Frohe Weihnachten 2021!
Weihnachtsoratorium, Cover der LPs mit dem Dresdner Kreuzchor mit Tympanon der Hedwigskathedrale Berlin. Foto: Christoph Ehbets
Online-Vortrag zu Weihnachten 2021
In seiner Online-Weihnachtsvorlesung „Quellen der Kraft – Musik und Mythos“ des Domicilium Weyarn betonte Michael von Brück die Bedeutung von Musik und Mythos für ein gelingendes Leben. Über 70 Teilnehmende sangen am Ende gemeinsam mit dem Dresdner Kreuzchor „O du fröhliche“.
Michael von Brück, in Dresden aufgewachsen und Mitglied des Dresdner Kreuzchores, ist evangelischer Theologe, ZEN-Meister und Yogalehrer. Er verbindet westliche und östliche Weisheitslehren und stellt ebenso eine Verbindung zwischen Kunst, Musik, Wissenschaft und Spiritualität her. Als Rektor der Palliativ-Spirituellen Akademie des Domicilium in Weyarn prägt er das geistige Leben der Region.
Lesetipp: Titeltext „Vertrauen“ in der 27. Ausgabe der KulturBegegnungen
In seiner Weihnachtsvorlesung nahm er die Teilnehmenden mit auf eine inspirierende Reise zu den Ursprüngen der Musik in der griechischen Mythologie, über die Wirkung von Musik und Tanz in der indischen Kultur bis hin zur christlichen Weihnachtsmusik. Anhand von Beispielen ließ er die Musik auf die Zuhörenden einwirken.
Prof. Dr. Michael von Brück bei einem Symposium im Domicilium Weyarn 2017. Foto: Petra Kurbjuhn
Bei den griechischen Göttern Apollon, Dionysos und Linos verortete er den Ausgangspunkt von Musik. Während Apollon als Gott des Tages und des Lichtes gepflegte Musik machte, ist Dionysos als Gott der Nacht und der Ekstase bekannt. Linos, Sohn des Apollon, verglich seine Kunst mit der des Vaters und wurde von diesem umgebracht.
Schon früh also gab es Eifersucht in der Kunst, sagte der Referent und verwies darauf, dass Musik und Kunst dem Intellekt entgegengesetzt sind und gleichzeitig in Verbindung stehen. Musik könne uns positiv stimmen aber auch in Gewalt umschlagen. „Musik und Kunst sind im Zwischenbereich von Menschen, Toten und Engeln angesiedelt“, sagte Michael von Brück.
Weihnachtsoratorium, Cover der LP mit dem Thomanerchor Leipzig, Bachfenster aus der Thomaskirche Leipzig. Foto: Brüggemann
Musik nehme den Tod voraus, da der Klang entstehe und vergehe, so vereinige Musik Leben und Tod, bringe Freude und Trauer hervor. Mit dem Eingangschor zur 5. Kantate des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach „Ehre sei dir, Gott, gesungen“, zeigte er „einziges Schwingen im ewigen Jetzt“, bei dem wir mitschwingen und die Gleichzeitigkeit der Polyphonie und Akkorde erfahren dürfen.
Mit Orpheus, dem Gegenspieler von Dionysos, führte Michael von Brück den Vater der Poeten ein, der mit seinem Gesang Menschen, Götter, Tiere, Pflanzen und sogar Steine betörte und mit seiner Musik die Natur zähmte. Die Spur der Musik führte weiter aus der griechischen Antike nach Indien. Als profunder Kenner der indischen Mythologie zeigte der Vortragende auch hier anhand von Musik, wie sich in Klang und Rhythmus die Polyphonie entfaltet.
Mythos als Resonanz
„Mythos und Kunst leben von der unmittelbaren Erfahrung“, zitierte er aus seinem Beitrag „Mythos als Resonanz“ im Buch von Hans Werner Henze. Er betonte die Bedeutung der Schwingungen, auf die der Mensch reagiere und in Resonanz gerate.
Diese Resonanz geschehe auch beim Tanz. Die Zuhörenden konnten sich einem Video einer indischen Tänzerin hingeben, deren Bewegungen Anmut und Ekstase in Harmonie verbanden. Die Dynamik des Lebens erfahre der Mensch in der Musik mit sich widersprechenden Empfindungen. Sie können traurig ebenso wie freudig sein. Dasselbe geschehe in der mystischen Erfahrung der Einheit. Diese Widersprüchlichkeit sei auch Inhalt der Weihnachtsbotschaft: Friede auf Erden in einer Welt der Zerrissenheit.
Aretha Franklin
Den Hirten, Menschen ohne Zuhause, erschien in der Nacht das Geheimnis des Lebens durch die Geburt von etwas Neuem. „Wenn es am dunkelsten ist, beginnt der Tag“, sagte Michael von Brück.
Mit Aretha Franklin kam die menschliche Stimme, Gewissheit verkündend, ins Spiel. „Gott ist in mir, im anderen, Gott ist überall“, drückte es der Vortragende aus. „Wir alle sind beladen, von Sorge, Eifersucht, Angst um unser Ego.“ Aber die Geburt der göttlichen Liebe in uns zeige die Einheit von Gott und Mensch. Die „Sixtinische Madonna“ von Raffael zeige den Aufbruch in eine neue Welt.
Aufgehen in der Gesamtharmonie
Die Frage nach dem Sinn des Lebens lasse sich durch die Musik damit erklären, dass es das Schicksal jedes einzelnen Tones sei, im Gesamtklang aufgehoben zu sein. „Die Musik zeigt, dass der Mensch nicht verlöscht, sondern in der Gesamtharmonie aufgeht,“ bekräftigte Michael von Brück.
Und er schloss mit den tröstlichen Worten: „Es gibt immer Belastendes, die Frage ist, wie wir damit umgehen, ich wünsche uns einen lichtvollen Umgang.“
Einstimmen auf Weihnachten 2021
Mit dem gemeinsamen Singen von „O du fröhliche“ stimmten sich die Teilnehmenden auf die Weihnacht 2021 ein.