“Grab in eisigen Höhen“ beim Review des Bergfilm-Festivals
„Grab in eisigen Höhen“. Foto: Karsten Scheuren
Bergfilm-Festival in Tegernsee
Unter dem Stichwort „Lebenszeichen“ gibt es vom 16.-18. Oktober im Ludwig-Thoma-Saal eine Art „Review“: in sieben Vorstellungen stehen 16 Filme auf dem Programm, die bei den bisherigen Festivals für Furore sorgten, dabei ist auch “Grab in eisigen Höhen“ von Karsten Scheuren.
Das internationale Bergfilm-Festival lockte seit 2013 jedes Jahr einige Tausend Besucher an den See und hat längst einen festen Platz im Kulturleben der Region. Bereits 17 Mal freuten sich die Tegernseer, wenn sich Filmemacher, bekannte Bergsteiger und Bergsteigerinnen und die große Bergsteiger-Community im Ort begegneten und fünf Tage lang für eine ganz besondere Atmosphäre sorgten.
In diesem Jahr wurde das große Fest des Bergfilms zwar wegen der COVID-19-Pandemie abgesagt, dennoch werden zum vorgesehenen Termin in Tegernsee Bergfilme zu sehen sein. Elf Filme dieser Auswahl wurden von den Juroren und Jurorinnen mit Preisen ausgezeichnet.
Einer dieser Filme ist „Grab in eisigen Höhen“ aus dem Jahr 2008 von Karsten Scheuren. Der Mitterdarchinger hat darin gezeigt, wie es erstmals in der Alpingeschichte gelungen ist, einen tödlich verunglückten Bergsteiger aus über 8000 Metern Höhe zu bergen. Seine Motivation sei gewesen, so erzählt der Filmemacher, die Tragödie der Familie darzustellen. Der Bergsteiger Markus Kronthaler starb am 8. Juli 2006 kurz unterhalb des Gipfels des 8041 Meter hohen Broad Peak an Erschöpfung und Flüssigkeitsmangel. Sein Begleiter musste die Leiche zurücklassen.
Wenn aber ein Toter nicht beerdigt werden könne, wenn das Grab leer bleibe, dann könne die Familie nicht Abschied nehmen. Dies, so Karsten Scheuren, sei eine Parabel für das Leben und betreffe ebenso gefallene Soldaten, wenn die Familie den Leichnam nicht zurückbekomme.
Karsten Scheuren. Foto: KN
Andererseits habe ihn aber auch die Frage beschäftigt, wie kann es gelingen, Tote aus einem schwierigen Gebiet zurückzuholen. Schließlich gelte die Regel: Wer in der Todeszone stirbt, den kann man nicht retten, der bleibt am Berg. Der Bruder Georg Kranthaler aber habe sich gegen diesen Glaubenssatz aufgelehnt und es mit seinem Team geschafft.
Die Situation sei dramatisch gewesen, denn die Mutter habe es nicht gewollt, dass er sein Leben für einen Toten auf das Spiel setzt, andererseits aber habe sie den gestorbenen Sohn nicht loslassen können und das Gefühl gehabt, dass er wiederkommen könne. „Das Thema des Films ,Grab in eisigen Höhen‘ ist die Rettung einer Seele“, sagt Karsten Scheuren. Schließlich lag der Tote offen auf der Höhe von 8000 Metern, wo der Schnee weggefegt wird, „und die Bergsteiger fotografieren den Toten“.
Dass man in großen Höhen nicht helfen könne, diesen Glaubenssatz empfindet der Filmemacher als Ausrede. Er habe es selbst erlebt, wie ein Bergsteiger mit einem Sherpa liegengelassen wurde, weil er den Knöchel gebrochen hatte. „Er wäre erfroren, wenn sich unsere Gruppe nicht um ihn gekümmert hätte, bis er mit dem Hubschrauber abgeholt wurde.“ Viele Bergsteiger seien viel zu fokussiert auf den Gipfelerfolg, dass sie nicht links und rechts schauen.
„Ich wollte ein Zeichen setzen“, sagt der Filmer, „wenn es gelingt, einen Toten in einem Gelände, wo kein Hubschrauber landen kann, zu bergen, dann auch einen Lebenden.“ Ein Spaziergang sei das keinesfalls gewesen, sondern eine Gratwanderung. „Die Gruppe hat das Unmachbare geschafft.“
„Grab in eisigen Höhen“. Foto: Bergfilm-Festival Tegernsee
Der Film „Grab in eisigen Höhen“ wurde ab 2008 auf vielen Festivals gezeigt und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bayrischen Fernsehpreis. Zuerst lief er auf Galileo Spezial. Beim Bergfilmfestival in Tegernsee 2008 wurde er mit dem Preis des Deutschen Alpenvereins geehrt. In diesem Jahr ist er am 17. Oktober ab 20 Uhr im Ludwig-Thoma-Saal zu sehen.
„Wir haben in all den Jahren mehr als 1200 Filme aus aller Welt gezeigt und im Wettbewerb wurden 160 Produktionen ausgezeichnet – von den Großen Preisen bis zu den lobenden Erwähnungen –, so dass die Auswahl eine reizvolle Aufgabe war“, berichtet Festivalleiter und Moderator Michael Pause. „Meiner Meinung nach müsste es für viele Leute reizvoll sein, solche Filme nach ein paar Jahren wieder zu sehen.“
BFF Kristallberge. Foto: Bergfilm-Festival Tegernsee
„Bei Veranstaltungen in der aktuellen Lage haben für mich die Sicherheit sowie die Gesundheit unserer Bürger und Gäste absolute Priorität. Ich bin aber überzeugt, dass wir bei strikter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln dieses Lebenszeichen des Bergfilms setzen können“, meint Bürgermeister Johannes Hagn.