Frauenpower: Aufgeben kommt nicht in Frage
Frauenpower in Miesbach – mit Erfolgsautorin Helma Sick. Foto: Petra Kurbjuhn
Gespräch und Lesung in Miesbach
Zwei starke Frauen im Gespräch: Es war ein hoch spannender, nachdenklicher und zugleich vergnüglicher Abend, der vor allem eines machte: Mut. Auf Einladung des Waitzinger Kellers war Erfolgsautorin Helma Sick zu Gast in Miesbach – und sprach mit Monika Ziegler über ihr Buch, ihre Arbeit, ihr Leben.
Nein, aufgeben kam für Helma Sick, Jahrgang 1941, nie in Frage. Und mehr noch: Es kommt auch noch heute nicht in Frage. Egal ob es darum geht, unermüdlich Frauen Mut zu machen, ein finanziell unabhängiges, freies Leben zu führen oder ob es beispielsweise um die Liebe geht. Auch mit achtundsiebzig Jahren ist noch längst nicht Schluss. Die dynamische, sympathische und optimistische Erfolgsautorin, Referentin und Finanzberaterin hat noch lange nicht vor, sich zurückzuziehen. Und auch mit dieser Haltung macht sie anderen Frauen Mut.
Frauenpower in Miesbach
In Monika Ziegler hatte sie die richtige Gesprächspartnerin gefunden. Beide Frauen verbindet ein wechselvolles Leben, beide haben herbe Schläge einstecken müssen, die eine von der eigenen Mutter, die andere vom Schicksal. Beide haben daraus Kraft geschöpft und vorwärtsgeblickt. Anhand des roten Fadens, den Monika Ziegler vorgab, breitete Helma Sick ihr Leben aus, las aus ihrem Buch, erzählte aus ihrem Leben, beantwortete Fragen der Frauen im Publikum.
Helma Sick (rechts) im Gespräch über ihr Buch und Leben mit Monika Ziegler. Foto: Petra Kurbjuhn
Aufgewachsen in einer patriarchalisch geprägten Zeit, in einer Familie mit ehrbarer Fassade, hinter der sich abscheuliche menschliche Abgründe auftaten, wuchs die Autorin als ein Mädchen heran, das voller Angst und Verdrängungen war und sich trotzdem nicht vom Leben beugen ließ. Der oft gehörte Satz der Mutter „hätte ich dich doch gleich nach der Geburt umgebracht“ wog schwerer noch als die hasserfüllten Schläge und Demütigungen. Die Liebe des Vaters schien der einzige Halt. Die Erkenntnis, dass es keine liebevolle väterliche Liebe, sondern sexuelle Übergriffigkeit war, erschütterte Jahrzehnte der Verdrängung später umso mehr.
Ausweglosigkeit vieler Frauen
„Das Schlimme, dass man kennt, scheint oft weniger schrecklich als das schreckliche Unbekannte, dass eigentlich besser sein könnte“, fasst sie die Ausweglosigkeit der Frauen in dieser Zeit aus der familiären, gesellschaftlichen, finanziellen Abhängigkeit zusammen. Wohin es führt, keinen Ausweg zu sehen, zeigte das Schicksal der Großmutter, die mit 50 ihrem leidvollen Leben ein Ende setzte.
Lesetipp: Starke Frauen kommunizieren anders
Helma Sick ging einen anderen Weg. Sie entdeckte, dass das Lernen und die Arbeit ihr Struktur und Selbstbewusstsein gaben. „Nicht jammern, sondern etwas tun!“ wurde zu ihrem Lebensmotto. Sie arbeitete hart, verdiente ihr eigenes Geld, wurde von Mutter und Bruder um ihr Erbe betrogen, aber kämpfte weiter. Sie trat aus der in vielen Aspekten scheinheiligen Kirche aus und der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen bei. Dort öffnete ihr eine Erkenntnis die Augen: „Das Private ist politisch“. Sie begriff, dass ihr persönliches Schicksal gesellschaftliche Dimensionen hatte. Dass sie nicht die einzige Betroffene war, sondern dass Frauen generell weniger galten als Männer, selbst bei Frauen und Müttern, wo es trotz Ausweglosigkeit an Solidarität mangelte.
Neue Frauenleitbilder
Damit begann ihr Kampf um die neuen Leitbilder der Frau, um gleichen Lohn, um Selbständigkeit, Berufstätigkeit, Selbstbestimmtheit. Sie stellte sich auch dem schwierigen Weg einer Psychoanalyse, ihren Ängsten, ihren verdrängten Erfahrungen und gewann ein neues Leben. So wurde sie zu einer Stimme der Frauen: als Leiterin eines Frauenhauses in München, als Kolumnistin von Frauenzeitschriften wie „Brigitte“ und „Brigitte Women“, gern geladene Referentin, Autorin zahlreicher Finanzratgeber für Frauen und erfolgreiche Unternehmerin der Firma „frau & geld“, die sie mit ihrer Nichte betreibt. Ihr Rat: „Frauen, verdient euer eigenes Geld, statt abhängig zu sein.“
Büchertisch mit Ratgeberbüchern von Erfolgsautorin Helma Sick. Foto: Petra Kurbjuhn
Zu meinen, das sei in unserer heutigen Gesellschaft längst selbstverständlich, ist ein großer Irrtum. Helma Sick zitierte Studien, nach denen Deutschland in der Entwicklung der Frauen- und Familienpolitik 40 Jahre hinter anderen Ländern hinkt. Und auch die Frauen im Publikum diskutieren bewegt, dass es vierzig Jahre später immer noch die gleichen Themen und großen Nachholebedarf gibt. „Eine Frau, die ihr eigenes Geld verdient und finanziell unabhängig ist, kann entscheiden, was sie mit ihrem Leben anstellt“, ist Helma Sicks Credo in all den Jahren.
Macht Frauen Mut
Und persönlich? Monika Ziegler wollte es genau wissen. Auch das Thema Liebe gehört zu einer unabhängigen, selbstbestimmten Frau. „Gibt es aktuell einen Mann in ihrem Leben?“ fragte sie die Buchautorin geradeaus. „Noch nicht“ war die prompte Antwort, mit einem verschmitzten Unterton, der allen gefiel. Es war herauszuhören: Auch da macht Helma Sick noch längst nicht Feierabend. Und ihre Lebenslust, der Optimismus und das Kämpferische waren es, die diesen Abend im Waitzinger Keller prägen. Genau das nahmen die Besucherinnen der Vortragslesung mit nach Hause, neben einem kämpferischen Lächeln und Helma Sicks signierten Büchern.