Ein Stück in anderen Schuhen gehen
„Wann hast du zuletzt die Perspektive gewechselt?“ fragt Gaston Florin. Aus einem männlichen Mann wird eine weibliche Frau: Aus Gaston wird Jacqueline. Der Perspektivwechsel ist eine Herausforderung, das Anders-Sein eine immense Bereicherung.
Experimenteller Vortrag/Theater in Moosach bei Grafing
Gläserne Grenzen im Kopf?
Gaston Florin treibt dieser Perspektivwechsel seit vielen Jahren um. Überhaupt aber ist er sehr umtriebig. Als Zauberer bekommt er renommierte Preise im In- und Ausland. Als Coach steht er Kollegen aus allen Bereichen der Bühne zur Seite, zudem arbeitet er als Regisseur. Er hält Seminare und Vorträge bei Firmen, Symposien und Tagungen wie beispielsweise der „Business Professional Women“. Schwerpunkt ist das unterschiedliche Rollenverhalten von Mann und Frau und was man daraus ableiten und umsetzen kann. 2014 gründete er gemeinsam mit Dr. Katja Kantelberg das „Institut für Perspektivenwechsel“ in Bruck. Gleich um die Ecke, in Moosach, hat er im Meta Theater einen Abend gestaltet: Ein Ein-Mann-Theater, das zugleich Ein-Frau-Theater und Coaching ist: „Mann spricht Frau“.
Kommunikation, Körpersprache, Klischees
Für einen Schauspieler ist es natürlich, in andere Rollen zu schlüpfen, aber in die des anderen Geschlechts ist eine enorme Herausforderung. Es bedeutet für einen Mann, in den Schuhen der Frau zu gehen, im wahren und im übertragenen Sinne. Und was macht eigentlich einen femininen Eindruck aus? Während beispielsweise Männer „parallel“ gehen, wie John Wayne im Western, bewegen sich Frauen ehr „diagonal“, wie die Models auf dem Laufsteg.
Gaston Florin alias Jaqueline. Foto: Ines Wagner
Gaston spielt mit charmantem Humor, wie Männer zumeist viel Raum beanspruchen, während Frauen sich tendenziell kleiner und schmaler machen. Die Zuschauer erleben die Wandlung vom Mann zur Frau und sind dabei gefragt mitzumachen und Kommunikationstechniken anhand unterschiedlicher Körpersprachemodelle auszuprobieren, denn „Körpersprache ist mächtig“. Sie verändert den Wagemut.
„Die Welt ist komplett anders als Jacqueline.“
Mit Jacqueline hat Florin eine Figur erschaffen, die sich komplett von ihm unterscheidet. Der Übergang vom Maskulinen zum Femininen ist ein Kunststück, eine Wandlung von ausladenden, markanten Bewegungen zu raffinierten und weichen Gesten. Er lotet die Figur der Französin derart überzeugend aus, dass man nahezu vergisst, das Jacqueline eben doch Gaston ist. Sie kokettiert mit ihren Reizen, plaudert aus dem Nähkästchen, philosophiert über Gott und die Welt. Vor allem lässt sie teilhaben an Erlebnissen, die Monsieur Gaston nicht erlebt hätte: Angst beispielsweise, allein im Dunklen auf einer Straße, oder von einem Blödmann blöd angemacht zu werden. Dinge, die Männern normalerweise in dieser Art nicht passieren und was sich daraus für den Umgang miteinander ableiten lässt
Der weibliche Erfolg ist immer bunt
Es geht um „Dominanz verhandeln“, und was Frauen hierbei von Männern lernen können. Um „Gläserne Grenzen der Macht“, Barrieren, die Frauen und Männer aufgrund ihrer unterschiedlichen Erziehungen im Kopf haben, sowie die Möglichkeiten, diese zu überwinden. Gaston Florin erforscht, analysiert und vermittelt schauspielerisch den psychologischen Aspekt. Die Unterschiede liegen nicht nur im Schuhschrank, aber selbst diese sind nicht unwichtig. Die Botschaft ist, dass Frauen und Männern viel voneinander lernen können, wenn sie sich in die andere Rolle besser hineindenken.
Aus Gaston Florin wird Jaqueline. Foto: Ines Wagner
Der Abend neigt sich zum Ende. Jacqueline zieht ihre Pumps aus und die Ringe vom Finger, zieht Hose und Hemd über und unversehens wird aus der sexy Blondine wieder John Wayne. Er hinterlässt sein Publikum mit großer Begeisterung und um einige Impulse reicher.