Kulturbrücke Fratres – Grenzenloses Nebeneinander
Vor 23 Jahren fiel der Eiserne Vorhang. Auch zwischen Österreich und Tschechien. Ist in diesen Jahren ein Miteinander über die fast verschwundene Staatsgrenze hinweg entstanden? Die Kulturbrücke Fratres in Niederösterreich thematisiert die Frage.
„Grenzenloses Nebeneinander – Die Nachbarschaft mit Tschechien“ so hatte Elmar Csaplovics, Professor für Geofernerkundung in Zusammenarbeit mit der Filmemacherin Lenka Ovcakova seinen Thementag genannt. Er war der erste in diesem Jahr, den die renommierte Kulturbrücke Fratres organisierte. Hier, im nördlichsten Zipfel Österreichs, direkt an der Grenze zu Tschechien hatte der Publizist Peter Coreth vor 15 Jahren eine beispielhafte Kulturinitiative gegründet. Kulturbrücke, der Name ist Symbol. Hier sprachen schon viele große Denker und Kunstschaffende unserer Zeit, von Vaclav Havel und Kardinal Schönborn bis Hans-Peter Dürr und Ilse Aichinger.
Jetzt hat Abbe Libansky eine Installation zum Thema geschaffen. Der berühmte tschechische Künstler erklärt die Intention: „Es hat vor über 20 Jahren so gut ausgeschaut, die physische Grenze war weg und nach Schengen auch die bürokratische.“ Aber verschwunden seien die Grenzen leider nicht. Die Mauer zerfalle zwar, sei aber immer noch da und werde auch immer wieder aufgebaut. Man habe das Gefühl, dass sich einige so eingezäunt, eigentlich ganz wohl gefühlt hätten.
Seine Installation besteht aus zwei gemauerten, langsam zerfallenden Wänden. Die eine hat er aus alten Wiener Ziegelsteinen mit dem eingebrannten österreichischen Adler gebaut, die andere aus tschechischen Steinen mit dem Löwen. Dazwischen Stacheldraht, schon von Gras und Blumen überwuchert, aber immer noch da. Eine simple, dafür umso eindringlichere Symbolik.
Kulturbrücke Fratres als Ort der Begegnung
Im Gegensatz dazu zeigt die tschechische Malerin Sylvie Muselova großformatige, farbintensive Landschaften, die ihre positiven Eindrücke des Grenzgebietes ausdrücken. Im Wechselspiel mit den Bildern eröffnete ein Chor aus Tschechien die Veranstaltung. Kinder und Jugendliche sangen geistliche und weltliche Musik. Die Gäste waren zu 80 Prozent Tschechen, die mit Kind und Kegel aus dem nahe gelegenen Slavonice nach Fratres gekommen waren.
Stanislaw Komarek, Philosoph, Historiker und Biologe, emigrierte nach Wien und konnte 1990 an die Karls-Universität nach Prag zurückkehren. Seine Erfahrungen von Heimatlosigkeit, Desorientierung und Sinnsuche verarbeitet er in viel beachteten Romanen. Er erzählte aus seinem Leben und betonte, dass Menschen etwas sehr Kompliziertes seien und manche deshalb das Zusammenleben mit Haustieren vorzögen: „Tiere würden nie Konzentrationslager oder Gefängnisse errichten.“
Zum Abschluss sprach der Journalist Premysl Janyr über das Verhältnis der europäischen Nachbarn und wie wichtig eine gemeinsame Sprache für das Miteinander ist. Als gelungenes Beispiel nannte er den Nationalpark Thayatal diesseits und jenseits der Grenze. Er betonte, dass die besten Beziehungen zwischen Tschechien und Bayern bestünden, da sei es gelungen, die Grenze wirklich aufzuheben. Mit einem gemeinsamen Fonds finanziere man gemeinsame Projekte.