Garantierte Glückseligkeit für zwei Stunden
Schwungvolle Choreografie im weißen Rössl am Wolfgangsee. Foto: Freies Landestheater Bayern
Operette in Miesbach
Wenn ich als Österreicherin „Das weiße Rössl vom Wolfgangsee“ höre, denke ich an Peter Alexander im Schwarz-Weiß-Fernseher meiner Oma. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Worte im Jahr 2018 einen äußerst vergnüglichen Abend im Waizinger Keller bedeuten können.
Das Freie Landestheater Bayern verwandelte den Waitzinger Keller im Nu in das weltbekannte Hotel „Das weiße Rössl“ am Wolfgangsee – mit seinem umfangreichen Orchester, dem Chor und seinen herausragenden Solisten. Das farbenfrohe, originelle und im besten Sinne des Wortes kitschige Bühnenbild versetzt die Zuschauer in die Idylle des Salzkammerguts der 30er Jahre. Dorthin, wo der Zahlkellner Leopold (Harald Wurmsdobler) bis über beide Ohren in seine Chefin Josefa Vogelhuber (Elisabeth Neuhäusler) verliebt ist und sich auf ungeheuer sympathische Weise für sie „zum Deppen macht.“
Betörende Kostüme, bunte Szenerie. Foto: Freies Landestheater Bayern
Erhört wird er nicht, denn die stolze Wirtin hat nur Augen für den Rechtsanwalt Dr. Siedler (Andreas Fimm). Dieser wiederum ist von Ottilie (Doris Sonja Langara) angetan, der Tochter des Fabrikanten Wilhelm Giesecke (Christian Theodoridis), dessen Lieblingsbeschäftigung es ist, mit schlechter Laune gegen jeden und alles zu wettern. Hat er doch allen Grund dazu. Im weißen Rössl versteht er vor lauter Fremdwörtern wie Beuschel, Palatschinken und Paradeiser die Speisekarte nicht und daheim in Berlin führt er einen Prozess gegen seinen Konkurrenten Sülzheimer, dessen Sohn dann auch noch in die Idylle des Sees platzt.
Kulturen prallen aufeinander
Verwicklungen also wie im wirklichen Leben, wo der, in den man sich verliebt, auch meistens eine andere liebt. Besonders wegen dieser Widrigkeiten des menschlichen Daseins braucht es die Operette, in der alles mit Humor genommen wird. Die kulturellen Unterschiede zwischen den eingefleischten ländlichen Österreichern und den Städtern, die aus dem Norden Deutschlands kommen, bringen naturgemäß Reibungen. Diese lösen sich dann aber durch glückliche Eheschließungen wie ganz von selbst. Ein bisschen wie bei den Habsburgern. Deshalb darf ja auch der Kaiser (Markus Eberhard) im Stück nicht fehlen, der sich für die Jagd im weißen Rössl einquartiert hat.
Badespaß am Wolfgangsee. Foto: Freies Landestheater Bayern
Das Besondere besonders sein lassen
Das Bestechende an dieser Inszenierung ist, dass sie nicht versucht, etwas Besonderes aus einem Stück zu machen, das an sich schon etwas Besonderes ist und seit vielen Jahrzehnten das Publikum begeistert. Rudolf Maier-Kleeblatt (musikalische Leitung) und Michael Kitzeder (Regie und Choreografie) lassen das Stück so sein, wie es ist. Sie betonen die liebevollen Eigenheiten der Charaktere, die heitere Stimmung des Klassikers, ohne unnötige Extras. Ein Hauch Parodie hie und da, aber dann doch wieder einfach die ausgelassene Heiterkeit eines Stückes, das Laune macht, weil es die hellen Seiten des menschlichen Zusammenlebens zum Inhalt hat.
Wir lieben es, das gute Ende
Natürlich gibt es auch ein gutes Ende. Die stimmlich und schauspielerisch ein wunderbares Paar bildenden Poldi und Peppi (Elisabeth Neuhäusler und Harald Wurmsdobler) heiraten und somit kann Leopold sein Wissen an seinen Kollegen weitergeben. Der sehr witzige, agile und originelle Franzose Piccolo (Christophe Vetter) notiert, dass er als Kellner nie beim ersten Ruf eines Gastes kommen und sich nie zu seinen eigenen Ungunsten verrechnen darf.
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Während der mitreißend komische, grantige Fabrikant Giesecke (Christian Theodoridis) seine Tochter an den Rechtsanwalt verliert, gibt der reiselustige Professor Hinzelmann (Andreas Haas) die seine dem schönen Sigismund (Philipp Galser) zur Frau. Schön ist dieser sogar noch, als er sein Toupet abnimmt und eine Glatze offenbart, worauf sich das lispelnde Klärchen (charmant gespielt von Laura Falg) gleich weniger minderwertig fühlt.
Somit ist die kurzfristig ins Ungleichgewicht geratene Welt im weißen Rössl wieder heil. Die fesche Briefträgerin Kathi (Anja Ansorge) jodelt wieder herzerfrischend. Der Chor und das Orchester begleiten sie wie auch alle anderen Solisten mit starken Tönen durch das ganze Stück. Der Reiseführer (Rupert Ramsauer) leitet die nächsten Gäste vom Schiff ins Hotel und die Zuschauer rufen laut „Bravo.“ Bravo für diese zauberhafte Inszenierung und grandiose Präsentation des Freien Landestheaters Bayern.