Kunst als Spiegel der Gesellschaft
Ekaterina Zacharova „Das Mädchen und der Banker“, Antonia Leitner: „Idol“, Hans Schneider „Abgeha(c)kt (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Jahresausstellung in Gmund
Die 16. „gmundart“ besticht durch zwei Besonderheiten. Zum einen warten altbekannte Künstler mit neuen und ausgesprochen attraktiven Werken auf, die zumeist mit neuen Aspekten überraschen, und zum anderen haben sich einige Künstler gesellschaftlichen Themen gewidmet.
Europa, Kommunalpolitik und Kunst zusammenzubringen, das sei ein schwerer Brocken, meinte so auch Bürgermeister Alfons Besel zur Eröffnung. Aber da gebe es durchaus eine Gemeinsamkeit, nämlich Engagement. Sowohl in Europa, der Kommunalpolitik und bei der gmundart seien engagierte Menschen am Werk.
Leben einhauchen
Und dazu kommen engagierte Betrachter, die sich einlassen, die sich Zeit nehmen, die die Kunstwerke mit eigenem Wissen, eigener Erfahrung verbinden und ihnen damit Leben einhauchten. „Gehen Sie mit frechen Augen durch die Ausstellung“, forderte er die zahlreichen Besucher auf.
Bürgermeister Alfons Besel, gmundart-Organisator Hans Weidinger, Priska Büttel und Landrat Wolfgang Rzehak. Foto: Petra Kurbjuhn
Diese frechen Augen sind schon vor dem Jagerhaus gefordert, denn dort hat Kurt Gmeineder zwei Nixen platziert, die gegen die geplante Untertunnelung der Mangfall aus dem Wasser gestiegen sind. Zudem ist ein großer blauer Ring mit dem Titel „Bypass“ zu sehen, den Priska Büttel gefertigt hat.
Priska Büttel „Bypass“. Foto: Petra Kurbjuhn
Der geplante Hochwasserschutz, der den See absenken soll, werde dramatische Auswirkungen auf die Ökologie haben, sagte die Künstlerin. Ihr Werk solle die Umleitung von Kompetenzen darstellen. Denn wann werde wieviel Wasser abgezogen? Und was passiere, wenn der Regen woanders niedergehe und der See austrockne?
Mahnmale
„Wir können die Natur nicht besiegen und die Kunst sollte ein Spiegel der Gesellschaft sein.“ Man wolle mit diesen Installationen auffordern nachzudenken. Als Mahnmale bezeichnete gmundart-Organisator Hansi Weidinger die beiden Außeninstallationen. Generell könne man stolz darauf sein, was die 22 Künstler aus Gmund und Umgebung bei diesem alljährlichen Forum ausstellen.
Kurt Gmeineder: „Europa“. Foto: Petra Kurbjuhn
Keineswegs übertrieben, die Ausstellung zeigt von Professionalität und von künstlerischer Aussage ganz unterschiedlicher Form. Bleiben wir bei den Arbeiten mit gesellschaftlicher Relevanz. Kurt Gmeineder hat sich mit seinem Bild dem Thema Europa gewidmet, diese ist in dreifacher Form vom etwas altersschwachen Stier (Zeus) abgestiegen und wedelt mit Geld, Rosen und Bayernfahne vor der idyllischen Talkulisse. Liegt die Hoffnung für Europa also hier?
Lesetipp: Ursula-Maren Fitz: Bronze, Glas, Papier
Dem widerspricht Hans Schneider mit seinem Bild „Abgeha(c)kt“, mit dem er auf die abgeholzten Bäume auf der Point aufmerksam machen will. Zunächst ein Aufschrei in der Presse, sagt er, und dann werde die Sache abgehakt und verlaufe im Sand.
Auch Ursula Maren Fitz übt mit ihren Farbglasskulpturen, in die sie ein Kreuz und eine Kirchturmspitze aus Bronze eingebettet hat, feine Kritik. „Umkämpft“ und „Sie versinkt“ nennt sie die Arbeiten.
Lisa Mayerhofer: „Pegasus“. Foto: Petra Kurbjuhn
Aus Liegengebliebenem fertigt Lisa Mayerhofer die zauberhaftesten filigranen Kunstwerke und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Dinge am Wegesrand.
Balance zwischen Bergen und Freigeben
Faszinierend ist der Brunnenentwurf für die Ortsmitte von Waakirchen von Otto Wesendonck mit tief philosophischem Hintergrund. Die beiden den Kern umhüllenden Schalenteile stehen für die Balance zwischen Bergen und Freigeben, denn sie bewegen sich hin und her. Das Wasser erzeugt die Bewegung. Wenn es wie eine abgeworfene Last abfließt, erzeugen Kontergewichte ein Aufrichten über ein Gestänge.
Otto Wesendonck: „Kern und Schale“. Foto: Petra Kurbjuhn
Seine Atelierkollegin Antonia Leitner überrascht mit einem wunderschönen Frauentorso in Silberbronze, kennt man doch vornehmlich von ihr abstrakte Arbeiten, ein sehr ausgereiftes Werk der jungen Künstlerin.
Durch Schönheit bereichert
Viele der gezeigten Werke im Jagerhaus sind einfach nur schön und tragen so dazu bei, dass die Besucher bereichert werden. Landschaften von Klaus Altmann und im Verbund mit Fotografien von Thomas Plettenberg, Kühe, Wasser und Felsen von Hilge Dennewitz, Farbkompositionen von Werner Gruß, Landschaften von Hans Weidinger, Skulpturen von Konrad Broxtermann, Fotografie von Muriel Breu, Eva Knefels, Maria Prenzel, Norbert Herbert und Sopi von Sopronyi.
Helga Lucia Kordecki: „Einer tanzt aus der Reihe“, „Der reinste Übermut“, „Gedankenfreiheit“. Foto: Petra Kurbjuhn
Helga-Lucia Kordecki überrascht mit heiter-ironischem Blick. Da torkeln Würfeln übereinander, „Einer tanzt aus der Reihe“, aber bei „Gedankenfreiheit“ lässt auch sie Vögel frei und erinnert an ein ernstes Thema.
Regenbogen als Hoffnungsträger
Ekaterina Zacharovas Pariser Straßenszenen sind gewohnt gekonnt und lassen den Blick des Betrachters nicht los, ebenso wie Peter Kecks abstrakte Kompositionen, aus einer aber erhebt sich strahlend ein Regenbogen als Hoffnungsträger.
Letztlich haben Irnbergs inverse Reliefs wieder durchaus gesellschaftliche Relevanz, denn der Künstler wertet Abfallmaterial, wie Wellpappe und Weinverschlüsse für seine einzigartigen Werke auf.