Heute tanzen die Schäffler
Schäfflertanz in Gmund 2016. Foto: Bernhard Killer
Faschingstradition in Gmund
Der diesjährige Fasching lässt sich nicht von den aktuellen Ereignissen trennen. Die einen wollen endlich wieder feiern, die anderen finden es angesichts des Krieges in der Ukraine unangemessen. Und dann gibt es auch noch eine alte Tradition.
Am Faschingssonntag hatten de Damischen in Holzkirchen zum großen Faschingstreiben eingeladen. Als die Durchgangsverkehr um 10.30 Uhr gesperrt wurde, sah es wettermäßig noch recht freundlich aus. Am Marktplatz spielte sich die Band ein, an den Ständen wurde aufgebaut, überall zogen die maskierten Holzkirchner bereits durch die Straßen.
Die Band spielt sich ein. Foto: MZ
Als Kontrastprogramm gab es im FoolsKINO die Filmmatinee im Rahmen von „anders wachsen“ mit dem Dokumentarfilm „Besser Welt als nie“. Wir hatten befürchtet, dass uns das Publikum wegen des Faschingsumzuges ausbliebe, aber im Gegenteil, die Interessierten strömten nur so und eine Besucherin sagte: „Jetzt Fasching zu feiern, wo in der Ukraine Menschen sterben, das finde ich nicht in Ordnung.“
Wieder Lust zu feiern
Wir wollen nicht moralisieren, denn immer ist irgendwo Krieg, immer sterben irgendwo Menschen und nach drei Jahren Pandemie haben auch die Leute wieder Lust zu feiern und ausgelassen auf der Straße zu tanzen.
Regen dämpft die Stimmung. Foto: MZ
Als wir nach dem spannenden Film und angeregter Diskussion auf den Marktplatz kommen, regnet es und die Stimmung ist gedämpft. Viele haben sich Regenkleidung übergehängt und viele suchen auch Unterschlupf in den Gasthäusern. So richtig kommt die Stimmung nicht auf, aber viele lassen sich auch nicht verdrießen.
Zum heutigen Rosenmontag, an dem ich den Text schreibe, herrscht Frühlingswetter, ich sehe Schmetterlinge und die ersten Bienen am Seidelbast, Krokus und Märzenbecher blühen um die Wette.
Der erste Schmetterling am Rosenmontag. Foto: MZ
Der Faschingsdienstag aber, Kehraus, der ist einer alten Tradition vorbehalten. Ich erinnere mich gut, dass ich an meinem ersten Faschingsdienstag in Bayern vor vielen Jahren höchst überrascht am Gmunder Bahnhofsvorplatz Männer in rot-weißer Kleidung und mit grünen Girlanden tanzen sah.
Mich faszinierte die Ernsthaftigkeit, mit der die Männer dabei waren und informierte mich über diesen alten Brauch, zumal die Schäffler auch im Glockenspiel am Neuen Rathaus in München zu sehen sind. Zuerst lernte ich, dass Schäffler die Bezeichnung für Fassmacher ist und dass es sich um ein altes Ritual handelt.
Gmunder Schäffler vor 66 Jahren gegründet
Nachgewiesen wurde der erste Schäfflertanz in München 1702. Es gibt aber eine Legende, nach der ein Schäffler bereits 1517, als die Pest wütete, die Menschen mit seinem Tanz aufheitern wollte. So gesehen, ist der Schäfflertanz nach der Pandemie mehr als passend.
Im Gmunder Gemeindeboten ist zu lesen, dass der Gmunder Schäfflertanz auf Beni und Franzl Eisenburg, Max Seestaller und Hiasl Manhart zurückgeht, die vor 66 Jahren die Gruppe gründeten. Seitdem blieben die Tanzschritte und die Gewänder dieselben.
Die 25 Schäffler der Gmunder Gruppe, die auch beim Trachtenverein d’Neureuther sind, führen ihren Tanz nach den Klängen der Gmunder Dorfmusikanten „Aber hoid is koid“ auf. Dabei sind auch die Kasperl, die die Zuschauenden zum Lachen bringen und Geld einsammeln.
a bisserl derblecken
Nach dem Schäfflertanz hat der Reifenschwinger Franz Huber, ehemaliger Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Dürnbach, seinen Auftritt. Er jongliert einen Reifen, an dem zwei gefüllte Schapsgläser befestigt sind, so geschickt, dass nichts verschüttet wird. Mit dem Publikum wird hernach angestoßen und die eine oder andere bekannte Persönlichkeit „a bisserl derbleckt“.