Gevatter Tod im Waitzinger Keller
Ehrlich und authentisch sein, Hilflosigkeit und Ohnmacht einräumen und viel Körperkontakt. So sollten Erwachsene Kindern begegnen, wenn ein Todesfall eintritt. Resümee der Diskussion im Anschluss an den DDR-Film „Gevatter Tod“.
Es ist nicht gerade das gängigste Märchen: „Gevatter Tod“, die Geschichte, wo der Tod als Pate für den kleinen Jörg fungiert. Im Gegensatz zu Gott und Teufel, die sich ebenfalls als Pate anbieten, erscheint dem Vater der Tod als der gerechteste von allen. Er vermittelt dem Heranwachsenden Heilkunde und vereinbart, dass der Medicus Erfolg hat, wenn der Tod am Kopf des Patienten steht. Jörg aber, egoistisch und auf Macht aus, trickst den Tod zweimal aus. Und muss es im Märchen mit dem Leben büßen.
Im Film geht es anders aus, auch nicht gut. Der Tod habe keine Rachegelüste, erklärte Beate Hanspach, die Dramaturgin des Films, die aus Leipzig angereist war, um an der Podiumsdiskussion teilzunehmen. Der Abend im Waitzinger Keller fand im Rahmen der West-Östlichen Kulturbegegnungen, organisiert vom Verein Kulturvision mit dem Kulturamt der Stadt Miesbach und der vhs Miesbach statt.
„Wie kann man Kindern das Thema Tod näher bringen“ hieß das Thema. Aber eigentlich sind es die Erwachsenen, die den Kindern den Blick auf den Tod verstellen, machte Matthias Striebeck, evangelischer Pfarrer im Ehrenamt und Notfallseelsorger deutlich. Kinder seien zunächst sehr offen, aber als Erwachsener belüge man die Kinder, um sie nicht zu sehr zu belasten. Dieser Falle müsse man entkommen.
Im Film ist eine Schlüsselszene dazu: Ein kleines Mädchen sitzt auf dem Grab seiner soeben beerdigten Mutter. Ganz locker erzählt sie Jörg, dass die Mutter jetzt wohl aufgehoben im Himmel sei. Marianne Gmelin vom Kinderschutzbund sieht es als Aufgabe der Erwachsenen, angstfrei mit dem Thema zunächst selbst zurecht zu kommen. Mit Kindern solle man das Thema dann besprechen, wenn sie fragen. Pädagogin Ulrike Stockmeier meinte, dass Kinder einen leichteren Umgang mit dem Tod hätten, da sie andere Mechanismen als wir Erwachsene hätten. Eine religiöse Verarbeitung sei, so Stockmeier, sehr hilfreich. Wichtig sei, so eine Anregung aus dem Publikum, dass Kinder am Prozess beteiligt würden, dass sie bei der Beerdigung mithelfen dürften.
Beate Hanspach betonte, dass der Film die Botschaft vermitteln möge, dass der Tod endgültig sei und man deshalb sein Leben nutzen solle. So schickt der Tod am Ende das junge Mädchen in die Welt mit dem Aufruf: Lebe wohl!
Zum Thema Spiele mit dem Töten waren die Meinungen geteilt. Von Gewähren lassen bis entschieden Widerstand leisten reichten die Auffassungen. Vermutlich ist beides richtig, wenn sich Eltern mit den Spielen wie „Starwars“ auseinandersetzen und gleichzeitig Alternativen anbieten.
Dass der Tod im Film auf Augenhöhe erscheint, ehrlich ist und dem Menschen seinen Machbarkeitswahn austreibt, ihm Ohnmacht und Demut beibringt, ihm zeigt, dass er den Tod zu akzeptieren hat, das kam am Ende der Diskussion zur Sprache.
Als praktischen Hinweis empfahl Matthias Striebeck, Kindern Verstorbene zu zeigen, sie am offenen Sarg hochzunehmen, dann sei der Tod kein Monster.
Und Ulrike Stockmeier erzählte, dass Kinder von sich aus genau wissen, wann sie genug vom Thema haben: Jetzt gehen wir spielen.
„Gevatter Tod“ aus dem Jahre 1980 ist ein empfehlenswerter Film für die Familie, für Kinder ab etwa 12 Jahre.