Freiheit, ein Leben lang.
Freiheit und Kreativität – zwei Attribute für Christine Holzmanns Leben. Foto: Christine Holzmann
Portrait
Eine Frau, die für ihre Wünsche und Prinzipien konsequent einsteht – auch heute noch ist dies nicht immer ein leichter Weg für das weibliche Geschlecht. Eine Frau, die über ihre gesamte bisherige Lebenszeit hinweg immer ihren eigenen, emanzipierten Weg gegangen ist, ist Christine Holzmann. Die gebürtige Schwäbin hat mehrere Spurwechsel hinter sich, aber blieb einem immer treu – ihrer Freiheit.
Schon als es darum ging, den eigentlich festgelegten beruflichen Lebensweg zu beschreiten, stand sie für sich selbst und ihre Freiheit ein. Wie ihre Mutter, hatte auch sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht und sollte die Praxis in der Heimat übernehmen. Doch schon damals entschied sie sich gegen den einfachen Weg und zog nach München, um dort als selbstständige Therapeutin zu arbeiten. „Meine persönliche Freiheit stand immer ganz oben auf der Prioritätenliste“, sagt Christine Holzmann. Mit 23 Jahren fing sie in einer Privatklinik an, baute sich einen Kundenstamm auf und eröffnete nur ein Jahr später ihre erste eigene Praxis. „Nach nur zwei Jahren hatte ich bereits zwei Mitarbeiterinnen“, erinnert sie sich.
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Freiheit und Familie – das geht!
Doch wer nun glaubt, eine derart emanzipierte Frau würde sich mit der Familiengründung schwer tun, der täuscht sich gewaltig. Nachdem sie ihren Mann geheiratet hatte und ihren Sohn zur Welt brachte, verkaufte sie ihre Praxis und die Familie zog aus beruflichen Gründen nach Amerika. Als sie 1986 wieder nach München zurück kamen, beschloss sie, erneut eine eigene Praxis zu eröffnen. Aus den Staaten hatte sie damals in Deutschland noch völlig neue und unbekannte Behandlungskonzepte mitgebracht. In ihrer neuen Praxis bot sie nicht nur klassische Physiotherapie, sondern ein ganzheitliches Gesundheitskonzept kombiniert mit Shiatsu und Akupressur an. „Das war mehr eine Art Regenerationscenter, als eine klassische Praxis, etwas völlig Neues zur damaligen Zeit“, erzählt Christine Holzmann. Innerhalb von nur fünf Monaten hatte sie bereits wieder fünf Mitarbeiterinnen angestellt.
Die Interior Designerin ist viel in ihrem Atelier im Garten. Foto: Selina Benda
Der Weg in die Kreativität
Um diesen besonderen Touch auch visuell für ihre Kundinnen sichtbar zu machen, gestaltete die damals 39-Jährige die gesamte Praxiseinrichtung selbst – von der Wandfarbe bis hin zum letzten Stuhl. „Ich hatte gemerkt, dass ich dafür ein Händchen habe“, erinnert sie sich. Kreativ war Christine Holzmann schon immer hobbymäßig aktiv, doch an eine berufliche Laufbahn in diese Richtung hatte sie bis dahin nicht gedacht. Doch als Kunden, Bekannte und Freunde bei ihr um Tipps für ihre Inneneinrichtung anfragten, wurde ihr klar, dass dies tatsächlich ein möglicher Weg für sie sein könnte. Sie verkaufte ihre Praxis erneut und startete noch einmal komplett neu – und das mit 45 Jahren.
Aus Drähten und Korken werden kleine Upcycling-Objekte. Foto: Selina Benda
Christine Holzmann meldete sich zu einem Fernstudium in einer Innenarchitektenschule in London an, arbeitete bis zu ihrem Abschluss jedoch schon für diverse Kunden. Ob sie jemals auf Architekten gestoßen ist, die ihr als Frau in der Branche den Erfolg nicht gönnten? „Sicher, aber da muss man dann konsequent sein und sagen, entweder er oder ich“, sagt sie stolz. Ihrer eigenen Freiheit ließ die selbstbewusste Frau nie etwas in die Quere kommen. „Das war aber zur damaligen Zeit auch nur möglich, weil mein Mann mich immer unterstützt hat.“ In den folgenden Jahren arbeitete sie erfolgreich in Deutschland und den USA als Interior Designerin, erhielt Auszeichnungen für ihre Arbeiten und lebte sogar selbst für ein großes Projekt ein Jahr alleine in Kalifornien. Sie pendelte zwischen den Kontinenten und ihr Mann blieb mit dem gemeinsamen Sohn zuhause. „Das stieß bei vielen auf Unverständnis, aber für uns hat es immer sehr gut funktioniert.“ Auch heute noch arbeitet Christine Holzmann beratend als Interior Designerin.
Stühle, Tische und Barhocker – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Foto: Selina Benda
Mit Upcycling Kunstwelten schaffen
Selbstbestimmt hat sie immer ihr Leben und Arbeiten gestaltet und auch heute noch ist ihr Freiheit enorm wichtig. Um diese auch um sich herum gänzlich fühlen zu können, zog es Christine Holzmann 2009 mit ihrem Mann heraus aufs Land. Als ihr Mann 2013 verstarb, schuf sie sich ein wunderbares Atelier im Garten, in welchem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann. Dort entstehen neben Acrylbildern und Tonskulpturen auch ganz besondere Werke – „Kunst im Rahmen“. Die kleinen Upcycling-Objekte werden aus Draht und Korken von Champagner-, Prosecco- und Sektflaschen gefertigt. „Dabei spanne ich in kreativer Gestaltung den Bogen von profanen Dingen zu neuen vielfältigen Fantasiewelten, die ihre jeweilige eigene Geschichte erzählen“, sagt die Haushamerin. Mit der Umwandlung von eigentlich achtlos Weggeworfenem in kleine Kunstwelten im Rahmen, möchte sie den Betrachtern vor allem Freude bereiten.
Mit Malereien, Stoffen und Tapeten werden die kleinen Kunstwelten komplettiert. Foto: Christine Holzmann
Dabei entstehen wundervolle Szenerien und jedes Bild zeigt einen anderen Ort, mit völlig individuell verarbeiteten Materialien. So stellte Christine Holzmann mit den Drähten und Korken sowie Stoff- und Tapetenresten aus ihrer Arbeit von der Isarphilharmonie München bis hin zur goldenen Hochzeitstafel zahlreiche kleine Kunstwerke im Rahmen her. „Das macht wirklich Freude, und jedes Detail ist anders“, sagt sie. Sobald sie Besuch hat, dürfen auch Freunde und Familie ihrer Kreativität mit Draht und Korken freien Lauf lassen. „Das künstlerische Gestalten macht den Kopf frei von allem, das kann jeder gut gebrauchen“, schmunzelt sie. Auch heute noch ist ihr nämlich eines für sich selbst und ihre Liebsten am Wichtigsten – die Freiheit.
Die „Kunst im Rahmen“ zeigt immer wieder andere Szenerien. Foto: Christine Holzmann