Gegrillte Lyrik in der Hirschbergler-Hütte
Das Ensemble Theatrissimo. Foto: Monika Ziegler
Literarischer Abend in Kreuth
Der absurde Titel macht neugierig. Und der Besucher wird nicht enttäuscht. Die Kreuther Theatergruppe Theatrissimo unter Regie von Veronika Leo serviert einen literarisch-schauspielerisch-musikalischen Abend voller Überraschungen.
Erinnern Sie sich an den Deutschunterricht mit Schillers Balladen oder Goethes Gedichten? Nicht so prickelnd? Dann schauen Sie mal bei Theatrissimo vorbei. Die junge Schauspieltruppe sagt die Ballade „Der Handschuh“ nicht auf, sondern spielt sie, mit Löwe und Tiger und Leopard, während der König huldvoll lächelt und mit der Hand wedelt.
Friedrich Schiller: „Der Handschuh“. Foto: Monika Ziegler
Einen Streifzug durch die lyrische Welt, ein Mosaik von Geschichten, Gedichten und Sketchen, schauspielerisch umgesetzt, kündigt Anian Roth in seiner Begrüßung an. Das Programm verspricht einen prallen, vielseitigen Abend. Immerhin 60 Beiträge von Shakespeare über Karl Valentin und Eugen Roth hin zu Heinz Erhardt und Loriot, aufgeteilt in sieben Themenbereiche, die von Musik der Riedler Musikanten begleitet wurden.
Silvester und Veronika Leo. Foto: Monika Ziegler
Die große Neigung aber der Darsteller liegt bei Marcus H. Rosenmüller und Gerd Baumann. Das kongeniale Duo, bekannt durch sein Programm „Wenn nicht wer du“ steuert eine Vielzahl von Texten zu der gelungenen Mischung bei. Die Vorliebe für die beiden Poeten kommt nicht von ungefähr, Rosenmüller und Baumann sind für Text und Musik am Nockherberg zuständig, wo auch Silvester Leo schon mitspielte.
Anian Roth. Foto: Monika Ziegler
Es liegt aber nicht nur an der geschickten Wahl der Texte, dass der Abend zu einem Vergnügen wird. Regisseurin Veronika Leo hat es verstanden, Vortrag, Lesung, Pantomime, Sketch, Tanz und Musik in einer flotten Abfolge zu vereinen. Jeder der Mitwirkenden hat seine Glanzrolle im Solo, ist aber auch bei Gruppenszenen dabei.
Die Regisseurin selbst glänzt unter anderem mit dem Text von Stefan Zinner „Gott trinkt kein Löwenbräu“, das tauscht er nämlich in Tegernseer um, weil er ein echter Bayer ist. Ehemann Silvester Leo ist ein wunderbarer Baumann-Interpret. Mit todernster Miene trägt er die skurille Lyrik vor, ist sowohl „Ich der Heinz“, fragt sich danach „Bin ich eine Sau?“ und appelliert an die Wissenschaft: Man kann doch ohne Zahlen lustvoll durch die Gegend wandern.
Sylvia Goriup in Loriots „Fernsehansage“. Foto: Monika Ziegler
Sylvia Goriup liefert mit dem bekannten Sketch von Loriot „Fernsehansage“ eine sprachliche Höchstleistung. North Cothelstone Hall und die benachbarten Ortschaften Nether Addlethorpe und Middle Fritham, sowie die Personen Lord und Lady Hesketh-Fortescue, Meredith, Priscilla und Gwyneth Molesworth und vieles weitere mit zahlreichen „th“s versehen, muss man erst einmal sprechen können.
Auch Gerhard Hoffmann hat es nicht leicht. Ernst Jandl Lautgedicht „Ottos Mops“ ist ein Zungenbrecher, denn der Mops trotzt und hopst und klopft und kotzt, aber der Schauspieler bewältigt es scheinbar mühelos. Mühelos und sehr komisch präsentieren Anna John und Alexandra Kolmansberger-Walleitner Dada. Ihr „Seepferdchen & Kugelfisch“ (eigentlich Flugfisch im Original) von Hugo Ball ist eine Sprach-Pantomimen-Meisterleistung.
Anna Reisberger und Gerhard Hoffmann. Foto: Monika Ziegler
Ein großartiger Richard III. ist Anian Roth. Mit AC/DC-Shirt und Lederjacke spricht er den berühmten Monolog, der in den Worten gipfelt „Bin ich gewillt ein Bösewicht zu werden“, so dass sich Gänsehaut einstellt.
Sehr jung und sehr zart sitzt Carina Reichhart als „Das Blümchen“ mit dem überraschenden Ende von Heinz Erhardt am Bühnenrand. Anna Reisberger ist eine perfekte Liesl Karlstadt in Karl Valentins Bahnhofsszene.
Bleibt die Frage nach dem Titel der Veranstaltung: „Gegrillte Lyrik“. Die Auflösung finden sie im blauen Kasten.