Liebe ohne Segen der Gesellschaft
Aus „Für eine Nacht …und immer“. Foto: KN
Neuer Fernsehfilm
Gestern Abend lief in der ARD der Fernsehfilm „Für eine Nacht… und immer?“ Der Miesbacher Regisseur und Drehbuchautor Robert Krause zeichnet als Co-Autor verantwortlich. Wir übernehmen auszugsweise die Rezension von Rainer Tittelbach.
Mit einem 20 Jahre jüngeren Mann ins Bett zu gehen, ist das eine. Mit ihm zusammenzuleben, ist schon etwas anderes. Da kann noch so viel Liebe im Spiel sein. Die Wissenschaftlerin Eva würde gern über ihren Schatten springen, die eigenen Bedenken ablegen und die Blicke ihrer Kollegen ignorieren. Aber es fällt ihr schwer. Ihr Herzblatt Tom hat damit keine Probleme. Ihn treffen die Blicke nicht. Er hat die Jugend auf seiner Seite. Die Kompromisslosigkeit seiner Gefühle, die Unbedingtheit seiner Liebe, das ist etwas, was die Mittvierzigerin von Anfang an beeindruckt an diesem jungen Mann. Als sie sich auf einer Geschäftsreise in Slowenien kennenlernten, arbeitete er noch als Profi-Pokerspieler.
Der Jungbrunnen
Die erste Nacht fällt noch unter die Rubrik „Spiel“. Er will sich beweisen, dass er alles kriegen kann, was er will. Sie ist beeindruckt von seiner Selbstsicherheit, seiner Unabhängigkeit und: sie ist geschmeichelt. Aus dem One-Night-Stand aber wird mehr. Zurück in Deutschland – steht er plötzlich vor ihr. Sie stürzt sich in den Jungbrunnen. „Du bist die erste Frau, mit der ich mir vorstellen könnte, zusammenzuleben“, sagt Tom. „Du bist so ein Spinner“, antwortet Eva. Aber sie merkt, dass es dieser junge Mann ernst meint. Jetzt ist es ihr auch egal, dass sich alle das Maul zerreißen werden. Behauptet sie zumindest. Eine andere Angst aber sitzt bei ihr noch immer tief.
Die Gesellschaft und die Biologie sind für die kleineren und größeren Krisen der Liebe zwischen Eva und dem 21 Jahre jüngeren Tom verantwortlich. Damit rücken die Autoren Brigitte Blobel, Robert Krause und Sibylle Tafel (auch Regie) in dem Fernsehfilm „Für eine Nacht… und immer?“ jene Aspekte einer solchen, noch immer nicht als „normal“ akzeptierten Liebe ins Zentrum, die auch im wahren Leben die Knackpunkte für eine solche Beziehung sein dürften. Dennoch machen sie aus dem Stoff kein schwergewichtiges Themenfilm-Drama, sondern überformen diesen Stoff mit dem Genre, das das Kino für solche Geschichten gern aktiviert(e): das Melodram.
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Täglicher Spießrutenlauf
Jeder ist seines Glückes Schmied – wenn das nur immer so einfach wäre! Liebe ohne den Segen der Gesellschaft ist schwer, weil das zum einen die Karriere beeinträchtigen kann, wie die Heldin am eigenen Leib erfahren muss, und vor allem, weil das Ausleben einer solchen Beziehung ein täglicher Spießrutenlauf sein kann. Und schlimmer noch: Bei der Heldin in dieser sehenswerten Degeto-Produktion arbeiten die Prophezeiungen ihrer Umwelt – von wegen: irgendwann wird er dich „ablegen wie einen ausgelatschten Schuh“ – in ihrem Kopf weiter und lässt sie geradezu im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung auf das Ende warten. Für diesen Moment will sie sich das „Hab ich mir doch gleich gedacht“ offenhalten. Diese Selbstschutzstrategie aber macht jene Eva weder frei, offen und unabhängig, noch begegnet sie dadurch ihrem Tom mit demselben Urvertrauen wie er ihr. Was sagt gleich der Vater von Tom: Weshalb ist sie nicht die Richtige für ihn? Nicht das Alter sei der Grund: sondern „einzig und allein, weil Sie zweifeln, Eva.“
Foto: Degeto/Hendrik Heiden