Verschwörungstheorie Weinbergkapelle

Lehrstück zum Thema Verschwörungstheorie

Weinbergkapelle am Schliersee. Foto: Privat: IG Metall Jugendbildungszentrum Schliersee

Ein geschichtspädagogisches Experiment mit realpolitischem Anspruch findet am heutigen Donnerstag um 17 Uhr als Livestream statt. 100 und ein Jahr danach berichten im Interview Zeitzeugen über den verschworenen Kampf der Freikorps in München 1919. Dabei ist Jochen Strodthoff aus Hausham.

„Einige Engagierte aus dem „Bündnis gegen rechtsextreme Umtriebe im Oberland“ hatten die Idee, zum Jahrestag des „Freikorps Oberland Gedenken“ am 21. Mai in Schliersee eine kleine Aktion zu machen“, sagt Werner Hartl, Bildungsreferent der IG Metall. Er leitete 10 Jahre lang das IG Metall Jugendbildungszentrum am Schliersee und war Sprecher des „Bündnis gegen rechtsextreme Umtriebe im Oberland.“

Verschwörungstheorie Tafel
Tafel an der Weinbergkapelle. Foto: Werner Hartl

Die Tafel an der Weinbergkapelle in Schliersee hat in der Vergangenheit immer wieder am 21. Mai zu kontroversen Auseinandersetzungen Anlass gegeben. Die Zusammenhänge mit dem Ort, dem Freikorps Oberland, der Annabergschlacht und der Frage, wie man heute mit Gedenken umgeht, wurde in einem umfangreichen Projekt unter Federführung des Kreisbildungswerkes Miesbach aufgearbeitet.

Lesetipp: Was bedeutet Gedenken?

Das Anliegen der heutigen Veranstaltung, die infolge Corona als Livestream stattfindet, ist es, auf den rechtsradikalen und antisemitischen Hintergrund des Freikorps Oberland aufmerksam zu machen. „Dieses Freikorps wurde gegründet, um die vermeintliche jüdisch-kommunistische Verschwörung der Münchner Räterepublik niederzuwerfen“ sagt Werner Hartl.

Oberlanddenkmal
Zeitgenössische Postkarte. Foto: privat

Dazu haben Werner Hartl und Max von Beveren eine spannende Idee umgesetzt. In Interviewform lassen sie zeitgenössische anerkannte Literaten zu Wort kommen: Oskar Maria Graf, Rosa Leviné und Ernst Toller. Sara Hilliger aus München, Jochen Strodthoff aus Hausham und Andreas Hainzinger aus Regensburg lesen die autobiografischen Texte der Zeitzeugen.

Freikorps und Verschwörungstheorie

Bei der Konzeption der Veranstaltung sei ihm klar geworden, dass das Freikorps Oberland nach dem Motto der Verschwörungsmythen funktioniert habe, will Werner Hartl den Bezug zur Gegenwart herstellen. Man habe eine reale oder vermeintliche Bedrohung mit wenig Fakten und viel Lüge unterfüttert, um damit im „Namen des Volkes“ die Räterepublik zerschlagen zu können.

Auch die Münchner Historikerin und Krimischriftstellerin Angelika Felenda hat sich dem Thema Freikorps gewidmet und es in spannender Form umgesetzt:

Lesetipp: Angelika Felenda und die Bayerische Geschichte

Hier sehe er eine Parallelität zur heutigen Situation in Zeiten von Corona, sagt er. Die Verunsicherung in der Bevölkerung werde heute wieder benutzt, um Regierung und deren Maßnahmen zu boykottieren.

Demokratie stärken

„Für mich ist das Freikorps Oberland mit seinem brutalen Spektakel ein Lehrstück, wie Verschwörungstheorie funktioniert“, sagt Werner Hartl. Heute sei zwar die Situation eine andere, aber dennoch müsse man unsere vermeintlich stabile Demokratie und deren Institutionen stärken.

Politische Bildung sei immens wichtig. Nicht jeder, der das Grundgesetz vor sich hinhält stehe auch dahinter, warnt er, oft sei es nur ein Vorwand, um Widerstand zu leisten. In Coronazeiten finde dieser Widerstand auf emotionaler Ebene statt, weil die Menschen verunsichert seien und Orientierung und Halt suchen.

Aus der Vergangenheit lernen

Dabei besteht die Gefahr, in rechtsextreme Kreise zu gelangen, die die Unsicherheit der Menschen für ihre Zwecke ausnutzen. Aus der Vergangenheit lernen, dafür ist die Veranstaltung heute Abend gedacht.

Die Veranstaltung wird heute, Donnerstag, 21. Mai um 17 Uhr auf der Facebook-Seite Kultur im Oberland gesendet.
Anschließend um 19 Uhr findet an der Weinbergkapelle eine Maiandacht statt, bei der in versöhnlichem Kontext der Annabergschlacht gedacht wird, teilt Wolfgang Foit, Geschäftsführer des KBW Miesbach mit.

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