Glaskunst im Dreiländereck
Der bayerische Glaskünstler Florian Lechner. Foto: Petra Kurbjuhn
Thementag in der Kulturbrücke Fratres
Einem außergewöhnlichen Material war der vierte Thementag der Kulturbrücke Fratres in Kooperation mit KulturVision e.V. gewidmet. Glas in seiner künstlerischen und kulturellen Bedeutung für Böhmen, Bayern und Österreich sowie in seiner Klangwirkung faszinierte die zahlreichen Besucher.
Für die Ausstellung im Galerieraum sowie dem Gutshof in Fratres hatte Tagesverantwortliche Ines Wagner, Vorsitzende von KulturVision, Künstler aus drei Ländern eingeladen. Was sie vereinte, war die hohe Qualität ihrer Arbeiten, was sie trennte, waren Technik und Gestaltung. Die Glasskulpturen aus der Glashütte der Familie Andreas Apfelthaler hatten die Besucher schon in der Einfahrt begrüßt. Seit 30 Jahren produziert das Unternehmen in Altnagelberg Gebrauchsglas und dekorative Glasobjekte und präsentiert Österreichs größtes Glasmuseum.
Die Skulpturen der Firma Andreas Apfelthaler umrahmen die Protagonisten des Thementages. Foto: Monika Freisel
Petr Stacho aus Böhmen präsentiert zwei Werke, die den Eindruck erwecken, als seien sie aus dem Glas herausgeschlagen. „Crash“ ist eine beeindruckende Skulptur, durch die ein tiefer breiter Riss geht und in „Fragment from forest“ hat der Künstler ein grünes Glas in seiner Spezialtechnik geformt, die Jana Zoglauer Vinsova erläuterte. Danach formt der Künstler zunächst aus Ton, übergießt mit Spezialgips und gießt erst danach in die Gipsform das Glas. So ist jedes Werk ein Unikat.
Petr Stacho: Crash. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch Leoš Smejkal bedient sich einer aufwändigen Herstellungsweise, der Graaltechnik, mit der er einmalige Werke im Werk schafft, die er „King of Kings“ oder „Angel“ nennt.
Leoš Smejkal: King of Kings. Foto: Petra Kurbjuhn
Ursula-Maren Fitz aus dem Landkreis Miesbach befasst sich neben Stein, Bronze und Papier ebenfalls schon lange mit Glas. Dabei ist ihr Thema Schutz und Schutzwürdigkeit der menschlichen Seele, symbolisiert durch das Haus und die Arche. Ihre Objekte, wie das Haus auf der Arche oder das Kreuz im Glaskörper, das sie „Umkämpft“ nennt, berühren den Betrachter in ihrer Eindringlichkeit.
Kulturbegegnung Bayern-Waldviertel: Ursula-Maren Fitz und Andreas Apfelthaler. Foto: Hannes Reisinger
Florian Lechner aus Nussdorf am Inn berührt die Besucher ebenfalls im Innersten. Seine Glas-Klänge, die den Thementag beschlossen, erfassen den Menschen und lassen ihn mitschwingen. Der Glaskünstler brachte sehr unterschiedliche Schalen nach Fratres, die er mit unterschiedlichen Mitteln in Klang versetzte. Bambusstäbe ebenso wie Kugeln oder Filzschlegel.
Florian Lechner erzeugt im Glas Schwingungen und Klang. Foto: Hannes Reisinger
Glas, Licht, Klang und Raum vereint der international renommierte Künstler zu einem einmaligen Erlebnis. Dabei verbindet er die Polarität Hell – Dunkel ebenso wie Klang und Schweigen. Während er im Hintergrund ein Metronom schlagen lässt, sagt er: „Die Welt schwingt weiter und gibt die Möglichkeit mitzuschwingen oder dagegen zu schwingen.“
Die Mitte schweigt
Besonders faszinierend sind seine Experimente, die er an einer großen Klangschale, die schon in der Kathedrale von Chartres und in einem tiefen Brunnen ihre Wirkung entfaltete, demonstriert. Am Rande erzeugt er Klänge, aber die Mitte schweigt. „In der Mitte sollten wir ruhen und nach außen schwingen“, erläutert Florian Lechner. Und er fordert die bewegten Zuhörer auf, dass sie im eigenen Herzen mitnehmen sollen, was ihnen im Klang begegnet.
Glas beflügelt Fantasie
Der Mittelteil des Thementages war der Spurensuche gewidmet. Glas beflügle seit Jahrtausenden die Fantasie der Menschen, sagte in ihrem kompetenten Impulsreferat Ines Wagner, Glastechnikerin, Textildesignerin und Journalistin. Deshalb spiele es auch im Märchen eine bedeutende Rolle. Heute hingegen diene es als Metapher für den Datenschutz, der gläserne Mensch könne für jedermann transparent werden.
Ines Wagner während ihres Impulsvortrages zum Thema Glas. Foto: Hannes Reisinger
Glas könne aber, insbesondere durch Schliff, Licht durch Brechung verstärken und es könne Botschaften transportieren, sogar Feuer entfachen. Ein edles Material sei das Glas, betonte Ines Wagner und die Herstellung sei ein aufwändiger Prozess. Nachdem der früheste Glasfund aus 3500 vor Christus stamme, sei Glas ein Kulturgut aller Zeiten gewesen und auch heute noch identitätsstiftend für die Region, wo es hergestellt wird.
Hubert und Hermine Grabenhofer. Foto: Petra Kurbjuhn
Damit leitete sie über zum Vortrag von Hermine und Hubert Grabenhofer aus Litschau, die ein 1000 Seiten umfassendes Kompendium über „Wanderglashütten diesseits und jenseits der Grenzen“ verfasst haben. Holz und Quarzsand bildeten die Voraussetzungen für die Glaserzeugung. Wenn die Rohstoffe aufgebraucht waren, zogen die Glasmacher weiter und begründeten damit die Kulturlandschaft der Wanderglashütten in Bayern, Böhmen und im Waldviertel im 18. und 19. Jahrhundert und wurden zu Wegmachern der Besiedelung des Dreiländerecks. Drei Jahre lang arbeitete das Ehepaar an seiner akribischen Zusammenfassung.
Meilensteine der Glaserzeugung
In seinem Beitrag zu Europas Glasherz beleuchtete letztlich Petr Novy, Hauptkurator am Museum für Glas und Bijouterie in Jablonec nad Nisou, die Meilensteine der Glaserzeugung und die Besonderheiten der Werkverfahren in Nordböhmen.
Die Besucher äußeren sich begeistert über die Qualität der Veranstaltung, die die enge Verbundenheit der drei Länder Bayern, Tschechien und Niederösterreich am Beispiel grenzüberschreitender Glaskunst dokumentierte.