Die Bibelshow und was sie bewirkt
Ursula Baumgartner und Manfred Schwaiger mit Musiker Franz Alexander Langer. Foto: Hartl Gobl
Theater in Pürbach/NÖ
Mit einer rasanten Darbietung, die alle Möglichkeiten der Darstellung ausschöpft, wartet „Hallelujah – Die Bibelshow“ im Wald4tler Hoftheater in Pürbach auf. Aber die Musikkomödie von Hanspeter Horner bietet noch mehr: Sie hinterfragt Glaube und Kirche, Liebe und Apokalypse.
Mit Szenen einer gescheiterten Ehe und Streit um das Besuchsrecht des Sohnes Jonas beginnt das Stück. Und so endet es auch, allerdings auf einer höheren Ebene. Denn zwischendurch rasen die beiden Protagonisten durch das Alte und Neue Testament.
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Ursula Baumgartner und Manfred Schwaiger lassen die wohlbekannten Geschichten, niedergeschrieben im Buch der Bücher, aufleben. Das ist zum einen kulturelle Bildung aber viel mehr noch Anregung zur Reflexion, denn da tauchen viele Fragen auf.
Wird Widerstand zur Pflicht?
War die Schöpfung ein Montagsprodukt? Wie war das mit Loths Töchtern, die ihren Vater vergewaltigten, um Kinder bekommen zu können? Wird nicht Widerstand zur Pflicht, wenn der Chef befiehlt, sein eigenes Kind umzubringen? Ist das nicht Kadavergehorsam, was da Abraham über das Opfer seines Sohnes Isaak in der Susan-Sonntags-Show zum Besten gibt?
Stimmt die Aussage: „Je mehr wir glauben, desto weniger denken wir?“ Und wie steht es mit der Feststellung: „Ethik fordert man immer beim anderen ein“?
Botschaft und Unterhaltung
Das Konzept der Show vereinigt kongenial Botschaft ohne missionarisches Gepräge mit Unterhaltung. Die Message kommt sozusagen durch die Hintertür und bleibt dadurch intensiv haften. Die beiden Schauspieler bringen ihre jeweiligen Kompetenzen ganz großartig zum Tragen.
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Ursula Baumgartner ist Pantomimin, Akrobatin, Stepptänzerin, Sängerin und Mimin in einer Person. Sie kann den Pharao in „Exodus“ blasiert und machtbesessen darstellen und das Totschlagargument benutzen: „Wer schafft die Arbeitsplätze?“
Sie hat ihren Traumauftritt in der Geschichte von Jona, wo sie pantomimisch die ganze große Reise hin aber auch zurück und das Geschlucktwerden vom Wal wiedergibt, das ist hinreißend komisch.
Hure Babylon
Sie steppt mit goldenem Zylinder auf dem Kopf, was das Zeug hält und sie ist als kleiner David mit roter Knollennase dem großen Goliath beim Tischtennis haushoch überlegen. Die Schauspielerin kann aber auch durchs Publikum eilen, um die Saalwette zu begleiten und sie ist die Hure Babylon, ganz groß, in der roten Robe.
Grausamkeit der Heiligen Schrift
Komisch anzusehen ist sie, wie sie im Hotelbett hochkant die Bibel liest, aber was sie liest, ist alles andere als komisch, denn da wird die Grausamkeit der Heiligen Schrift offenbar, wenn gefordert wird, dass widerspenstige Kinder gesteinigt werden müssen bis sie sterben. Und wenn Jesus im Neuen Testament von Ungläubigen als Unkraut spricht, das in den Verbrennungsofen gehört.
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Manfred Schwaiger kann Abraham mit langem grauen Haar und Bart in der Talkshow sein und gleich danach als Löwe der Paramount-Filmgesellschaft brüllen. Er gibt den etwas dümmlichen Mose in Ägypten, der immer nur dem Pharao entgegnet: „Du hast es aber versprochen“, wenn er den Auszug der Israeliten immer wieder verschiebt. Der Film „Exodus“ wird hier im Schnelldurchlauf abgehandelt.
Der Schauspieler spielt als Goliath Tischtennis wie ein Profi, er hüpft im Röckchen über die Bühne und hat seinen ganz großen Auftritt am Ende in der Apokalypse des Johannes.
Musiker und Darsteller – ein kongeniales Team. Foto: Hartl Gobl
Zuvor aber verdient der Dritte auf der Bühne seine Würdigung. Das ganze Spektakel ist auch durch die Musik ein besonderes und empfehlenswertes Erlebnis. Franz Alexander Langer hat die Musik der Show komponiert und vermischt sie ganz großartig mit bekannten Weisen der Klassik, des Pop, der Volksmusik. Zuweilen greift der Livemusiker auch ins Geschehen ein.
Große Oper, große Stimme, große Botschaft
Und dann also das große Finale, zu dem Ursula Baumgartner einen transparenten Vorhang vor die Bühne spannt. Erich Uiberlacker schafft mit Projektionen und Lichteffekten eine atemberaubende Einbettung des Gesangs von Manfred Schwaiger. Der volle Bassbariton lässt die ahnungsvollen Worte des Johannes zu einer Mahnung an das Publikum werden. Große Oper, große Stimme, große Botschaft.
Rippe mal anders herum
Vielleicht war es das Hohelied der Liebe, vielleicht war es die Apokalypse, vielleicht aber war es auch die neue Idee, den Adam aus der Rippe der Eva zu schnitzen, sprich das Patriarchat durch ein Matriarchat abzulösen oder wenigstens Frauen mehr Einfluss zu gewähren, auf jeden Fälle hat der Ritt durch die Bibel unsere beiden Protagonisten verändert.
„Halleluja – Die Bibelshow“ verwebt Historie, Kultur, Religion mit Show und Unterhaltung, dargeboten in schauspielerischer und musikalischer Perfektion, ein Hochgenuss, der mit Bravorufen des Publikums honoriert wurde.