Schlierseer Bauerntheater: Gebangt, gelacht, geklatscht
Vinzenz (Hans Schrädler) wirbt stur um die Hand der schönen Geierwally (Carolin Schmid). Foto: Ines Wagner
Theater in Schliersee
„Die Geierwally“ wie man sie auf bayerischen Bühnen noch nicht kennt: Spannend wie einen Krimi hat Hans Schrädler das Stück in vier Akten im bairischen Dialekt am Schlierseer Bauerntheater inszeniert.
Als Wilhelmine von Hillern im Jahr 1873 ihren Roman über die Geierwally schrieb, hat sie nicht geahnt, wie vielfältig der Stoff auf Bühne und Leinwand noch interpretiert wird. Das Ensemble des Schlierseer Bauerntheaters hat nun eine weitere Version hinzugefügt. Eine besonders gelungene: Klar und fesselnd. Die Bearbeitung von S. Kolb und J. Seebacher in bairischem Dialekt packt ihre Zuschauer auf der Bühne des ältesten Bauerntheaters in Bayern – bei den Lachmuskeln (aufgrund der bairischen Granteleien) ebenso wie beim Bangen und Mitfiebern, wie die Geschichte um die willensstarke Geierwally ausgeht.
Lässt sich Liebe erzwingen?
Für ein Dirndl gehört es sich nicht, derart eigenwillig zu sein, deshalb soll dieser Wille gebrochen werden, mit Hartherzigkeit und notfalls Gewalt. Die Geschichte ist vielschichtig und gibt Spielraum für die Schauspieler her, den sie gekonnt ausnutzen. Will Vinzens, den sie auf des Vaters (herrisch: Kaspar Hirtreiter) unnachgiebiges Drängen hin heiraten soll, nur den Hof des Höchstbauern? Oder liebt er sie doch (ein wenig)? Hat der arme Bärenjosef, dem ihr Herz gehört, ohne dass er davon weiss, sie überhaupt verdient? Und verhindert Wally in ihrem unnachgiebigen, geraden Weg nicht vielleicht selbst ihr Glück?
Für den Höchstbauern (Kaspar Hirtreiter) ist alles geklärt: Wally soll Vinzens heiraten . Foto: Ines Wagner
Carolin Schmid steht kraftvoll und überzeugend auf der Bühne in der Rolle der willensstarken Tochter des Höchstbauern. Sie spielt so zuwider, hochmütig und unnahbar ihren Stolz aus, dass den Zuschauern fast schaudert, wenn sie nicht wüssten, dass Wally so sein muss. Der Stolz und die Unnachgiebigkeit ist alles, was sie hat. Ein Bua hätte sie werden sollen, und so ist sie denn auch erzogen worden, geschlagen und getreten von ihrem Vater. Das hat sie jedoch nicht zerbrochen. Hart gegen sich selbst, auch gegen andere, zieht sie sich zurück auf die Gletscheralm, gemeinsam mit ihrem Geier Hansi. Was sie sich nicht nehmen lässt, ist ihre Würde, Unabhängigkeit und ihre Liebe. Zum Glück gibt es auch Menschen, die es gut mit ihr meinen. Wie der Altknecht, gutmütig grantelnd: Schorsch Kaltner.
Authentische Rollenbesetzung
Dem Vinzenz glaubt man durchaus, dass ihn nicht nur der Hof, sondern die Wally selbst lockt. Nur hat er sich da verrannt. Hans Schrädler spielt den ungeliebten Heiratskandidaten überzeugend stur. Und auch Martin Hirtreiter ist authentisch in der Rolle des Bärenjosef: ablehnend, schroff und zugleich ungestüm. Die Geschichte ist so klar wie verzwickt. Den Balanceakt um Ausbrechen aus der Tradition, um Liebe, Schande, Würde und Gewalt hat das Ensemble mit großer Aussagekraft umgesetzt.
Wally bangt um das Leben ihres Bärenjosef. Foto: Name
Hans Schrädler hat das Stück gemeinsam mit dem Ensemble des Bauerntheaters authentisch auf die Bühne gebracht. Die gelungenen Kostüme und Bühnenbilder unterstützen den klaren Aufbau der Inszenierung. Eisig, fesselnd und furcherregend ist Wallys Monolog am Gletscher, eingetaucht in blaues Licht. Heimelig die Stube am Hof des Höchstbauern, in dem das Gesinde die Szenerie bestimmt: Reserl, Loisl und die Oberdirn, einfältig und boshaft gespielt von Magdalena Simsch, Korbinian Scharmann und Mirl Weiher-Forsthuber.
Ihre Wortgefechte mit dem gutmütigen Altknecht führen durch die Geschichte. In schönsten Bairisch natürlich, da macht das Fluchen auf der Bühne und auch dem Publikum Spass. Für die Überbrückung der Bühnenumbaupausen zwischen den vier Akten sorgen die Schlierachtaler Musikanten mit ihrem Spiel. Trotz der Pausen bleibt es bis zum Schluss spannend wie ein Krimi. Das Publikum taucht in jedem Akt erneut gebannt in die Geschichte ein: Wird die Geierwally am Ende ihr Glück noch finden?