Genügsamkeit ist das neue Kulturmodell

Prof. Dr. Niko Paech in der Buchhandlung Rupprecht. Foto: Monika Ziegler

Vortrag in Bad Tölz

Der bekannte Wachstumskritiker und Volkswirtschaftler an der Universität Oldenburg stellte in der Buchhandlung Rupprecht in Bad Tölz seine Forderungen nach Suffizienz und Subsistenz der herrschenden Überzeugung gegenüber, dass grüne Technologien Fortschritt, Wohlstand und Klimaschutz in sich vereinigen. „Mit der richtigen Technik bleiben wir reich und kommen in den ökologischen Himmel“, so suggerierten uns Politik und Wirtschaft, meinte Paech.

Aber dies sei ein Trugschluss, denn am Beispiel der Windkraft sehe man, dass die Landschaft verändert werde. „Wir zerstören Natur um den Klimaschutz zu retten“, sagte er. Der ganze irre Aufwand der Energiewende gebe keine Antwort auf die dringenden Fragen. Globale Mobilität und Energieverbrauch durch Gütertransporte würden nicht in die Betrachtung einbezogen. „Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum schließen sich aus“, konstatierte Paech. Technik könne nie ökologisch sein, weil der Zustand der Ökosphäre irreversibel verändert werde.

Wachstum führt nicht zu mehr Zufriedenheit

Zum anderen zeigt der Ökonom auf, dass Bruttoinlandsprodukt und Zufriedenheit der Menschen nicht parallel verlaufen, heißt, mehr Wachstum führt in den Industrienationen nicht zu mehr Glück. Im Gegenteil psychische Erkrankungen nehmen zu. Digitale Bequemlichkeit führt zu Stress, die Anzahl der gekauften Güter führt zu einem Überforderungssyndrom.

Eine zeitökonomische Analyse zeigt darüber hinaus, dass es bei den Menschen bei immer höherem Konsum aufgrund ihrer begrenzten Zeit und Aufmerksamkeit zu Flüchtigkeit und Reizüberflutung kommt und damit der Genuss zerstört wird. „Meine These ist, dass wir ein Leben zwischen Leistungsstress am Arbeitsplatz und Stress in der privaten Sphäre führen“, sagte Paech.

Konsum, Mobilität und Erlebenissen mehr Wert geben

Man müsse dem Konsum, der Mobiliät und den Erlebnissen wieder mehr Wert geben und reduzieren, nur so könne man die Übersicht bewahren und Befriedigung im Tun finden. Genügsamkeit sei das neue Kulturmodell, kein ethischer Imperativ, sondern das Gegenmodell zu höher, schneller, weiter. Suffizienz also als Konsequenz, dass man mit Technik das ökologische Problem nicht lösen kann und gleichzeitig als Lebenskunst.

Wenn aber der Konsum reduziert wird, muss die Wirtschaft umgestaltet werden. Auch dafür hatte Paech ein Modell parat. „Die Arbeitszeit muss verkürzt werden und dann haben wir wieder Zeit, einen Schatz“, sagte er. Diese Zeit könne man für Subsistenz nutzen, also für Selber machen. Am besten in Gemeinschaften dafür sorgen, dass vorhandene Güter länger leben, eine Kultur des Reparierens also pflegen. Und die gewonnene Zeit könnte für kreatives Tun eingesetzt werden.

Regionale Vernetzung notwendig

Der Ökonom konstatierte, dass heute der Mensch über den Konsum beherrscht werde und seine gewonnene Freiheit verliere. Er möge sich davon frei machen und die Prinzipien der Suffizienz und Subsistenz für sich entdecken, um zu einem besseren Leben zu gelangen. „Und das Ganze ist dann auch noch Klimaschutz.“

Diesen notwendigen kulturellen Wandel könne man nicht steuern, dazu brauche es Vorbilder. Aber die ins Haus stehenden Krisen würden entschärft, wenn Menschen bereits Erfahrung mit Reduktion haben und dieses Wissen dannn weiter geben können. Notwendig, so schloss der Ökonom, sei eine regionale Vernetzung der Menschen, die sich bereits auf den Weg zu neuen Formen des Lebens gemacht haben.

Am 22. April ab 14 Uhr findet im Waitzinger Keller Kulturzentrum Miesbach eine regionale Degrowth-Konferenz mit dem Titel „Anders wachsen – Alternativen für das Oberland“ statt, bei dem sich vorhandene Initiativen vernetzen können. Weitere Informationen nebenstehend.
Niko Paech: Befreiung vom Überfluss Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie, oekom Verlag München, 8. Auflage 2015

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf