Global Music Award und neue Pläne
Das Machado Quartett: Perry Schack kommt aus dem Jazz, Anna Prüflinger aus der Klassik, Bernie Prüflinger aus dem Rock und Ingo Veit hat sich der Alten Musik verschrieben (v.l.). Foto: Florian Bachmeier
Internationale Musikpreise nach Bad Tölz
Mit der CD „Viergefühl“ bekam das Tölzer Machado Quartett hochkarätige, internationale Preise. Genau zum richtigen Zeitpunkt, inmitten des für die Musiker schwierigen Corona-Jahres, in dem mit dem Applaus des Publikums auch die näheren Perspektiven fehlen.
Jetzt etwa würde das schon traditionelle Adventskonzert im Tegernseer Barocksaal im Terminkalender des Machado Quartetts stehen. Stattdessen: gähnende Leere bis in den Sommer des kommenden Jahres. „Wir bleiben trotzdem guter Dinge“, sagt Perry Schack und strahlt zuversichtlich in die Videokamera seines Laptops. Licht gibt’s indes noch keines am Ende des Corona-Tunnels. Im nächsten August hoffentlich wieder die Teilnahme am großen Musikfestival in der Steiermark. Neben der Unsicherheit, wie lang die Pandemie die Gesellschaft im Griff hat, schwingt auch die Angst in der Kulturszene: Welche Veranstalter wird es danach noch geben?
Lesetipp: Haydn, Hirten, Hallelujah
Global Music Award
Manchmal scheint jedoch auch ein helles Licht inmitten der dunklen Wochen und Monate. Und zwar beim Machado Quartett gleich zweimal kurz hintereinander, quasi im Staccato: Zuerst kam die Nachricht über die Verleihung der Silbermedaille beim begehrten Global Music Award für die Kategorien „bestes Quartett“ und „bestes Album“. „Wir haben uns wenige Chancen eingeräumt bei einem so großen Wettbewerb, wo tausende CDs aus aller Welt eingehen“ so Perry Schack, „vielleicht eine Chance von einem Prozent.“ Und doch haben sie die Jury voll überzeugt. Und zwar gleich in zwei Kategorien – ein schöneres Geburtstagsgeschenk konnte es zum 10-jährigen Bestehen nicht geben. Und dann, eine Woche später, die nächste erfreuliche Nachricht: Die „Tschick-Trilogie“ aus dem Album „Viergefühl“ wurde von der U.S. Musikzeitschrift „Clouzine“ als „Best Classical Song“ ausgezeichnet.
Als die vier Gitarrenvirtuosen aus Bad Tölz die CD „Viergefühl“ entwickelten, schwangen sie noch ganz im beflügelnden Flow im Nachhall des erfolgreichen Konzertes in der New Yorker Carnegie Hall im Jahr 2017. Das Geheimrezept ihres Erfolges: Eine Mischung unterschiedlichster Genres, „nacherzählt“ auf vier Gitarren – von Tango-, Klassik und Latino-Rhythmen bis zu Jazz und Pop. Kein Wunder, kommen die vier Virtuosen doch aus den unterschiedlichen Richtungen der Musik: aus Klassik, des Jazz, Rock und der Alten Musik. Sie begründeten mit ihrem ungewöhnlichen Œvre ein eigenes Genre: „Guitarra Nueva“.
Machado Quartett in NYC. Foto: Steffen Brunner
Guitarra Nueva – von erzählerisch bis perkussiv
„Wir beschäftigen uns immer intensiv mit der Frage, was wollte der Komponist mit der Musik bei den Zuhörern bewirken – und: Wie können wir das mit vier Gitarren erreichen?“ erläutert Ingo Veit das Konzept. Dabei geht es ihnen nie in erster Hinsicht darum, Effekte zu erzeugen. Wenn sie mit den Händen oder einem Schlagbesen den Korpus der Instrumente perkussiv bearbeiten, entsteht jedoch eine völlig neue Art von Musik, weit jenseits der Möglichkeiten der klassischen Gitarre. Die Arrangements der Stücke, die zumeist für Orchester komponiert sind, schreibt Bernie Prüflinger wie maßgeschneidert entsprechend der musikalischen Schwerpunkte der Virtuosen für das Quartett. Mit seiner dreisätzigen, einfühlsamen Komposition „Tschick“ nach dem preisgekrönten Roman von Wolfgang Herrndorf ist ihm ein großer Wurf gelungen, der nun zur Freude aller die beliebte Auszeichnung in den USA erhielt.
„Wir machen weiter und proben immer mittwochs gemeinsam auf Abstand – auch wenn es erst mal nur für uns ist“, erzählt Perry Schack. Die Zeit haben sie gut genutzt und den „Personalwechsel“ im Quartett sanft vollzogen. Stephanie Kobras hatte länger schon den Wunsch angekündigt, sich allmählich zurückzuziehen, „wenn eine passende Nachfolgerin“ gefunden würde. Mit Anna Prüflinger, der Schwester Bernie Prüflingers, ebenfalls einer in der Klassik ausgebildeten Konzertpianistin, ist das Quartett wieder komplett. Sie bringt zudem eine Leidenschaft für brasilianische Rhythmen ein, die der gemeinsamen Musik wiederum Flügel in eine neue Richtung verleiht.
Wie geht’s weiter?
Schon proben sie Stücke für eine neue CD, die Ende nächsten Jahres aufgenommen werden soll. Verraten möchten sie noch nichts, nur so viel: Sie bleiben ihrem Konzept des charmant Erzählerischen aus den unterschiedlichsten Genres treu. Dazu probieren sie einen neuen, ungewöhnlichen Weg aus, frische Dynamik in die Erzählweise der klassischen Gitarren zu bringen. Und auch das neue Viergefühl ist bereits ein Wir-Gefühl – weil das Können aller genauso stimmt wie die Chemie und die Vier schon im Sommer bei den Ensemble Workshops am Achensee erfolgreich miteinander gearbeitet haben.