Glas Klang Farbe

Eine Verbindung: Glas Klang Farbe

Florian Lechner bei der Exklusivführung in der Ausstellung „Glas Klang Farbe“. Foto: Isabella Krobisch

Ausstellung in Prien

Mitglieder von KulturVision e.V. kamen in den Genuss einer Exklusivführung durch die Ausstellung „Glas Klang Farbe“ von Florian Lechner und Fritz Harnest in der Galerie im Alten Rathaus Prien. Sie erfuhren durch Florian Lechner in einem berührenden Vortrag, was die Verbindung der beiden Künstler ausmacht.

Der überregional bekannte Glaskünstler aus dem Inntal ging in seinem Thema des Erinnerns und der Bedeutung von Kultur bis zurück in das alte Ägypten und zitierte: Die Aufgabe des Priesters sei es zu heilen, etwa mit Hilfe des Lautes, des Bildes, des Amuletts, der Musik oder des Geruchs. „Die Heilung durch Kultur ist die Möglichkeit des Homo sapiens“, bekräftigte Florian Lechner.

Er bezog sich auf die Forschung von Schimpansen-Expertin Jane Goodall: der Mensch unterscheide sich nur in zwei Prozent der DNA vom Schimpansen, diese zwei Prozent aber befähigten ihn zur Freiheit der Entscheidung: „Der Mensch besitzt eine Aggressivität, aber er muss es nicht tun.“

Beziehung der beiden Künstler

Das Besondere an der Ausstellung „Glas Klang Farbe“ ist die Beziehung der beiden Künstler, die Florian Lechner im Erdgeschoss anhand der Dokumente seiner Eltern nachwies. Mutter Irmgard war eine bekannte Cembalistin, Vater Konrad war Komponist, Dirigent und Musiker und dirigierte den Münchner Bachchor.

Glas Klang Farbe
Florian Lechner erklärt die Zusammenhänge der Beziehung der beiden Künstler. Foto: Petra Kurbjuhn

Zu ihrem Künstlerkreis gehörte auch der Maler Fritz Harnest. Sie alle litten unter dem Zweiten Weltkrieg und waren mit Christoph Probst von der Widerstandsorganisation „Weiße Rose“ befreundet, der nach einem Treffen verhaftet und zwei Tage später hingerichtet wurde.

„Sie leisteten stillen Widerstand in Ausübung der Kultur“, betonte Florian Lechner. So hätte sich sein Vater dem Verbot der Nazis, Konzerte zu spielen, widersetzt, indem er den Bachchor auf einem Boot im Chiemsee dirgierte.

Glas Klang Farbe
Mosaik-Baukasten von Fritz Harnest. Foto: Isabella Krobisch

Fritz Harnest schenkte damals im Krieg dem kleinen Florian einen Mosaikbaukasten mit 12 Steinen und sechs Bildern, den Besuchende neben anderen Zeitdokumenten sehen können. Fritz Harnest habe unter der Kulturlosigkeit im Dritten Reich gelitten und einen Weg über die Malerei gesucht, psychisch damit umzugehen. Er sei ein lichtvoller Maler gewesen und habe trotz der Kriegsgräuel wunderbare Bilder geschaffen.

Kreativität ist lebensnotwenig

„Wo sitzt die Kreativität im Gehirn?“ fragte Florian Lechner und antwortete anhand einer aktuellen Studie. Demnach habe man mittels bildgebender Verfahren festgestellt, dass die Kreativität insbesondere in den Bereichen des Hirns sitze, in denen der Mensch Wärme/ Kälte und Hunger empfinde. „Kreativität ist also lebensnotwenig“, folgerte der Künstler.


Florian mit seiner Lichtscheibe und rechts eine Glasskulptur. Fotos: Isabelle Krobisch

Dazu gehöre auch das Spiel, das Geben und Nehmen, Verlieren und Gewinnen, es gebe nicht nur eine Seite, betonte er und balancierte auf einem Bein. „Nur mit zwei Beinen stehen wir fest auf dem Boden, nicht mit einem und der Aussage: ich habe recht.“

Florian Lechner erklärte auch die Besonderheit seines Materials. Glas manifestiere Licht, „Glas macht Licht sichtbar.“ Diese Erkenntnis habe er vor Jahren in der Kathedrale von Chartres verinnerlicht, als er das Licht durch die Glasfenster aus dem 12. Jahrhundert wahrnahm.

Unterstützung durch Alexander von Branca

Er habe dann Glas für große Formen gesucht und mit selbst gebauten Schmelzöfen sein Schmelzglas entwickelt. „Auf einem Untergrund aus geformtem Sand erhitze ich langsam Glasplatten.“ Glas sei ein altruistisches Material und nehme die Gestalt der Sandform an. Seine ersten großen Arbeiten habe er mit Unterstützung des verstorbenen in Miesbach beheimateten Architekten Alexander von Branca im öffentlichen Raum zeigen dürfen.


Glassäule von Florian Lechner und Malerei von Fritz Harnest. Fotos: Isabella Krobisch

Im ersten Stock der Galerie wird die künstlerische Verbindung der Malerei von Fritz Harnest mit den Glasskulpturen Florian Lechners offenbar.

Die lichtvolle Malerei des 1999 verstorbenen Künstlers fußt in weiten Teilen auf der Musik. Fritz Harnest sei Synästhetiker gewesen, habe also bei Musik Farben gesehen, erklärt der Glaskünstler. Die daraus entstandene farbige Malerei harmoniert ganz deutlich in dem Raum, in dem drei große Glassäulen, umhüllt von Edelstahl, von Florian Lechner stehen. Vertikale Strukturen hier und da.


Abstrakte Malerei von Fritz Harnest. Foto: Isabella Krobisch

Dazu kommt eine weitere Gemeinsamkeit. Fritz Harnest litt unter dem Krieg und malte dennoch voller Licht. Florian Lechner integriert in seine Glassäulen kleine Verletzungen am Rand, die zu einer Verlichtung führen.


Glasschale von Florian Lechner. Foto: Isabella Krobisch

Im Raum mit einer großen Glasschale führt der Künstler den Klang vor, denn Glas produziert nicht nur Licht, sondern ebenso Klang. Diesen Klang zeichnete Florian Lechner in Lichtzeichnungen auf. „Licht und Klang in einem Material“, betonte er.

Auch in seiner Farbkreisscheibe zeigte er die Verbindung seiner Arbeit zu der des Malers.

Glas Klang Farbe
Florian Lechner: „Why do we destroy what we love?“ Foto: Isabella Krobisch

Am beeindruckendsten ist eine Glasinstallation am Boden. Sie zeigt eine menschliche Figur, die in der Mitte zersplittert ist. Ein Video begleitet von der Musik der Mutter des Künstlers am Klavichord offenbart die Entstehung: Er lässt eine Kugel in die Skulptur fallen und nennt sie „Why do we destroy what we love?“. Dazu passt ein Spruch seines verstorbenen Sohnes Matäus:


Text von Matäus Lechner. Foto: MZ

Die Ausstellung „Glas Klang Farbe“in der Galerie im Alten Rathaus Prien ist bis zum 11. Mai mittwochs bis sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Es gibt eine Reihe von Begleitveranstaltungen, die Sie auf der Webseite finden.

Zum Weiterlesen: Woher – Wohin. Ein Lebenswerk in Licht und Glas

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