Die ausdrucksstarken Gesichter zweier Künstlerinnen
Figur Kechria von Tatjana Raum in der Galerie Kunst und mehr. Foto: Ines Wagner
Ausstellung in Bad Wiessee
In unserer Gegend nutzt man strahlende Sonnentage aus, um sich draußen aufzuhalten. In eine Galerie zu gehen, überlegt man sich da wohl dreimal. Peter Rau, Besitzer der Galerie „Kunst und mehr“ in Bad Wiessee weiß das und lud zur Vernissage unter freiem Himmel.
Im Sofa vor einem faszinierenden Porträt von Clint Eastwood, mit einem Glas Prosecco in der Hand, gibt es dann doch keinen Zweifel darüber, dass ein Galeriebesuch am sonnigen Samstag eine wunderbare Idee ist.
Mein Blick schweift über die im Schaufenster ausgestellten Köpfe. Ich habe eine besondere Beziehung zu ihnen. Als ich frisch nach Bad Wiessee gezogen war, wanderte ich durch den Ort, auf der Suche nach irgendetwas, das sich für mich wie Heimat anfühlen würde. Es war Winter und wenige Menschen waren auf der Straße zu sehen. Zufällig kam ich an der Setzstrasse vorbei und da sah ich sie, die Köpfe, die wohl der Fabelwelt entsprungen waren. Aus Ton gebrannt, mit Holzästen als Haaren, mit einem Ausdruck von tiefem Erleben, berührten sie mein Innerstes. Ich fühlte mich zu Hause und versank in die Betrachtung dieser Wesen.
Tatjana Raum in der Galerie Kunst und mehr. Foto: Ines Wagner
Auch dieses Mal ziehen mich die Köpfe wieder in den Bann. Im Gespräch mit Tatjana Raum erfahre ich Einiges über ihre Entstehung. Gesichter haben die in Rosenheim lebende Künstlerin schon immer fasziniert.
Tatjana Raum: „Ich beginne dort, wo andere aufhören“
Sie modelliert ein Gesicht aus Ton, brennt es und dann, wenn Andere aufhören würden, fängt sie erst richtig an. Im Schichtverfahren entsteht der Charakter der Figur durch das Bemalen mit Acrylfarben. Solange, bis sich irgendwann das Wesen der Figur zeigt, bis sichtbar wird, wer sich im Ton verbirgt. Manche der porträtierten Figuren haben androgyne Züge und enthüllen ihr Wesen nicht bis zur letzten Konsequenz.
Sie bleiben geheimnisvoll und immer wieder habe ich den Eindruck, ich müsste nur weit genug in den Wald hinein gehen, dann werde ich einige von ihnen irgendwann dort treffen.
Sehr naturverbunden ist auch die zweite Künstlerin, die gemeinsam mit Tatjana in der Galerie „Kunst und mehr“ ihre Werke zeigt. Agnes Wieser wohnt in ihrem Heimatort Kleinhöhenkirchen, weil es ihr wichtig ist, jederzeit im Wald unterwegs zu sein.
Gesichter, die berühren – Agnes Wieser
Auch sie liebt es Gesichter darzustellen. Oft sind es die Gesichter von bekannten Persönlichkeiten, die auf ihre Leinwand zu finden sind. Schauspieler, die sie durch ihre Leistung beeindrucken, Filmcharaktere, die durch ihre Kraft und Persönlichkeit etwas in ihr bewegen.
Vom kleinen Bild, das sie in ihrem Handy sieht, malt sie meist ohne Vorzeichnen, mit Pinsel und Acrylfarben direkt auf einer großen Leinwand los. Immer wieder geht sie zurück, findet den richtigen Abstand zum Bild in diesem Moment. Das Endergebnis ist beeindruckend. Egal ob Johnny Depp als Edward mit den Scherenhänden oder Charlize Theron als bitterböse Mutter der Neufassung von Schneewittchen – der Charakter der Filmfiguren zeigt sich klar und deutlich in jedem Pinselstrich der begabten jungen Künstlerin.
Portraits von Johnny Depp und Charlize Theron von Agnes Wieser Foto: Ines Wagner
Fast fällt es schwer, die Galerie zu verlassen. Die intensiven Acrylbilder von Agnes Wieser, die besinnlichen Tonköpfe von Tatjana Raum, die angeregten Gespräche mit den beiden Künstlerinnen. Gut, dass die Ausstellung noch bis fünften Mai zu sehen ist. Und vielleicht treffe ich ja doch noch auf eine der Figuren ganz tief drinnen im Wald.
Agnes Wieser vor ihren Bildern Foto: Ines Wagner