Engel mit Burnout
Harald Krassnitzer beim Salzburger Weihnachtssingen. Foto: Goran Nitschke
Musikalische Lesung in Miesbach
Harald Krassnitzer wird am 15. Dezember im Kulturzentrum Waitzinger Keller zweimal weihnachtliche Geschichten lesen und Erinnerungen an Weihnachten erzählen. Heute aber ist der als Tatort-Kommissar bekannte Schauspieler um 20.15 Uhr in der ARD mit seinem Film „Engel mit beschränkter Haftung“ zu sehen. Er sprach mit uns über beides.
MZ: Herr Krassnitzer, mit zehn Jahren hatten Sie Ihren ersten Auftritt im Hirtenspiel in Ihrem Heimatort Gröding. Als was waren Sie zu sehen?
HK: Für mich blieb nur die Rolle des Hirten, für alles andere war ich nicht geeignet.
MZ: Und jetzt also der Sprung zum Engel.
HK: Das war ein schwieriges Unterfangen. Denn der Engel wird verklärt gesehen und es ist schwierig, sich aus dieser Folklore und dem Marketing des Engels zu Weihnachten herauszuhalten. Denn letztlich geht es um etwas anderes und das ist anstrengend.
MZ: Aber bei Ihren Weihnachtsveranstaltungen geht es schon auch um Folklore.
HK: Die Weihnachtslesungen sind Inseln, bei denen gemeinsam Geschichten und Musik zu hören sind. Das ist ein anderer Aggregatszustand, ein Freisein von den Dingen gemeinsam mit Familie und Freunden.
Harald Krassnitzer im Prinzregenten Theater München am 12.12.2018 br. Foto: Goran Nitschke
MZ: Es ist nicht ein Stress für Sie, in der Vorweihnachtszeit durch die Gegend zu touren?
HK: Nein, das ist kein Stress. Ich freue mich auf die Stimmung und die Wechselseitigkeit. Schließlich feiern wir einen Geburtstag und keine Beerdigung. Es ist ein schönes Areal, denn bald treten wir in die Raunächte ein und weg von esoterischem Klimbim ist das ein Kulturgut, dass in diesen zwölf Nächten Geschichten zu hören sind. Dabei geht es darum, was ist passiert, was wünscht man sich und es ist eine unserer ältesten Fähigkeiten, sich zu reinigen und daraus zu antizipieren, in die Zukunft und ins Licht zu schauen.
MZ: Also eine Wohltat für die Menschen?
HK: Es stärkt die Resilienz mehr als ein Besuch der zahllosen Weihnachtsmärkte.
MZ: Welche Geschichten wird das Publikum in Miesbach zu hören bekommen?
HK: Es sind Geschichten, mit denen wir im Programm „Zauberhafte Weihnacht im Land der Stillen Nacht“ unterwegs waren. Das entstand anlässlich 200 Jahre „Stille Nacht“ und wir waren von Leipzig bis Sankt Petersburg, von Rom bis New York und auch in Bethlehem unterwegs, in Orten, die für das Lied relevant sind.
MZ: Ist „Stille Nacht“ Ihr Lieblingslied zu Weihnachten?
HK: Nein, „Stille Nacht“ hat zu hohe Lagen und ich fange an zu lachen, wenn falsch gesungen wird. Das ist ein Humorbringer.
MZ: Und was singen Sie zu Weihnachten?
HK: Wir singen nicht. Wir haben Weihnachten eingedampft. Meine Mutter ist im Pflegeheim, die Kinder sind in Andalusien und Nordrhein-Westfalen. Und meine Frau und ich sind froh daheim zu sein, machen einen Spaziergang und besuchen die Gräber.
MZ: Das ist das Stichwort zum Film, in dem Sie den Engel spielen.
HK: Dieser Film ist eine schöne Umkehr des Engelbegriffs, dem der Autor Ulrich Brée gelungen ist. Er ist ein bekannter Drehbuchautor, beispielsweise von der Serie „Die Vorstadtweiber“ und ich habe mit meiner Kollegin Adele Neuhauser im Tatortteam auch Filme von ihm gedreht.
„Engel mit beschränkter Haftung“. Foto: Cult Film
MZ: Was ist das für ein Engel, der Oscar mit den zerzausten Haaren?
HK: Er ist von der Gesellschaft ermüdet und gereizt und geht einem Burnout entgegen. Er will keine Nachrichten mehr hören, da er überfordert ist, richtige Lösungen zu finden. Als Schutzengel soll er auch Mitglieder der Gesellschaft, die nicht besonders schutzbedürftig sind, also auch Menschen, die anderen Schaden zufügen, beschützen. Und das wird ihm zu viel. Zu diesem Zeitpunkt bekommt er einen Hilfsschutzengel, eine Azubine, mit der er kuriose Dinge erlebt, das macht den Humor des Films aus.
MZ: Vielen Dank für Ihre Zeit und das gute Gespräch.