Spionage-Roadmovie um den Tegernsee
Coverbild „Spionin Escora“. Repro: IW
Günther Frühmorgen – „Gymnasiallehrer, Designer, Olivenbauer und Autor“ – hat nach „Katzendraller“ mit „Spionin Escora“ einen weiteren bayerischen Regionalkrimi geschrieben, der zugleich eine Hommage an das Lebensgefühl der Anfang 1970er ist.
Polizeimeister Piller, genannt Marlboro, verschwindet. Zeitgleich wird eine Bank überfallen. Die kesse Hanni mit „einem Kleid voller Knöpfe für die Katz“, aus Frühmorgens „Katzendraller“, ist von der Hilfsschülerin zum Schlagerstar aufgestiegen. Samt rotem Karman Gia, um den sie Polizeiobermeister (POM) Meiller beneidet. Die knapp Siebzehnjährige verdreht ihm gehörig den Kopf.
Hanni und die Bomhard-Bande
Auch die Bomhard-Bande ist wieder mit von der Partie. Fans vom „Katzendraller“, welche die Protagonisten bereits lieben, werden begeistert sein. Als Piller verschwunden ist, handelt Meiller auf eigene Faust, Hanni an seiner Seite. Ein Starfighter stürzt im Maisfeld ab. Und dann taucht diese DDR-Spionin auf, wie einem James Bond Film entstiegen, und beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit Piller. Der zum baggern strafversetzte Polizist und die minderjährige, notorische Autodiebin sind ein Pärchen wie Bonnie und Clyde. Handeln aber natürlich auf der Seite des Gesetzes.
Coverfoto „Katzendraller“: Drecklackenbrauner Mercedes 190 Diesel, Heckflosse, Bj 61. Foto: KN
Es ist die Zeit des Kalten Krieges. In Frühmorgens Welt nennt man 1972 einen Riesenrausch „Vollatom“. Der Autor skizziert in lockerer, salopper Sprache und waschechtem Dialekt die Zeit des Kalten Krieges. Der ist heiß wie nie zuvor. Ein Stück Zeitgeschichte sind auch die Lieder, die immer und überall im Radio laufen, bis hin zur Angabe der einschlägigen Sender, die man so hörte zwischen Moosburg und Tegernseer Tal.
„Sein Herz hängt rostig im Bombenschacht einer B 52“
Günther Frühmorgen hat mit „Spionin Escora“ einen Krimi geschrieben, der zum Spionage-Roadmovie wird. Basierend auf Tatsachen um DDR-Spione in Landshut, die angesetzt waren auf die Technik der Starfighter. Auch Spionin Escora hat es so gegeben, allerdings ist sie nach einer Affäre mit Kennedy spurlos verschwunden. Der Autor mixt und mischt Reales und Fiktion, ersinnt abenteuerliche Konstellationen, eine verrückte Story.
Autor Günther Frühmorgen. Foto: KN
Die ungewollten, dilettantischen Malheure der Helden treiben die Handlung abenteuerlich voran. Ebenso die kuriosesten Mißverständnisse. Dabei sind Hanni und Escora, die Heldinnen, so wief und sexy wie raffiniert. „Anders-Sein war damals das Motto, so wie auch jeder Hit anders war“, beschreibt der Autor die Szenerie.
Er hat sich selbst kurzerhand am Rande in die Geschichte hineingeschrieben. Nicht als Rockstar, aber fast, das ist der Running Gag schon im „Katzendraller“. Der orangene Minicooper mit schwarzen Rallystreifen gehört Güntha Frühmoing.
Unumwunden umgangssprachlich
Nicht nur salopp, umgangssprachlich und im Dialekt schreibt Frühmorgen. Die Seiten sind auch immer wieder mit in Klammern gesetzten Erklärungen gespickt. (Kennedy: „…the best sex ever“). Sätze sprinten über die Seiten, die oft keine richtigen Sätze sind. Das ist gewollt. Sie werden zuweilen hingebellt, wie es in der Umgangssprache eben mal so zugeht, rock’n’rollen regelrecht übers Papier. Gänge stangeln. Meiller karmannt die Strasse hinunter. Junge Polizisten bellen, beißeln, hundeln um den orangenen Mini herum. Escora fährt – natürlich – einen Escort. „Atomstark“ geht’s zu.
Zwischen Moosburg und Tegernsee
Frühmorgen hat großen Spaß an der Sprache. Und die Leser, die das Spiel mit den Worten mögen, verquickt mit Dialekt und Umgangssprache, werden ihre Freude an den Stakkatos der Konsonanten haben, an Wortverdrehern und -erfindungen des Wahl-Bad Wiesseers, der aus Moosburg stammt. Und was aus Hanni, Piller und Spionin Escora wird? Lesen Sie selbst.
Buchcover. Günther Frühmorgen: „Spionin Escora“ Foto: KN