Habt Vertrauen, dann bleibt der Lohn nicht aus
Georg Brinkies neben einem Holzschnitt der Serie Stundenbuch. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
„Sam im Wind“ fesselt den Blick als erstes. Die riesige gebogene Skulptur aus dem Holz eines Apfelbaums beherrscht die Galerie. Georg Brinkies hat damit eine Hommage an Samuel Beckett geschaffen. Aber er zeigt auch ganz neue grafische Arbeiten.
„Ich sehe ihn mit seinem Aktenköfferchen“, sagt Georg Brinkies. Dem großen irischen Dramatiker, der alles ganz klar und realistisch sieht, hat der Schlierseer Künstler mit einem strengen quadratischen Grundriss, aus dem an den Ecken vier schmale Säulen nach oben streben, ein wahrhaft großes Denkmal gesetzt. Durch die vier Streben kann der Wind wehen.
Die meisten der anderen ausgestellten Skupturen, die Brinkies unter dem Obertitel „Verweilen“ zeigt, nahmen an dem spannenden Projekt teil, bei dem der Fotograf Wolfgang Herrmann die Arbeiten in fremde Umgebungen stellte. Die große rote Skulptur „Bewegt“ schmückte den Titel unserer 23. KulturBegegnungen.
Stille Einfachheit
Ganz neu aber sind die Holzschnitte, die Georg Brinkies in Form eines umgedrehten „T“ an der Stirnseite der Galerie im Autohaus Steingraber platzierte. Er schnitt alte Bauplatten, die einmal als Absperrung dienten, auseinander und färbte die Schnittstellen. „Wie Kartoffeldruck“, meint er lächelnd. Holzschnitte hätten meist etwas Expressionistisches, dies liege ihm fern. Diese Arbeiten wirken in ihrer stillen Einfachheit.
Brinkies macht auf die kleinen Verletzungen, Schrunden, Unregelmäßigkeiten im Holz aufmerksam, die der oberflächlichen Betrachtung entgehen. In einige der Holzschnitte hat er selbst hineingeschnitten und zarte Formen erzeugt. „Stundenbuch“ nennt er diese Serie, die auch von seinem Humor zeugt, denn eine der Arbeiten heißt „Die Stunde des frohen Schwammerls“, eine andere „Die Zeit des wilden Löwenzahns“, und in der Tat die Ähnlichkeit ist verblüffend. Dann aber wieder ganz ernst, das Inbild und danach die Öffnung.
Jedes Individuum ist anders
Ganz anders die Serie „Namenstage“ auf der rechten Seite. Hier hat Georg Brinkies feine Tuschezeichnungen gefertigt. In jedem Bild ist eine andere Struktur enthalten, die er jeweils vervielfältigt, dann aber minimale Änderungen einfügt. „Ich lasse es beim Zeichnen chaotisieren“, erklärt er den kreativen Prozess, mit dem er andeuten will, dass jedes Individuum anders ist.
In seiner philosophischen Eröffnungsrede betonte der Künstler „Kunst ist Lebensmittel“ und so dürfe es auch waghalsige Projekte geben, die man nicht ökonomisieren könne. Dies beleuchtete er mit der alten japanischen Parabel von den Erdrettichen, deren Botschaft ist „Habt Vertrauen, dann bleibt der Lohn nicht aus“, ein ermutigender Satz für Künstler.
Zum Nachdenken und zum Lächeln
Brinkies betonte, dass dieser Lohn zumeist unerwartet komme, so wie man aus der Wissenschaft den Begriff der Emergenz kenne, dass sich einfach plötzlich etwas Neues entwickelt. Und er konstatierte: „In einer Welt ohne Kunst wird einem schlecht.“ Wie wahr. Und trotz der tiefschürfenden Worte, die Ausstellung birgt beides: Arbeiten zum Nachdenken und Arbeiten zum Lächeln.
Schauen Sie sich einfach „Familie Hocker wartet auf den Bus“ oder „Zwei Sägezahndrachen im Honeymoon an“ oder wenn Sie’s kleiner haben wollen, die zauberhaften Namenstage. Vom Schwammerl war ja schon die Rede.