zugang zur Altstadt wegzunehmen und habe bereits jetzt einen Zustand hergestellt, der eine Teilung Jerusalems unmöglich mache. Man trenne die palästinensischen Viertel voneinander und zwinge Menschen, an mehreren „Checkpoints“ vorbei zu müssen, wenn sie in die Schule oder zu ihrem Arbeitsplatz gehen wollen.
Die vergessene Not
Judith Bernstein will die Menschen für den israelisch- palästinensichen Konflikt sensibilisieren. Die teilweise menschenunwürdigen Zustände, unter denen Palästinenser zu leben haben, interessieren die Mehrheit der Israelis nicht, bedauert sie, und meint, dass eine Lösung letztendlich nur mehr von außen kommen könne.
Judith Bernstein beantwortet Fragen aus dem Publikum. Foto: Karin Sommer
Sie kritisiert die einseitige Politik des Westens und fordert Sanktionen für den Staat Israel, dessen Regierung sie als verbrecherisch bezeichnet. Dass dieses heiße Thema besonders brenzlig in Deutschland gehandelt wird, ist wohl nicht verwunderlich. Nur allzu oft werde eine Kritik an Israel mit Antisemitismus gleich gestuft. Eine Haltung, die Judith Bernstein weit von sich weist. Das Unrecht, das damals an den Juden passiert sei, könne nicht mit einem weiteren Unrecht ausgeglichen werden.
Keine Lösung in Sicht
Viele Israelis haben heute Angst um ihre Zukunft, weiß Judith Bernstein aus Gesprächen in Jerusalem. Sie ist davon überzeugt, dass auch die Zukunft Israels von der heutigen Politik Netanyahus gefährdet ist. Eine Lösung sieht sie nicht. Trotzdem macht sie weiter, informiert die Öffentlichkeit und kämpft für eine lebenswerte Zukunft beider Völker.
Im Januar 2018 erhielt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Reiner Bernstein den Preis der humanistischen Union „Der aufrechte Gang“ für ihre Arbeit zur Verlegung von Stolpersteinen in München und für ihr Engagement zur friedlichen Regelung des Nahostkonflikts.