BR-Moderator Stefan Scheider konnte ihm seine Lebensphilosophie entlocken:

Wie alles begann: „Ich habe das Glück gehabt, dass ich an der Schwelle zum Erwachsenwerden eine große Reise nach Afrika gemacht habe. 19jährig haben wir uns zu zweit nach Tansania aufgemacht. Was ich dort gelernt habe: Dass es im Leben nichts Wichtigeres gibt als das Leben. Es ist nicht das Auto, nicht die Schuhe, nicht die Rebellion um der Rebellion willen, nicht das Unternehmertum, es ist das Leben selbst. Das wirklich Wichtige auf unserer Lebensreise ist, dass wir den göttlichen Funken, der uns als Same ins Herz gelegt ist, durch unser Leben zur Entfaltung und zur Blüte führen. Habe Mut und fürchte dich nicht!“
Kulturbrücke Fratres
Heini Staudinger inmitten der Installation „Das Ei des Kolumbus“ von Andreas Kuhnlein

Was macht einen guten Schuh aus? Braucht er eine dicke Sohle, die mich vor den Stolpersteinen im Leben schützt oder eine dünne Sohle, die mich erdverbunden macht? „Die Schuhindustrie in Deutschland und Österreich ist fast ausgerottet, die Rahmenbedingungen erlauben es kaum mehr. Die Waldviertler Werkstätten haben keine andere Möglichkeit als hohes Qualitätsniveau zu liefern. Denn es ist eine Frage des Anstands, dass die Ware, die wir verkaufen, etwas taugt. Seine Aufgabe ernst zu nehmen und ordentlich zu machen, ist eine Chance zum Reifungsprozess in unserem Leben. Im Handwerk werden innere Fähigkeiten außen sichtbar. Eine wichtige Kommunikationsebene unter Menschen! Da ist es egal, ob die Sohlen dick oder dünn sind.“

Wo wollen Sie mit 70 stehen? „Ein Freund von mir hat hintereinander drei sagenhaft erfolgreiche Kleintheater gegründet und viel Geld damit verdient. Als er eines Tages gelangweilt in einem Luxushotel saß, dachte er sich „Was mache ich bloß hier?“, ist heimgefahren und hat das vierte Theater gegründet – und ist dabei geblieben! Wir machen nicht nur Schuhe und Matratzen, wir sind eine Projektionsfläche für viele Menschen, dass es auch anders gehen kann. Wir wollen in der Wirtschaft etwas Lebensbejahendes verwirklichen, uns dem destruktiven Mainstream widersetzen. Dass ich in diesem Unterfangen ein Fahnenträger sein darf, freut mich.“

Antworten auf Fragen aus dem Publikum: „Was uns am meisten hindert, ist die Angst. Der wichtigste Satz ist „scheiß di net an“. Jesus hat gesagt, fürchte dich nicht. Nichts kann uns mehr hindern als die Angst. Manchmal müssen wir springen, auch wenn wir uns fürchten. Wir haben noch ein Leben vor dem Tod vor uns!“

„Es ist eine Verrücktheit, dass das Materielle in unserer Gesellschaft so dominant ist. Eigentlich gibt es kein Leben ohne Spiritualität. Aber unsere reiche Konsumgesellschaft verhindert das Innehalten, weil jede freie Minute durch eine Zerstreuungsindustrie bewirtschaftet wird. Ablenkung wird zur Hauptsache. Aber wir brauchen Besinnung. Dafür brauchen wir Stille und kein permanentes Getöse. Statt Gedichten kennen wir Werbesprüche auswendig.“

Mehr Weisheiten von Heini Staudinger sind im „Brennstoff“ nachzulesen, zu beziehen unter brennstoff@gea.at.

Text/Foto: Isabella Krobisch
Publiziert 26. April 2013